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„Das goldene Ufer“ – ein Historiendrama der besseren Sorte

„Das goldene Ufer“ – ein Historiendrama der besseren Sorte

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Foto: Martin Spelda, ZDF
Ein Stück Revolution, vor allem eine Love-Story aus dem 19. Jahrhundert liefert der Film „Das goldene Ufer“, geschrieben von den „Wanderhure“-Autoren.

Mainz. 

„Die Wanderhure“ war ein großer Quotenhit. Natürlich gab es Fortsetzungen, dem armen Mädchen wurde unter anderem eine „Rückkehr“ und ein „Vermächtnis“ aus dem Kreuz geleiert, und der interessante Versuch, das Projekt unter dem Titel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ satirisch aufzuarbeiten, landete gar vor Gericht. Im lukrativen Markt der Historiendramen ist Iny Lorentz, ein Pseudonym, hinter dem sich das Autoren-Duo Ingrid Klocke und Roland Wohlfarth verbirgt, seitdem eine ganz große Marke. Nun hat auch das ZDF eine Lorentz-Vorlage aufgenommen – ganz ohne Wandern, und eine Hure ist auch nur am Rande in Sicht.

Feines Händchenfür feine Dramaturgie

Die Geschichte ist auch nicht im Mittelalter, sondern in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts angesiedelt. Noch thront der Adel auf seinen Privilegien, aber der revolutionäre Geist des „Vormärz“ macht auch vor dem Gut der Familie von Rennitz im Königreich Hannover nicht Halt. Das Bürgertum wird immer mächtiger, insbesondere die reichen Kaufleute bestimmen inzwischen den Lauf der Dinge, und das Gesinde, bis dahin rechtlos wie die Sklaven, begehrt auf. Da ist die Magd Gisela, die von einer besseren Welt, dem Aufbruch zum „goldenen Ufer“, träumt. Oder Walther, der Bursche des jungen Grafen, den nur die Aussicht auf sozialen Aufstieg von der offenen Rebellion abhält.

Wenn die Grafen hoch zu Ross durchs Jagdrevier lärmen und das Gesinde atemlos hinterher hetzt, wird sie stimmig präsentiert, die gesellschaftliche Situation, die sich bald dramatisch verändern wird. Das ahnt man immer in diesen munteren 100 Minuten. Regisseur Christoph Schrewe beweist ein feines Händchen für eine Dramaturgie der kleinen Schritte, formt sie zu einem großen Bild, und Kameramann Mathias Neumann setzt alles klug in Szene, oft nur mit Kerzen ausgeleuchtet, was dem Drama viel Authentizität verleiht.

Letztlich konzentriert sich die Geschichte aber auf eine Love Story, und da sind die Möglichkeiten nun mal begrenzt. Nach einer Weile weiß der Zuschauer, wie der Hase läuft, wartet aber trotzdem gespannt aufs Happy End, weil die Schauspieler ihren Job gut machen – vor allem die Hauptdarsteller Miriam Stein und Volker Bruch, seit „Unsere Mütter, unsere Väter“ auch privat ein Paar. Doch auch Ulrike Folkerts („Tatort“) als herrische Gräfin oder Walter Sittler als überforderter Gutsherr sind gut in Form, und Trystan Pütter glänzt als intriganter Schnösel.

Fazit: Ein Historiendrama der besseren Sorte. Auf gewagte Experimente wird verzichtet, das Strickmuster ist bekannt, aber Langeweile kommt nicht auf.

Sonntag, ZDF, 20.15 Uhr