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Piloten-Job – bis zu 255.000 Euro Gehalt und viel Stress

Piloten-Job – bis zu 255.000 Euro Gehalt und viel Stress

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Foto: dpa
Piloten bei der größten deutschen Airline Lufthansa verdienen vergleichsweise viel Geld. Aber ihre Ausbildung ist teuer, und der Job im Cockpit ist nicht unbedingt gesund. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu einem Traumberuf mit Stressfaktor.

Essen. 

Der Streik der Lufthansa-Piloten um einen Bestandsschutz ihrer unternehmenseigenen „Frührente“ ist auch ein Streit um die Arbeitsbedingungen in den Cockpits: Die Belastung der Flugzeugführer bedinge geradezu die Möglichkeit eines freiwilligen Ausstieges aus dem Berufsleben, argumentiert die Gewerkschaft Cockpit. Die Lufthansa hält dagegen: Die teure Übergangsversorgung schadet dem Unternehmen im Wettbewerb. Doch was bedeutet es, Pilot bei der Lufthansa zu sein?

Was kostet die Ausbildung?

Ein Flugschüler bei der Lufthansa muss für seine rund dreijährige Ausbildung mit 70 000 Euro Eigenbeteiligung aufkommen. Nach circa zehn Berufsjahren als Pilot ist das abbezahlt.

Wie sind die Jobchancen?

Nach der Grundausbildung kann es Wartezeiten von bis zu zwei Jahren geben bis ein Platz im Cockpit frei wird. In dieser Zeit vermittelt die Lufthansa die angehenden Piloten in Übergangsjobs: Als Flugbegleiter oder an den Bodenstationen des Unternehmens. Doch auch während der Pilotentätigkeit ist der Job von einer „ständigen Prüfungs- und Simulationstätigkeit geprägt“, wie Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty erklärt. Heißt: Vier Mal im Jahr muss der Pilot in den Flugsimulator. Fliegt er zweimal hintereinander durch den Test, verliert er seine Fluglizenz.

Und dann?

Verliert ein Pilot seine Lizenz, ist er nur sehr schwer in andere Berufe zu vermitteln. Aus diesem Grund müssen Piloten eine „Loss-of-Licence“-Versicherung abschließen. Bei der Lufthansa wird diese selten in Anspruch genommen: Nur drei Prozent der Piloten müssen ihre Fliegerlaufbahn vorzeitig beenden.

Piloten arbeiten bis zu 21 Stunden am Stück 

Was sind die gesundheitlichen Risiken im Cockpit?

Ein Pilot muss auf Langstreckenflügen bis zu 21 Stunden am Stück arbeiten. Der ständige Wechsel der Zeitzonen und die unregelmäßigen Arbeitszeiten können zu Schlafstörungen und Herz-Kreislauf-Problemen führen. Das steigert das Risiko eines Herzinfarkts, Diabetes und Herz-Rhythmus-Störungen. Allesamt Diagnosen, die den Pilotenschein gefährden.

Was verdient ein Pilot?

Ein Lufthansa-Pilot verdient als Einstiegsgehalt rund 55 500 Euro, mit Zulagen bis zu 73 000 Euro. Nahezu jedes Jahr erhöht sich das Gehalt, als Kapitän sind am Ende bis zu 255 000 Euro drin. Es dauert neun bis zwölf Jahre, bis ein Lufthansa-Pilot dieses Level erreicht hat. Ein Aufstieg ist möglich, wenn ein Cockpitplatz frei wird. Da die Lufthansa ihre Flotte derzeit nicht vergrößert, sind die Beförderungschancen eher schlecht.

Wie lange arbeitet ein Pilot?

Ein Lufthansapilot sitzt im Monat circa 80 Stunden im Cockpit. Zur Arbeitszeit kommen allerdings Vor- und Nachbearbeitung der Flüge dazu, wie Lufthansa-Langstreckenpilot Marcus Wahl erklärt. „Das kann die tatsächliche Arbeitszeit verdreifachen.“ Der Pilot fliegt in der Regel drei bis fünf Tage am Stück, Ruhezeiten inklusive.

