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Mallorca: Auswanderin zieht trauriges Fazit zum Palma Pride – „Davon träumt man hier noch“

Mallorca steht kurz vor dem nächsten Pride – aber selbstverständlich ist das nicht. Warum das so ist, erzählt uns Leni Bolt.

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Mallorca: Leni Bolt erzählt von der Pride in Palma

Wir treffen Leni Bolt, die uns von den Unterschieden zwischen der Pride in Palma und in Berlin erzählt.

Wer glaubt, dass Mallorca beim Thema Gleichberechtigung und Vielfalt ganz vorne mitläuft, liegt nicht ganz richtig. Zwar findet am 28. Juni wieder der „Palma Pride“ statt, doch der queere Protestmarsch ist alles andere als selbstverständlich.

Unsere Redaktion hat mit Leni Bolt, queere Influencerin und „Queer Eye Germany“-Bekanntheit, über die Besonderheiten des Prides auf Mallorca gesprochen – und darüber, warum Sichtbarkeit wichtiger denn je ist.

Mallorca: Das ist für den diesjährigen Palma-Pride geplant

Seit fünf Jahren lebt Leni Bolt auf der Insel. Mallorca sei ihr Zuhause geworden, sagt sie. Und dennoch: Wenn es um queere Sichtbarkeit geht, sei noch viel Luft nach oben – auch beim Pride selbst. „Es ist viel kleiner, also es gibt keine Wägen, sondern nur Fuß-Truppen und Trommel-Gruppen.“

Der Palma Pride sei eher Demo als Party – und gerade das mache ihn für Leni besonders bedeutsam. „Es laufen einige hunderte Menschen mit und das endet dann am Plaza de España. Da ist dann auch eine kleine Bühne aufgebaut mit ein paar Shows und Performances.“ Statt riesiger Trucks und Sponsorenlogos dominieren hier Plakate und politische Botschaften.

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„Ich find den Pride sehr cool, weil er sehr politisch ist. Die Leute machen noch eigene Plakate, gehen auf die Straße, protestieren und stehen für etwas. Ich finde das sehr wichtig, dass es das hier auch gibt auf Mallorca.“ Auch in diesem Jahr ist Leni wieder dabei – und nutzt ihre Reichweite, um auf den Pride aufmerksam zu machen. „Ich habe auch eine große queere Community auf Instagram und werde vorher ordentlich Werbung machen.“

Pride-Absage vor zwei Jahren: „Das fand ich komisch“

Doch die Realität hinter den Kulissen ist fragiler, als man denken könnte. Dass der Pride stattfindet, ist keine Selbstverständlichkeit – wie Leni am eigenen Leib erfahren musste. „Was mich vor zwei Jahren total geschockt hat war, dass der Palma Pride abgesagt wurde. Die genauen Gründe kennt man nicht. Ich weiß nur, dass die Veranstalterin eine Deutsche war, die auch sehr viel für die queere Community hier auf der Insel macht.“

Leni erinnert sich an eine geplante Pride-Woche mit großem Programm und Demonstration. Alles war organisiert – und dann das Aus, nur wenige Tage vor Beginn. „Es ist ja eigentlich egal, wer das organisiert. Hauptsache, es findet statt. Ich war total dankbar, dass es Raum dafür gab. Und dann wurde der Palma-Pride fünf Tage vor Start abgesagt. Das wär eine ganze Woche gewesen, Programm, mit einer Riesen-Bühne, mit Demonstration.“

Was blieb, war ein mulmiges Gefühl – und Zweifel an der politischen Unterstützung für queeres Leben auf der Insel. „Das fand ich komisch und das hat mir ein komisches Bauchgefühl gegeben, wie das auch politisch hier so gehandhabt wird. Ich hab das Gefühl, dass die Politik das ein bisschen klein hält, wegen des Tourismus.“

Was hat der Massentourismus damit zu tun?

Der Spagat zwischen Partytourismus und sozialem Engagement ist auf Mallorca ein sensibles Thema. Dass Sichtbarkeit der queeren Community dabei hinten herunterfällt, ist für Leni nicht nachvollziehbar. „Der Massentourismus wird stark kritisiert, das versteh‘ ich auch, und da muss es Regulierungen geben, aber halt nicht auf dem Rücken der queeren Community.“ Die Pride-Veranstaltungen könnten ihrer Meinung nach sogar ein wertvoller Anker für ein anderes, toleranteres Bild Mallorcas sein – und potenziell neue Besucher anziehen.

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„Wenn queere Touristinnen hierhin reisen wegen der Pride, dann finde ich, sollte das möglich gemacht und auch promotet werden. Ich finde, das ist etwas Wichtiges, etwas Schönes. Und je größer ein Pride ist, desto größer ist das Zeichen, das gesetzt wird.“

Natürlich wünscht sich Leni auch einen großen Pride auf Mallorca – mit mehr Teilnehmern, mehr Raum, mehr Unterstützung. „Davon träumt man hier noch“, sagt sie mit Blick auf die Teilnehmer-Zahlen in Berlin, Hamburg oder Köln. Doch die Hoffnung bleibt. Und das Wichtigste: Dieses Jahr findet der Pride in Palma wieder statt – ein Zeichen, dass sich etwas bewegt. Langsam, vielleicht. Aber sichtbar. „Ich bin trotzdem glücklich, dass dieses Jahr wieder ein Pride stattfindet.“



Der Pride in Palma ist vielleicht nicht der lauteste, nicht der größte – aber er ist politisch, sichtbar und wichtig. Für Leni Bolt und viele andere steht er für ein klares Zeichen: Wir sind hier, wir gehören dazu.