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Heino Ferch und Matthias Brandt sind „Verratene Freunde“

Heino Ferch und Matthias Brandt sind „Verratene Freunde“

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Foto: SWR/Patrick Orth
Was tun, wenn man erfährt, dass ein alter Freund Dreck am Stecken hat? Mit „Verratene Freunde“ zeigen Arte und die ARD einen starken Gesellschaftskrimi – und die Qualität, zu der öffentlich-rechtliches Fernsehen in seinen besten Momenten immer noch fähig ist.

Essen. 

Was muss passieren, damit man den eigenen Kumpel ans Messer liefert? Welche Erwartungen hat man an eine Freundschaft, und wie viel moralischen Druck kann sie verkraften? Wo endet Loyalität? Fragen, die Daniel Nocke (Buch) und Stefan Krohmer (Regie) in einen starken Gesellschaftskrimi gepackt haben: „Verratene Freunde“ (Arte, Freitag, 20.15 Uhr, ARD, 20.3., 20.15 Uhr) liefert die Qualität, zu der öffentlich-rechtliches Fernsehen in seinen besten Momenten immer noch fähig ist.

Heimliches Verhältnis

Natürlich hilft es, wenn man auf ein so erlesenes Quartett im Zentrum der Geschichte zurückgreifen kann. Heino Ferch gibt mit großer Geste den protzigen Bauunternehmer Peter Staude, der gerne vorführt, was er hat, vor allem seine postmoderne Luxusbehausung mit vollautomatischen Haustüren. Man kennt diese lauten Typen nur zu gut, immer das Champagnerglas in der Hand, immer einen Spruch auf den Lippen.

Katja Riemann ist das unberechenbare Biest an seiner Seite, das den schönen Schein schon lange nicht mehr wahren will, selbst am festlich gedeckten Tisch nicht; sie ist die enttäuschte Ehefrau Christa, die den Großkotz durchschaut hat und sich in Sarkasmen flüchtet.

Auch die Ehe ihres alten Freundes, des Schulleiters Andreas (Matthias Brandt), ist im Grunde hinüber. Seine Frau, die Ärztin Heike (Barbara Auer), fühlt sich von ihm nur noch gelangweilt und hat mit Peter, dessen Energie sie antörnt, längst ein heimliches Verhältnis begonnen. Auer wirkt berechnend und unterkühlt, Brandt politisch überkorrekt, aber auch mit einem Unterton, mit dem er seine vermeintliche intellektuelle Überlegenheit signalisieren will – erst recht, wenn es um den reichen Konkurrenten am Tisch geht, den er im Grunde verachtet.

Spendengelder für sich selbst abgezweigt

Über den findet er nun heraus, dass er zwar als Wohltäter viel für Behinderte tut, Spendengelder aber auch für sich selbst abgezweigt hat. Was tut man nun in so einem Fall?

Nocke und Krohmer sind zu intelligent, um darauf eine plumpe Antwort zu geben, sondern illus­trieren das Dilemma, das aus so einer Entscheidungsklemme entsteht, zeigen auf, wie es das Leben der vier Stück für Stück verändert und sie in einen Strudel eskalierender Ereignisse zieht. Hier wird jeder auf seine Art zum Verräter. Der Film legt sich moralisch aber nicht fest, hinterfragt lieber die Doppelbödigkeit vermeintlich eindeutiger Haltungen, lässt die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen, und bezieht gerade daraus seine größte Spannung: Was würde man wohl selbst tun?

Besonders intensiv arbeitet er sich an den Konflikten des augenscheinlich so grundanständigen Pädagogen ab, der plötzlich vor den Trümmern seiner Ehe steht, beruflich in die Bredouille kommt und sich in eine andere (Edita Malovcic) verguckt, die er aber möglicherweise nur über eine krumme Tour mit Staudes Hilfe erobern kann. Ein schauspielerisches Fest für den wie immer großartigen Brandt, dem augenscheinlich alles gelingt.

Wer nach 90 Minuten mit Gewissheiten entlassen werden will, wird nicht erlöst: Klare Antworten gibt es eben im Leben nicht immer.