Jagd auf bissige Schildkröte in bayerischem Badesee
Ein Weiher im Ostallgäu ist seit Tagen gesperrt: Feuerwehr und Naturschutzbeauftragte fahnden in dem Badesee nach einer gefährlichen Schildkröte. Das vermutlich ausgesetzte Tier hatte zuvor einen Jungen attackiert und ihm die Achillessehne durchtrennt.
Irsee.
Es ist wie ein Gesetz: Jedes Jahr zur Sommerzeit wird in einem deutschen Badesee ein tierisches Ungetüm ausgemacht – das dann die Schlagzeilen beherrscht. Mal sind es Aligatoren, mal Riesenschlangen. Und manchmal entpuppt sich die Monster-Meldung auch als heiße Luft. Im aktuellen Fall allerdings ist dei Gefahr offenbar wirklich konkret: In einem Badesee in der bayerischen Gemeinde Irsee hat eine Alligator-Schildkröte einen Jungen in den Fuß gebissen und ihm die Achillessehne durchtrennt.
Alligator-Schildkröten
Die im Süßwasser lebenden amerikanischen Alligator-Schildkröten kommen in den Gattungen Schnapp- und Geierschildkröte vor. Die Schnappschildkröte (Chelydra serpentina) jagt in Seen von Kanada bis ins südamerikanische Ecuador nach Wasservögeln, Fischen und Reptilien. Die ausgewachsen rund 15 Kilogramm schweren und bis zu 50 Zentimeter langen angriffslustigen Tiere können durch ihre Bisse auch Menschen gefährlich werden. Kopf, Rückenpanzer und Schwanz sind mit hornigen Höckern und stacheligen Schuppen besetzt.
Die im Südosten der USA beheimatete Geierschildkröte (Macroclemys temminckii) lauert im Bodenschlamm von Seen mit aufgerissenem Maul auf Fische und andere Beutetiere. Mit dem wie ein Geierschnabel hakenförmig gebogenen Kiefer können sie kräftig zuschnappen. Die Tiere mit einem bis zu 75 Zentimeter langen Rückenpanzer werden 100 Kilogramm schwer.
Nach dem Angriff vom vergangenen Montag suchen Feuerwehr und Naturschutzbeauftragte nach dem bissigen Tier. Der Oggenrieder Weiher im Oberallgäu sei seit Donnerstag gesperrt, teilte die Feuerwehr am Samstag mit. Unklar ist noch, ob es sich um eine Schnapp- oder um eine Geierschildkröte handelt.
Bürgermeister Andreas Lieb von der freien Wählervereinigung „Bürgerforum Irsee“ will nun auf Nummer Sicher gehen: Wenn die Schildkröte bis diesen Sonntagabend nicht gefunden sei, werde das Wasser des Badesees abgelassen. „Davor holen wir die Fische aus dem Weiher heraus und siedeln sie um. Und dann hoffen wir, dass wir die Schildkröte auf alle Fälle erwischen“, sagte Lieb am Samstag. Am Weiher beobachte mittlerweile eine Gruppe von Schaulustigen das Spektakel.
Einfuhr, Verkauf und Nachzucht in Deutschland verboten
Die bissigen Alligator-Schildkröten sind eigentlich in den USA beheimatet. Einfuhr, Verkauf und Nachzucht dieser Reptilien ist in Deutschland seit 1999 verboten. Trotzdem tauchen immer wieder auch in Bayern verschiedene gefährliche Schildkröten auf.
Aufgrund der Bissabdrücke am Fuß des Buben dürfte das Tier in Irsee nach Schätzungen mindestens 40 Zentimeter groß und 14 Kilogramm schwer sein. Die Tiere gelten als äußerst aggressiv. Wie es in den Weiher kam, ist noch unklar. Vermutlich wurde es von seinem Besitzer ausgesetzt.
In den vergangenen Jahren sorgten gefährliche Reptilien immer wieder für Aufregung. Im Jahr 2008 verängstigte in München eine Schnappschildkröte eine Spaziergängerin. Bei Garmisch-Partenkirchen biss ein weiteres Exemplar einen 15-Jährigen in den Finger und erhielt daraufhin den Spitznamen „Schnappi“. Die Geierschildkröte „Eugen“ löste 2002 als „Ungeheuer von Dornach“ bei München ebenfalls ein Badeverbot aus. Und auch wegen des Kaimans Sammy wurde im Sommer 1994 ein Baggersee in Nordrhein-Westfalen gesperrt. Einen Spitznamen hat die Alligator-Schildkröte aus Irsee im Gegensatz zu ihren berüchtigten Vorgängern aber bislang noch nicht. (dpa)