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„Der Uwe kommt nicht mehr“ – Zschäpe meldete Mutter den Tod

„Der Uwe kommt nicht mehr“ – Zschäpe meldete Mutter den Tod

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Foto: Sascha Fromm / Thüringer Allgemeine
Eindringlich und ausführlich schilderte Uwe Böhnhardts Mutter am Mittwoch im NSU-Prozess ihre Erfahrungen und Eindrücke von Beate Zschäpe. „Eines Tages fragte Uwe, ob er seine Freundin mitbringen kann.“ Wir protokollieren im Wortlaut: Was die Mutter über Zschäpe und das Trio sagt.

München. 

Im NSU-Prozess sagte die Mutter des mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt am Mittwoch den zweiten Tag vor dem Oberlandesgericht in München aus. Dabei ging es vor allem um die Hauptangeklagte Beate Zschäpe, ihr Verhältnis zu Böhnhardt und ihren letzten Anruf bei den Eltern nach dessen Tod im Jahr 2011. Wir dokumentieren Auszüge aus der Zeugenaussage von Brigitte Böhnhardt.

Zum ersten Kontakt mit Beate Zschäpe: „Eines Tages fragte Uwe, ob er seine Freundin mitbringen kann. Ich fand sie von Anfang an sympathisch. Sie hatte auch Probleme, das weiß ich, fand keine Lehrstelle und so weiter. Er war verliebt und, ich denke, sie auch. Sie hat ihm gut getan. Ihr ganzes Auftreten war so, wie man sich eine junge Frau vorstellt.“

„Ich habe gehofft, dass sie ihn auf den rechten Weg bringt“

Zu ihrem Verhältnis zu Zschäpe: „Wir beide hatten ein gutes Verhältnis. Ich war eigentlich froh, dass Uwe eine feste Freundin. Ich habe mir als Mutter vorgestellt, oh, das könnte schön werden. Beide finden Arbeit, ziehen zusammen, gründen eine Familie. Und ich habe auch gehofft, dass sie ihn auf den rechten Weg bringt. Sie ist nie in einer Kleidung aufgetreten, die rechte Tendenzen aufwies, hat nie mit uns entsprechende Gespräche geführt. Wir alle mochten Beate Zschäpe. Selbst bei Familienfeiern war sie dabei, 1996 sogar zu Weihnachten. Sie gehörte einfach zur Familie. Auch Uwe hat sich gefreut, dass wir sie so aufgenommen haben.“

Zum Einfluss Beate Zschäpes auf Uwe Böhnhardt: „Uwe wurde ernster, erwachsener. Jetzt fehlte eigentlich nur noch eines: eine Arbeitsstelle. Ich kann mich nicht an ein einziges Mal erinnern, dass Uwe gegenüber Beate barsch war. Sie war kuschelig zu ihm. Sie waren so lieb zueinander. Ich hatte das Gefühl, sie fühlt sich wohl, bei Uwe, aber auch bei uns.“

Das Dreiecks-Verhältnis interessierte die Familie nicht

Zum Dreiecksverhältnis des Trios: „Dass Beate früher mal mit Uwe Mundlos zusammen war, das hat uns nie interessiert. Ich habe bei ihm auch nie Eifersucht feststellen können. Ich habe mich fast gewundert, dass der Uwe Mundlos das so locker gesehen hat, wenn unser Uwe und Beate geschmust haben.“

Zu dem Verhältnis zwischen Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt nach der Flucht 1998: „Als wir uns getroffen haben (es gab mehrere geheime Treffen in Chemnitz bis 2002 – Anmerkung der Redaktion), haben wir keinerlei Veränderungen im Verhältnis festgestellt. Ich war bis zum Schluss der Meinung, dass die beiden noch ein Paar sind.“

Mundlos‘ Mutter erkannte Zschäpes Stimme nicht mehr

Zum Anruf Beate Zschäpe nach dem Tod von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos am 5. November 2011: „Ich bin hier noch heute dankbar, dass sie diesen Anruf getätigt hat, dass wir noch vor der Polizei wussten, was passiert war. So schlimm diese Nachricht war, wir waren zumindest vorbereitet.

Es klingelte an dem Morgen, gegen 7 Uhr, ich bin aufgestanden, weil ich näher am Telefon liege. Am anderen Ende meldete sich eine Frauenstimme: ‚Hier ist Beate.‘ Ich habe gar nicht begriffen, wer – ich kannte ihre Stimme nicht mehr. Ich habe gefragt: ‚Welche Beate denn?‘ Und dann sagte sie: ‚Uwes Beate‘.

Das musste ich erst einmal verarbeiten, nach neun Jahren das erste Mal wieder von Beate zu hören. Meine nächste Frage war: ‚Kommt ihr zurück, wollt ihr euch stellen?‘ – weil das war meine Hoffnung, mein Traum, Wunsch. Das sagte sie: ‚Nein‘. Da fragte ich weiter: ‚Warum nicht?‘ Das sagte sie: ‚Der Uwe kommt nicht mehr.‘ ‚Ja warum denn nicht?‘ Sie wiederholte die Antwort: ‚Der Uwe kommt nicht mehr.'“

„Ich habe mich nicht getraut, die Frage zu stellen: ‚Ist der Uwe tot?'“

„Dann war eine Weile Pause. Ich habe mich gar nicht getraut, die Frage zu stellen. ‚Ist der Uwe tot?‘ Und da hat sie gesagt: ‚Ja, der Uwe ist tot.‘ Sie fragte mich: ‚Haben Sie gestern Nachrichten geschaut?‘ Ich: ‚Nein, bin erst spät heimgekommen.‘ Sie: ‚Dann hören Sie doch mal die Nachrichten, gestern in Eisenach ist was passiert. Das sind die beiden Jungs.‘ Dann konnte ich nichts mehr sagen, sie auch nicht. Hinterher fielen mir 1000 Fragen ein. Aber sie sagte, sie muss auflegen, sie habe noch so ein furchtbares Gespräch vor sich, sie muss auch noch Mundlos‘ Eltern informieren.

Zu diesem Zeitpunkt wurde unser Telefon noch nicht abgehört, erst am späteren Vormittag. Ich erinnere mich, dass Beates Stimme recht dünn und zittrig war. Sie hat dann auch nichts weiter gesagt. Sie war sicher genauso geschockt wie ich.“

Zschäpe wollte „nie wieder“ anrufen

Der Vorsitzende Richter zitiert daraufhin mehrere Aussagen von Brigitte Böhnhardt aus einem BKA-Vernehmungsprotokoll: „Sie (Beate Zschäpe – Anmerkung der Redaktion) sagte mir, dass die beiden sie angerufen hätten und ihr den Auftrag gegeben hätten, die Eltern anzurufen. Sie solle ihr von Uwe sagen, dass er sie sehr geliebt hätte. Er habe jeden Geburtstag und jedes Fest an sie gedacht. Sie sagt weiter, dass die beiden, weil sie keinen anderen Ausweg gesehen hätten, sich erschossen hätten.

Die Zeugin bestätigt ihre Aussagen nach einigem Zögern und erst nach dem Hinweis, dass ihr dies eigentlich zu privat sei. Sie habe zudem am Ende des Anrufs Zschäpe gefragt: ‚Rufst Du nochmal an, Beate?‘ Da sagte sie: ‚Nein, ich gehe weg. Ich rufe nie wieder an.'“