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Bauern im Rheinland setzen verstärkt auf Allergiker-Äpfel

Bauern im Rheinland setzen verstärkt auf Allergiker-Äpfel

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Foto: Matthias Graben/Funke Foto Services
Weniger Allergene, daher verträglich: Im Rheinland ist die neue Apfel-Sorte „Wellant“ stark im Kommen. Landwirte erwarten weniger Ertrag bei Äpfeln.

Im Rheinland. 

In der Region läuft die Apfelernte. Die Obstbauern holen seit wenigen Tagen die ersten frühen Sorten vom Baum. Geerntet wird bis noch in den Oktober hinein. Schade nur: Die Apfel-Allergie zählt zu den verbreitetsten Lebensmittel-Allergien. Viele Bürger können deshalb nicht mitessen – oder vielleicht doch? Josef Tillmanns, Sprecher der rund 100 eingetragenen Obstbauern im Rheinland, berichtet, dass er und seine Kollegen zunehmend auf für Allergiker verträgliche Sorten setzen.

Diese Sorten verfügen über weniger allergieauslösende Proteine als andere. Der Elstar etwa gilt als so ein verträglicher Apfel, ebenso der Braeburn. Im Rheinland ist derzeit eine verträgliche Sorte mächtig im Kommen: der Wellant, eine Züchtung aus den Niederlanden. „Die hat jetzt praktisch jeder“, sagt Tillmanns. Weil „Obstbauern ja keine Ärzte sind“, also keine medizinischen Aussagen treffen wollen und manche Betroffene ohnehin anders reagieren als andere, rät Tillmanns allergiegeplagten Menschen zum vorsichtigen Probieren: „Erst mal eine Scheibe essen und dann sehen, ob es klappt…“

Viele Betroffene sind auch auf Birkenpollen allergisch

Fachleute halten die neuen Züchtungen für vielversprechend. Der „Bösewicht“, um den es geht, ist das Allergen „Mal d1“. Schon herkömmliche, bekannte Sorten enthalten davon unterschiedlich viel, wie Thomas Werfel, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie, im Gespräch mit der NRZ erläutert.

Der Gehalt im Golden Delicious etwa sei hoch, bei Gloster und Santana hingegen weniger. Die Züchtung von Äpfeln mit noch niedrigerem „Mal d1“-Gehalt hält Allergologe Werfel für attraktiv.

Immerhin: Drei bis fünf Prozent der Bevölkerung sind Apfelallergiker, davon geht der Experte aus. Bei Betroffenen schwillt die Schleimhaut in der Mundhöhle, viele Menschen verspüren ein Jucken und Kratzen im Hals. „Die Symptome sind meist milde“, erklärt Werfel. Allergiker reagieren auch nur auf rohen, nicht auf verarbeiteten Apfel. Dumm allerdings: „Mal d1“ ist einem Molekül der Birkenpolle sehr ähnlich. Viele Betroffene sind deshalb auch auf Birken allergisch.

„Dieser Apfel ist ein rustikales Geschmackswunder“

Obstbauer Tillmanns hat seine Wellant-Bäume vor drei Jahren gesetzt, er erwartet in den nächsten Wochen seine zweite Ernte. Zehn Hektar Obst hat der 46-Jährige insgesamt auf seinem Betrieb in Willich-Schiefbahn (3. Generation). Dass Tillmanns einen Hektar davon für Wellant geräumt hat und Kollegen ähnlich vorgegangen sind, will etwas heißen. Obstbauern denken immer sehr langfristig: Josef Tillmanns verspricht sich viel von der neuen Sorte, auch abseits der Allergikerverträglichkeit: „Dieser Apfel ist ein rustikales Geschmackswunder.“

Die Verträglichkeit von Äpfeln ist in Fachkreisen derzeit ein großes Thema. Der BUND hat im ostwestfälischen Lemgo derzeit eine Studie laufen. Der Umweltverband berichtet von einer Allergikerin, die nach jahrelangem Verzicht einen eigentlich unverträglichen Apfel gegessen hat – ohne Beschwerden. Auch andere hätten diese Erfahrung gemacht.