Veröffentlicht inSport

Kein schöner Amt in diesem Land

Kein schöner Amt in diesem Land

imago05572730m.jpg
Dass der Bundestrainer Bundestrainer bleiben würde, war sehr, sehr, sehr wahrscheinlich. Sehr wahrscheinlich, nachdem die Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Südafrika die Vorrunde überstanden hatte.

Sehr, sehr wahrscheinlich, nachdem sie gegen England und Argentinien ihre überlegene Klasse demonstriert hatte. Und sehr, sehr, sehr wahrscheinlich, nachdem der in die Heimat zurück gekehrte Joachim Löw eine Woche lang die Reaktionen auf seine Arbeit auf sich einwirken lassen konnte. Kein anderes Traineramt kann ihm jemals wieder diese kollektive Aufmerksamkeit, dieses überragende Interesse einer ganzen Nation schenken. Und die Mannschaft, mit der er die Erfolge erreicht hat, ist nicht auf dem Höhepunkt ihrer Möglichkeiten angelangt. Sie ist jung, sie ist entwicklungsfähig. Sie hat eine Zukunft. Vielleicht eine große.

Löws Ja-Wort

Weil im sportlichen Bereich alles so schön geordnet ist und jede alternative Bank weniger gut ausgepolstert gewesen wäre, musste Löw also sein Ja-Wort geben. Dass er sich dennoch Bedenkzeit erbat, dass er die WM hinter sich bringen und dann erst in Verhandlungen einsteigen wollte, war nicht nur eine Folge der im Februar so spektakulär gescheiterten ersten Verhandlungsrunde mit dem Deutschen Fußball-Bund. Nach jeder WM, nach jeder EM muss der Stand der Dinge überprüft werden. Wäre ein Bundestrainer mit Langzeitvertrag in der Schublade auch nach einem Sieg gegen Australien und Niederlagen gegen Serbien und Ghana, wäre er nach einem desillusionierenden Aus in der Vorrunde noch mit einer Jobgarantie ausgestattet worden? Wohl kaum. Nach der WM aber wollte Deutschland, wollte die deutsche Öffentlichkeit die Weiterbeschäftigung dieses Trainers. Und nicht weil DFB-Präsident Theo Zwanziger so beharrlich über Monate hinweg verkündete, dass er sich Löw Unterschrift wünsche, hat er sie nun bekommen. Er hat sie bekommen, weil der Bundestrainer auf der Gewinnerseite steht.

Zwanzigers Zukunft unsicher

Natürlich hat Löw dieses schöne Licht, in das er gerade getaucht ist, dazu genutzt, seine Vorstellungen vertraglich verankern zu lassen. Er macht mit seinem Team weiter. Er macht auch mit Oliver Bierhoff weiter, dem beim DFB nicht uneingeschränkt beliebten Teammanager. Auch das war sehr, sehr, sehr wahrscheinlich. Wer im Fußball begehrt ist, der kann eben auch sein Begehren durchsetzen. Ob Theo Zwanziger allerdings weiterhin Präsident des DFB bleiben wird, ist seit Dienstag nicht mehr so gewiss. Der neue Vertrag mit Löw würde ihm die Wiederwahl sichern. Wenn er die Wiederwahl anstreben sollte. Zwanziger jedoch hat über seine Müdigkeit gesprochen, seine Amtsmüdigkeit. Und weil der seit langem als natürlicher erster Nachfolgekandidat gehandelte Wolfgang Niersbach offensichtlich doch keine Probleme mit dem alten Trainer-Teammanager-Modell hat, ist der DFB-Generalsekretär eine gewichtige personelle Alternative zu Zwanziger.