„Lufthansa ist die beste Airline in Europa“ 

Gibt es auch bei anderen Airlines die Möglichkeit früher aus dem Beruf auszusteigen?

Grundsätzlich bieten auch andere Fluglinien ihren Piloten an, nach einer bestimmten Anzahl an Jahren frühzeitig aus dem Flugbetrieb auszusteigen. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof gerade erst das bislang gültige Höchstalter für Piloten in Höhe von 60 Jahren abgeschafft. Kläger waren Piloten der Lufthansa.

Was sagen Gewerkschaften und Politik zum Pilotenstreik?

NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) will sich nicht in den Tarifstreit einmischen. „Ich gehe davon aus, dass die Tarifparteien bei der Lufthansa korrekt und verantwortungsvoll verhandeln. Jede Störung von Mobilität tut weh, aber auch das gehört manchmal zu tariflichen Auseinandersetzungen. Schneider sagt aber auch: „Ich stehe hinter dem, was im Koalitionsvertrag steht: Wenn es in einem Unternehmen mehrere Gewerkschaften gleichzeitig gibt, soll die repräsentativste Gewerkschaft für das Tarifwerk verantwortlich sein. Diese ,Einheit in der Vielfalt’ halte ich für sehr wichtig.“ Daraus lässt sich Kritik an der Macht der Spartengewerkschaften ablesen.

Die Gewerkschaft Verdi NRW hat aber keine Lust, sich in die Angelegenheiten von Cockpit einzumischen. „Es geht nicht, dass wir Tarifverträge für Menschen machen, die gar nicht bei uns organisiert sind“, meinte Verdi-Sprecher Günter Isemeyer gegenüber dieser Zeitung. Das Streikrecht sei ein Grundrecht. Politische Eingriffe in diese Freiheit lehnt Verdi ab.

Wie sind die Arbeitsbedingungen in anderen europäischen Fluggesellschaften?

„Lufthansa ist die beste Airline in Europa“, schwärmt Antonio Polo von der spanischen Pilotengewerkschaft Sepla. Er sagt das auch, weil viele seiner Kollegen – sogar die der großen spanischen Iberia – von den Tarifverträgen der Lufthansa-Piloten nur träumen können. Das Grundgehalt eines spanischen Piloten liegt bei 900 Euro im Monat. „Das ist aber nur ein grober Anhaltspunkt, denn dieses Gehalt ist abhängig von Flugstunden, Nachtdiensten, Betriebszugehörigkeit und vielen anderen Faktoren“, sagt Polo. Tatsächlich sei es erheblich höher als 900 Euro. „Ein Iberia-Pilot hat ein Einstiegsgehalt von 35 000 Euro im Jahr und kommt nach 25 Jahren auf 150.000 bis 180.000 Euro.“ Dafür absolviere er bis zu 850 Flugstunden im Jahr. Die EU setzt eine Höchstgrenze von 900 Flugstunden. Immer öfter ließen sich Iberia-Piloten von den neuen, finanzstarken Airlines wie „Etihad“ abwerben. Oder sie heuerten bei der aufstrebenden türkischen Linie „Turkish Airlines“ an.

Der irische Billigflieger Ryanair liegt im Clinch mit seiner Pilotengewerkschaft RPG. Die Kapitäne sind sauer, weil nur jeder dritte Ryanair-Pilot eine Festanstellung hat. Die anderen sind „Vertragspiloten“, die von einer Agentur vermittelt wurden. Die Bezahlung ist schlecht, die soziale Absicherung miserabel. „Solche Vertragspiloten gibt es inzwischen überall in Europa“, klagt Antonio Polo. Der Trend geht also zum Billigpiloten.