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Altes Leben von Rapper Haftbefehl: „Peinlich und traurig“

Altes Leben von Rapper Haftbefehl: „Peinlich und traurig“

14 Jahre war Rapper Haftbefehl erst alt, als er auf die schiefe Bahn geriet. Als Drogendealer in Offenbach verdiente er sich einen zweifelhaften Ruf, der Freitod seines spielsüchtigen Vaters war der Initiator. Heute rappt er über seine Zeit als Verbrecher und Schläger, denn er weiß: „Darüber zu reden ist besser, als es zu leben.“

Noch immer trauert ganz Deutschland um die junge Türkin Tucge, deren Zivilcourage ihr das Leben kostete. Ein Mann, der gleich in doppelter Hinsicht mit der Tat in Offenbach verbunden ist, ist der Rapper Haftbefehl (28, „Ihr Hurensöhne“): Er kannte die Familie des Opfers, der Täter hingegen ist ein Fan seiner Musik. Im Interview mit dem Magazin „Spiegel“ erklärt der Musiker außerdem, wieso seine Geburtsstadt derart gefährlich ist.

„Offenbach ist eine schlimme Stadt. Am Wochenende herrscht dort abends eine aggressive Atmosphäre“, weiß Aykut Anhan, so der bürgerliche Name des Rappers, der weiter erklärt: „Weil Frankfurt irgendwann zu teuer wurde, hat es die ganzen Asozialen nach Offenbach geschwemmt. Drogendealer, Kriminelle, Junkies. Ich bin inzwischen weggezogen.“


Alle Personen mit Messern bewaffnet


Zudem seien in der Nacht beinahe alle Personen auf der Straße mit Messern bewaffnet, weil sie nicht das Risiko eingehen könnten, „dass irgendein 18-Jähriger sich vor dich stellt, sich profilieren will, zufällig Kampfsport beherrscht und dir dann eine Bombe gibt und dich k.o. haut. Dann ist dein Ruf versaut.“

Ihm selbst ist dieses Metier alles andere als unbekannt. Anhan begann mit dem Dealen, da war er noch ein Kind. „Ich war 14. Ich habe angefangen zu kiffen, bin immer weniger in die Schule gegangen und habe mir ein Butterfly-Messer besorgt, mit dem ich bald viele Tricks draufhatte. Ständig habe ich mit dem Messer rumgefuchtelt, hat nicht lange gedauert bis zur ersten Anzeige. Irgendwann begann ich, Drogen zu verkaufen.“

Dass er so früh auf die schiefe Bahn geriet, hatte stark mit dem tragischen Schicksal seines Vaters zu tun. Der gebürtige Kurde litt unter Spielsucht, verzockte an einem Tag „zwei Millionen Mark und damit auch seinen Laden“, erinnert sich Haftbefehl und fährt fort: „Er hatte keine Lust mehr. 1999 hat er sich das Leben genommen.“ Für Anhan war dieser Schicksalsschlag der Beginn seiner kriminellen Karriere, bei der er in seinen „Hochzeiten 2.000 bis 4.000 Euro in der Woche“ verdiente.

Erst über die Musik schaffte er es, sich von seiner unrühmlichen Zeit zu distanzieren. „Darüber zu reden ist besser, als es zu leben. Wenn ich mich daran erinnere, wie ich bei Clubs vor der Tür rumgehangen habe – Leute angucken, bis der Erste böse zurückguckt, und dann zu fragen: Warum hast du geguckt? Nein. Das ist das Dümmste, was man machen kann. Peinlich und traurig.“