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Eckart von Hirschhausen ist ein Glückspilz

Eckart von Hirschhausen ist ein Glückspilz

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Prix-Pantheon-Sonderpreis «Geben & nehmen» für Hirschhausen Foto: dpa
Lachen ist die beste Medizin. Als Scherztherapeut hat es Eckart von Hirschhausen zu einiger Meisterschaft gebracht. Am Freitag sucht der ARD-Moderator in seiner Show Wege zum Glück. Womit er Promi-Gästen und Publikum Mut machen will: Glück kann man lernen. Dem sind wir im Interview mit ihm nachgegangen.

Köln. 

Eckart von Hirschhausen will am Freitag, 20.15 Uhr, im Ersten Wege zum Glück zeigen. Zum Glück nicht in Form trockener Ratschläge, sondern eingebettet in eine Show. Seine Gäste: Janine Kunze, Isabel Varell, Birgit Schrowange, Guido Cantz, die Söhne Mannheims, Bill und Luke Mockridge sowie Linda Zervakis und Kirsten Bruhn. Jürgen Overkott sprach mit dem Moderator.

Sie haben Medizin studiert und propagieren in Büchern, auf der Bühne und im Fernsehen die Scherztherapie. Und das mit Erfolg. Sind Sie ein Glückspilz?

Eckart von Hirschhausen: Gute Frage – ja! Sehr viele Dinge in meinem Leben laufen gerade sehr gut. Meine Familie ist gesund, ich habe Freunde, viele Menschen schätzen das, was ich tue. Ich nutze meine Stärken und habe das Gefühl zu etwas Sinnvollem beizutragen. Einiges davon wurde mir geschenkt, für anderes habe ich über Jahre gearbeitet und gekämpft.

Und natürlich kenne ich auch die Schattenseiten des Lebens wie Schmerz, Tod, Krankheit und Depression, gerade aus dem Erleben von körperlichem und seelischem Leiden im Krankenhaus. Aber genau dadurch beziehe ich die Kraft und den Wunsch, eine positive Botschaft dagegen zu setzen. Wer jammert, der ist nie allein. Aber eben auch nicht glücklich. Shit happens – mal bist Du die Taube, mal bist Du das Denkmal.

„Glückliche Zeiten sind im Erleben kurz“

Im Ernst: Was macht Sie glücklich?

von Hirschhausen: Vieles! Sinn ist wichtiger als Schokolade. Gemeinschaft wichtiger als Geld. Und Momente mehr als Minuten. Glück ist die Zeit, in der man die Zeit vergisst. Glückliche Zeiten sind im Erleben kurz, weil man ganz im Moment ist. Dafür in der Erinnerung lang. Bei Langerweile genau umgekehrt: im Erleben lang, und im Nachhinein fragt man sich, was hab ich da eigentlich die ganze Zeit gemacht? Glück hat viele Aspekte: Genießen können, seine Talente nutzen, sich verbunden fühlen. Im Englischen gibt es „luck“, „pleasure“ und „happiness“ – und bei uns nur dieses eine missverständliche Wort.

Deshalb unterscheide ich fünf verschiedene „Glücks“ mit einer Art Glückskompass. Denn Sinnlichkeit genießen ist etwas grundsätzlich anderes als einen Berg erklimmen oder sich für andere einsetzen – aber alles macht auf unterschiedliche Art glücklich. Und die wichtigste Botschaft: Glück ist keine Frage des Schicksals, sondern in weiten Teilen eine Sache von innerer Einstellung und Übung. Glück fällt nicht vom Himmel – Glück kann man lernen. Glück ist gesund und ansteckend. Und deshalb geht unser Glück uns alle an.

Geld macht den Charakter deutlich

Glück und Erfolg werden oft in einem Atemzug genannt. Zu Recht?

von Hirschhausen: Ja – aber es ist genau anders herum wie man denken könnte. Glückliche Menschen werden erfolgreich. Unglückliche manchmal auch, aber die werden durch Erfolg nicht glücklicher. Oft sind es auch die innerlichen Kränkungen, die einen besonders zäh oder ausdauernd etwas probieren lassen. Nur wird ein äußerer Erfolg diese innere Leere nie füllen können. Gerade im Mediengeschäft häufen sich die Menschen, die denken, dass Quote, Anerkennung von außen oder Geld glücklich machen. Ich habe genug hinter den Kulissen gesehen um zu wissen – Quatsch. Mit der Popularität steigt die Angst, sie wieder zu verlieren. Und Geld verdirbt nicht den Charakter – es macht ihn nur deutlich.

Der Volksmund sagt über gefährliche Situationen, die glimpflich ausgegangen sind: Da hat jemand Glück gehabt. An welche Situation erinnern Sie sich im Nachhinein gern?

von Hirschhausen: Als Kind hatte ich einen ziemlich gefährlichen Unfall. Mit meinem Segelboot wurde ich von einem besoffenen Typen überfahren, der mich mit seinem großen Stahlrumpfboot übersehen hatte und einfach über mich fuhr. Ich wurde heraus geschleudert, mein Boot war Schrott, ich lebe. Sonst hätten wir nie gesprochen. Gibt es Schutzengel? Warum gibt es Unfälle, unverschuldete Krankheiten, „das Böse“? Das weiß Gott oder weiß der Geier – und ich hoffe, es sind zwei verschiedene Instanzen.

