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„Wir waren alle fertig“

„Wir waren alle fertig“

Nach 20 erfolgreichen Jahren mit dem Popduo Rosenstolz musste Sängerin Anna R. einige Schicksalsschläge verkraften. Nach der Trennung von ihrem musikalischen Partner Peter Plate erkrankten zwei Mitglieder ihrer neuen Band Gleis 8 an Krebs, Saxofonist Lorenz Allacher starb daran. Gerade ist ihre um einige Wochen verschobene Tour zum zweiten Gleis-8-Album „Endlich“ gestartet. Florian Arnold sprach mit Anna R. (46) über ihre neue Band, das Aus von Rosenstolz und ein eventuelles Comeback.

Viele Songs auf „Endlich“ handeln von Beziehungen, Krisen, aber auch über die neue Freiheit. Man setzt das unweigerlich in Beziehung zum Ende von Rosenstolz. Liegt man da falsch?

Ja. Mit Rosenstolz hat das überhaupt nichts zu tun. Wenn ich mich dazu hätte äußern wollen, dann hätte ich das schon bei unserem ersten Album getan.

Im Januar 2009 wurde die Tour abgebrochen, weil Peter Plate ausgebrannt war. Kam das überraschend?

Wenn man ehrlich ist: Peter hätte es ahnen können, wir anderen auch. Aber man denkt: Wir schaffen das noch. Die paar Konzerte bekommen wir noch hin. Hat dann aber nicht geklappt. Es gab schlicht eine ärztliche Anordnung. Wir mussten abbrechen. Wir waren auch alle ziemlich fertig.

Rosenstolz ist über 20 Jahre immer größer geworden. Waren Sie beide nur kaputt von der letzten Tour oder von dem ganzen Projekt?

Die Verantwortung und der Druck sind gestiegen, natürlich, das hat alles zusammengespielt. Wir hatten vorher schon mal eine Pause eingelegt, aber sie war nicht lange genug.

Kam Ihr kurzes Comeback 2011 auch zu früh?

Peter ist einfach ein Workaholic, im Positiven wie im Negativen. Er konnte es nicht abwarten. Songs und Texte sprudeln nur so aus ihm heraus, und er wollte sie auch veröffentlichen. Wir merkten aber schnell, dass es leider noch nichts bringt. Auf Tour konnten wir eh noch nicht wieder gehen.

Sie haben dann schnell das erste Gleis 8-Album herausgegeben. Seit wann hatten Sie den Gedanken, ein neues Projekt zu starten?

Ich wollte während unserer Pausen nicht nur rumsitzen. Es ging nicht gleich um eine neue Band. Ich wollte mit unserem Saxofonisten Lorenz Allacher und dem Produzenten Timo Dorsch einfach nur entspannt Musik machen und gucken, was dabei herauskommt. Dann kam noch Manne Uhlig am Schlagzeug dazu, und wir hatten so viel Spaß und so viele Songs, dass wir dachten, die können wir auch mal veröffentlichen.

Nach dem Debüt „Bleibt das immer so“ sind Lorenz Allacher und Manne Uhlig an Krebs erkrankt, Lorenz ist daran gestorben. Wie sind Sie damit fertig geworden?

Wenn ein Schlag nach dem anderen kommt, fragt man sich schon, ob das Schicksal einem sagen will, dass man falsch liegt. Aber das war nur ein Moment. Die anderen sind gar nicht auf die Idee gekommen aufzuhören, schon allein, weil es Lorenz so wichtig war. Er hat aus dem Krankenhaus noch mit getextet und Vorschläge geschickt. Wir haben uns alle gegenseitig gestärkt – und Schreiben hilft ja auch.

Sie sind jetzt nur noch zu dritt. Wie viele sind Sie live auf der Bühne?

Live sind wir sieben, samt unseres paraguayanischen Harfenisten.

Mit Rosenstolz haben Sie in großen Hallen gespielt, mit Gleis 8 sind Sie zurück in Clubs. Vermissen Sie den Glamour, die jubelnden Mengen?

Nein, ich mag Clubkonzerte, obwohl sie anstrengender sind. Man darf weniger Fehler machen, und man muss sich auch mehr Mühe geben. Die Leute merken direkt, wenn man nicht mit dem Herz dabei ist. Ein großes Publikum heizt sich dagegen einfach selber auf.

Haben Sie noch Kontakt zu Peter Plate? Ist ein weiteres Rosenstolz-Comeback denkbar?

Ich habe Kontakt zu Peter, wenn auch unregelmäßig. Ausschließen kann ich nichts, aber für die nächsten Jahre kann ich mir ein Rosenstolz-Comeback nicht vorstellen. Vielleicht irgendwann im Altenheim.