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Das Ende eines Affentheaters – Tarzans Affe Cheetah ist tot

Das Ende eines Affentheaters – Tarzans Affe Cheetah ist tot

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Im kalifornischen Rentnerparadies Palm Springs genoss sie ihren Alltag: Klavier spielend und malend. „Ape-stract-Art“ nannten ihre Fans die Stilrichtung. Jetzt hat es sich ausgemalt: Der wohl bekannteste Affe der Welt, Cheetah, ist tot. Gestorben an Heiligabend. Im Alter von angeblich 80 Jahren.

Essen. 

Das Rauchen hat sie in ihren letzten Lebensjahren aufgegeben, statt einem Bier zum Essen trank sie Diät-Cola. Im kalifornischen Rentnerparadies Palm Springs genoss sie ihren Alltag: Klavier spielend und malend. „Ape-stract-Art“ nannten ihre Fans die Stilrichtung und berappten umgerechnet etwa 100 Euro pro Bild. Cheetah, der Affe ist Kult. Angeblich 1932 geboren, soll der Schimpanse in zwölf Tarzanfilmen an der Seite von Johnny Weissmüller, als Bonzo neben Ronald Reagan und Tschi-Tschi bei Doktor Dolittle (Rex Harrison) den Affen gegeben haben. Ganz schön viel für ein einziges Primatenleben. Cheetah, der Affe, soviel scheint sicher, ist eine der größten Kommerzgeschichten der Tierwelt. Das erste groß angelegte Franchise-Unternehmen der Filmindustrie.

Angefangen vom Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde 2003 als ältester Affe der Welt bis zum legendären Auftritt im Aktuellen-Sportstudio 1971, als Cheetah Maria Weissmüller die Perücke vom Kopf riss – alles Schwindel? Jein.

Cheetah ließ sich doubeln

Cheetah war kein Unikat. Sie ließ sich zuweilen doubeln. Bei Dieter Kürten nachweislich von einem unbekannten Zoo-Affen namens Porgy. Ansonsten existierten in den letzten 80 Jahren geschätzte 16 Cheetahs. Je nach Fähigkeit wurden sie in den Tarzanfilmen eingesetzt. Die erste Cheetah, jene 1932 geborene, soll bereits 1938 an einer Lungenentzündung gestorben sein. Die letzte, Heiligabend verstorbene, soll in den 60er Jahren geboren sein. Und: spielte nie in einem Film mit.

2008 deckte der amerikanische Autor R.D. Rosen unter dem Titel „Die Lüge aus dem Dschungel“ dieses grandiose Affentheater auf. Tierfreund Dan Westfall, der Cheeta von seinem Onkel und ehemaligen Hollywood-Tiertrainer Tony Gentry geerbt hatte, gründete 1991 im kalifornischen Palm Springs ein Heim für alternde Showbizz-Tiere. Cheetah war der Star. Täglich kamen Busladungen mit Besuchern, zum Geburtstag am 12. April wurden Galas für den Affen gegeben, zum 75. interpretierte Verhaltensforscherin Jane Goodall „Happy Birthday“ in Affenlauten.

Webseite für Sponsoren

Für das Unternehmen „ein Stern für Cheetah in Hollywood“ eröffnete Westfall für potenzielle Unterstützer und Sponsoren dem Affen eine Web-Seite und ließ ihm für seinen zukünftigen glamourösen Auftritt in Hollywood eine Mischung aus Papamobil und Safari-Truck bauen.

Der Cheetah-Stern zwischen Godzilla und Donald Duck ging nicht auf, Westfall aber auch nicht unter. Selbst als durchsickerte, dass sein Onkel Gentry die letzte Cheetah 1967 im Alter von etwa sieben Jahren aus einem Vergnügungspark in Santa Monica für 300 Dollar gekauft hatte. Selbst als sich als Lüge entpuppte, dass die erste Cheetah ohne Green Card 1932 nach Amerika geschmuggelt wurde, weil der erste Transatlantik-Flug erst 1939 stattfand.

Hollywood, Gentry und Westfall haben es geschafft, einen Mythos zu kreieren. Warum das funktioniert? „Weil Menschen diese Geschichten hören möchten, ganz egal, ob sie wahr sind oder nicht“, sagt Cheryl Shawer, ein Tiertrainer aus Hollywood. Weil Tiere ihr vermeintliches Luxusleben selbst finanzieren, weil sie vermenschlicht werden – mit Zigarette und Diät-Cola.