Es ist sinnvoll, Waffen zu verbieten

Von den Beatles gibt es ein Stück mit dem Titel „Happiness Is A Warm Gun“ (Glück ist ein warmes Gewehr). Können Sie das nachvollziehen?

von Hirschhausen: Nein. So wenig wie John Lennon, der dieses Zitat in einem Waffenmagazin fand. Menschen sind weniger grundsätzlich gut oder schlecht, sondern unser Verhalten wird stark situativ geprägt durch Umfeld und Vorbilder. Deshalb macht es sehr viel Sinn, Waffen zu verbieten, Depressionen professionell zu behandeln und alles zu stärken, was Menschen in tragfähige Gemeinschaften einbindet.

Die amerikanische Verfassung will erklärtermaßen das Streben nach Glück schützen. Geht das überhaupt?

von Hirschhausen: Das ist ein schwieriger Gedanke, denn Glück ist nicht das Ziel, sondern nur eine „Nebenwirkung“ eines gelingenden Lebens. Es ständig direkt anzusteuern, zu steigern, optimieren oder die Suche danach schützen zu wollen, macht es kaputt. Glück geht vorbei, um Platz zu schaffen für neues Glück. Stirb und werde, das alte Spiel. Glück und Unglück sind ansteckend, und viel stärker ein Gemeinschaftsphänomen. Deshalb hab ich mein Buch auch genannt: „Glück kommt selten allein“. Ein großer Irrtum der Achtzigerjahre war zu denken: Das Glück liegt in der Selbstverwirklichung, im Sinne von „Kreise um dich, und irgendwann bist du glücklich.“ Da kriegt man nur Rückenschmerzen, wenn man sich ständig mit dem eigenen Bauchnabel beschäftigt. Glück besteht maßgeblich darin, sich verbunden zu fühlen: im Freundeskreis, im Kollegenkreis stabile, positive Beziehungen zu haben. Das Gefühl, gebraucht zu werden, ist ganz existenziell. Wenn du wirklich etwas für dich tun willst – tu was für Andere!

„Helden des Alltags sind die echten Glückstrainer“ 

Können politische Entscheidungen glücklich machen?

von Hirschhausen: Oh ja! Ein praktisches Vorbild sind die skandinavischen Länder, die mehr Steuern einnehmen, dafür viel in Gesundheit und Bildung investieren und in Infrastruktur wie Fahrradwege. Die Einwohner sind viel glücklicher als hierzulande, wo wir mit der Pendlerpauschale belohnen, dass Millionen jeden Tag lange Auto fahren und im Stau stehen, was jeden Tag aufs Neue stresst. Der wichtigste Schlüssel zum Glück liegt in Kindheit und Jugend, frühe Hilfen, Familienhebammen, engagierte Erzieher, Sozialarbeiter, Lehrer, diese Helden des Alltags sind die echten Glückstrainer für ein gelingendes Leben.

Welche Wahrheit hat das Märchen „Hans im Glück“?

von Hirschhausen: Hans wird glücklich, nachdem er auf materiellen Reichtum verzichtet und die Steine loslässt, die ihn belasten. Er kehrt als freier Mensch in seine Heimat zurück. Und bestätigt damit viel, was in der Forschung belegt wird. Das Streben nach Besitz kann uns so sehr „besitzen“, dass wir vergessen, die Dinge zu schätzen, die man nicht für Geld kaufen kann, die aber Zeit brauchen sie zu pflegen. Die meisten Menschen wären glücklicher, wenn sie weniger arbeiten würden und mehr genießen könnten. Ein schönes modernes Beispiel ist die Journalistin Maike Winnemuth, die durch einen Quizshowgewinn ein Jahr um die Welt reiste, und im Nachhinein feststellte, dass sie diese Reise längst schon hätte machen können, auch ohne Geldgewinn.

Wie wir uns Wünsche erfüllen können

Glück wird gern mit Zufall gleichgesetzt. Kann man Glück nicht steuern?

von Hirschhausen: Ein Teil ist Genetik. Und Genetik ist wiederum Glückssache. Aber der Rest ist Übung. Es ist wissenschaftlich klar belegt, dass man Glück befördern kann durch ein aktives Gestalten seines Lebens und ein heiteres gelassenes Beobachten unserer negativen Spiele, und seine Gedanken kennen lernen und sich zum Beispiel fragen: Mit wem vergleiche ich mich? Wir können achtsamer werden, wie wir beurteilen, was uns passiert. Wenn eine Sternschnuppe fällt, lernen wir als Kind, dass wir niemandem sagen dürfen, was für uns wünschen, sonst geht der Wunsch nicht in Erfüllung. Liebe erwachsene Leser: Wünsche gehen eher in Erfüllung, wenn andere wissen, was wir uns wünschen. Erzählen Sie es weiter?