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Hollands Pate kommt frei

Holland in Angst – der Pate kommt frei

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Willem Holleeder zählt zu den gefährlichsten Männern des Landes. Er entführte in den 80er-Jahren Bier-Milliardär Heineken.

Den Haag. 

Er ist der berühmteste und gefährlichste Verbrecher der Niederlande. Dennoch wird Willem Holleeder in einigen Tagen wieder ein freier Mann sein. Am 31. Januar soll „der Pate von Amsterdam“ oder „De Neus“ – „die Nase“, wie der 53-Jährige wegen seines großen Riechorgans auch genannt wird, aus der Haft entlassen werden. Seine kriminelle Karriere hatte Anfang der 80er-Jahre mit der Entführung des Bier-Milliardärs Freddy Heineken begonnen.

Jetzt hat Holleeder zwei Drittel einer neunjährigen Strafe verbüßt. Die musste er absitzen, weil er wegen Erpressung der beiden Immobilienmakler Willem Endstra und Kees Houten verurteilt wurde. Beide sind inzwischen tot. Endstra und Houten wurden ermordet. Wahrscheinlich im Auftrag von Willem Holleeder. Wenige Tage bevor der Immobilien-Millionär Endstra auf offener Straße in Amsterdam von unbekannten Tätern liquidiert wurde, hatte dieser bei der Polizei noch ausgesagt, Holleeder habe möglicherweise bis zu 25 Morde in der Amsterdamer Unterwelt in Auftrag gegeben.

Kurz vor seiner Ermordung war Endstra noch gemeinsam mit Holleeder in Amsterdam gesehen worden. Doch die Amsterdamer Mordserie, der auch der einstige Holleeder-Komplize Cor van Hout am 24. Januar 2003 zum Opfer fiel, kann dem 53-Jährigen nicht nachgewiesen werden. Die Staatsanwaltschaft will wegen dieser Morde keine neue Anklage erheben, die Beweislage sei zu dünn.

„Holleeder bleibt ein Verdächtiger in einer ganzen Reihe von Mordfällen. Aber es ist sehr schwer, jemandem einen Mord nachzuweisen, den er nicht selber begangen, sondern in Auftrag gegeben hat“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Holleeder jedenfalls muss ein Heer von Handlangern haben, die ihn vorbehaltlos unterstützen. Dafür sprechen die beiden Morde zum Prozessauftakt, nachdem Willem Holleeder Anfang 2006 verhaftet worden war. Die getöteten Willem Endstra und Kees Houten galten als Hauptzeugen, die gegen Holleeder aussagen sollten.

Als der ,,Pate von Amsterdam‘‘ erstmals vor den Richtern erscheinen sollte, wurde zudem in der Nacht vor dem Prozessbeginn ein Anschlag auf das Gerichtsgebäude verübt. Unbekannte beschossen es mit einer Panzerfaust, es wurde bei der Attacke schwer beschädigt. Der Prozess musste vertagt werden. Bis heute ist dieser Anschlag nicht aufgeklärt.

Zweifelhafte Berühmtheit hatte der Schwerkriminelle auch erlangt, weil er 1983 Bier-Milliardär Freddy Heineken entführt hatte. Viele in Amsterdam und anderswo werden also zittern, wenn Willem Holleeder am 31. Januar wieder ein freier Mann sein wird. Aber auch er selbst muss Angst um sein Leben haben. Man fragt sich in den Niederlanden: Was wird Holleeder tun? – Wird er wieder ins kriminelle Milieu einsteigen? Will er wieder seine Rolle als der Unterweltboss von Amsterdam spielen? Oder taucht er unter?

Er ist schwer krank

In den sechs Jahren, in denen er in Haft saß, hat sich das kriminelle Milieu in Amsterdam verändert. „Holleeder hat sich ein gepanzertes Fahrzeug bestellt“, behauptet Peter R. De Vries, der ein Buch über Holleeder und die Heineken-Entführung geschrieben hat und nach eigenen Angaben „vor ein paar Wochen“ noch mit Holleeder telefoniert hat. Er kennt den Schwerkriminellen seit 30 Jahren. De Vries gilt als einer der besten Insider der kriminellen Szene. Er empfiehlt dem „Paten von Amsterdam“ im Ausland unterzutauchen, da Holleeder sich in und um Amsterdam seines Lebens nicht sicher sein könne. De Vries: „Außerdem ist er krank, er hat Herz-Rhythmus-Störungen und musste während seiner Haft zweimal operiert werden. An seiner Stelle würde ich mir ein Land suchen, in dem es warm ist und dort mit einer neuen Identität in Rente gehen.“

An Geld dürfte es Holleeder nicht mangeln. Durch die Erpressungen besitzt er selbst auch einige teure Häuser. Und von dem Lösegeld, das der Biermilliardär Freddy Heineken einst für seine Freilassung bezahlt hatte – es waren damals 35 Millionen Gulden, etwa 17 Millionen Euro – ist ein Großteil nie aufgetaucht.