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Ex-RAF-Terroristin Verena Becker bestreitet Beteiligung am Buback-Mord

Ex-Terroristin Becker bestreitet Beteiligung am Buback-Mord

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Foto: REUTERS
Wer den früheren Generalbundesanwalt Siegfried Buback am 7. April 1977 ermordet hat, hat Verena Becker nicht verraten. Die Ex-RAF-Terroristin hat im Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht zwar ihr Schweigen gebrochen – allerdings nur, um zu sagen: „Ich war nicht dabei.“

Stuttgart. 

Die Erwartungen waren hoch. Offenbar zu hoch. Oder konnte wirklich ernsthaft damit gerechnet werden, dass die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker auspacken, die Namen der Mörder des früheren Generalbundesanwaltes Siegfried Buback verraten würde? Stattdessen sagt sie: „Ich war nicht dabei!“ Sie weiß, und das sagt sie ihm auch, es ist nicht das, was Buback-Sohn Michael hören möchte.

Grauer Pulli, hellblaues Hemd über der Levis-Jeans und wie immer die dunkle Sonnenbrille im Gesicht, so betritt die Angeklagte den Saal im Stuttgarter Landgericht und weist mit etwas maskuliner Geste auf den mittleren Stuhl am Anklagetisch. Ihre Brille legt sie ab, um dann mit fester, klarer Stimme ihre Erklärung abzugeben. 88 Verhandlungstage hat sie geschwiegen, nun, kurz vor Ende des Prozesses, in dem ihr Beihilfe zum Mord vorgeworfen wird, möchte sie reden. Weil es da falsche Aussagen gebe, „die ich so nicht stehen lassen kann!“.

Becker behauptet, nicht treibende Kraft hinter den Attentaten gewesen zu sein

Es geht um den 7. April 1977. Es geht um eines der RAF-Attentate, das bis heute nicht aufgeklärt ist. Getötet wurden Generalbundesanwalt Buback und zwei Begleiter. Verurteilt wurden später die RAF-Leute Christian Klar, Knut Volkerts und Brigitte Mohnhaupt. Dass sie es nicht waren, scheint längst klar. Doch wer waren die Täter?

„Ich nicht!“, sagt also Verena Becker gestern. Sie sei erst einen Tag nach dem Attentat mit einem zypriotischem Pass, ausgestellt auf den Namen Stella Watson, aus dem Nahen Osten in Rom eingetroffen, habe auch nichts davon gewusst, dass „der Anschlag in Karlsruhe stattfinden sollte“. Becker: „Sonst hätte ich einen anderen Zeitpunkt für die Reise gewählt. Schließlich war das Risiko groß, in die Fahndung zu geraten“.

„Nicht!“ war denn auch das zentrale Wort ihrer Erklärung. An den drei RAF-Treffen im Jemen, im Harz und im holländischen Katwijk habe sie zwar teilgenommen, sei aber nicht treibende Kraft bei den Attentatsplänen gewesen, wie Ex-RAF-Mann Peter-Jürgen Boock es behauptet. Auch mit der Tatwaffe, die sie später, bei ihrer Festnahme, bei sich trug, habe sie nicht geschossen. Außerdem habe sie nie Motorradfahren gelernt, habe nie eines selbst gefahren und deshalb auch nicht das Tatfahrzeug. „Sie können davon ausgehen, dass Peter-Jürgen Boock gelogen hat! Was immer ihn dazu geleitet hat“, erklärt Becker zu den sie belastenden Aussagen Boocks, auf denen die Anklage gegen sie wesentlich basiert.

Verena Beckers Aussage klingt wenig glaubwürdig

Gleich zu Anfang spricht die 59-jährige Angeklagte den als Nebenkläger agierenden Michael Buback direkt an: „In allen Artikeln, die ich über Sie lese, wollen Sie wissen, wer Ihren Vater getötet hat“. Sie könne ihm diese Frage jedoch nicht beantworten. Was nur wenig glaubwürdig klingt, wenn man weiß, dass Becker es war, die später die Bekennerschreiben frankierte, die die Tatwaffe ins Ausland bringen sollte. An all dem war sie beteiligt und will dennoch nicht wissen, wer auf dem Motorrad saß, von dem die tödlichen Schüsse fielen?

Und so versucht es Michael Buback, der Wissenschaftler aus Göttingen, der mit Ehefrau Elisabeth zu jedem Verhandlungstag anreist, noch einmal: „Wer waren die Karlsruher Attentäter? Wir akzeptieren jeden Namen, wenn es der richtige ist!“ Und später, schon beinahe Nähe zur Angeklagten suchend: „Dieser Prozess ist sehr lang und sehr quälend – auch für Sie!“ Bubacks weiß, es ist vergeblich. Und Beckers Verteidiger Hans Wolfgang Euler sucht vorsichtig zu vermitteln: „Ich verstehe Ihre Ungeduld gut. Aber Frau Becker ist der Beihilfe zum Mord angeklagt. Die Probleme zwischen dem Sohn des Opfers und Frau Becker können hier vor Gericht nicht gelöst werden.“