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Stadtwerke wollen restliche 49 Prozent an der Steag bereits im Sommer kaufen

Stadtwerke wollen Steag bereits im Sommer komplett kaufen

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Regonalkonferenz der Kommunalen Beteiligungsgesellschaft (KSBG) Foto: Volker Hartmann.
Die sieben Ruhrgebiets-Stadtwerke wollen nach unseren Informationen vermutlich schon im Sommer die restlichen 49 Prozent an der Steag für knapp 600 Millionen Euro vom Chemiekonzern Evonik übernehmen. Dies verlautete gestern Abend aus der ersten Regionalkonferenz.

Essen. 

Darauf mussten die Mitglieder in den Stadträten lange warten. Gestern nun war es so weit: Gut drei Jahre nach der Mehrheitsübernahme des fünftgrößten deutschen Energieerzeugers Steag durch sieben Stadtwerke im Ruhrgebiet hatten die Stadtoberhäupter und Fraktionschefs aus den Stadträten Gelegenheit, auf einer Regionalkonferenz Fragen zu stellen.

Ziel sei es, die politischen Akteure auf den aktuellen Stand zu bringen, hieß es beim Veranstalter, der Vorschaltgesellschaft KSBG, die die Stadtwerke aus Essen, Duisburg, Oberhausen, Dinslaken, Bochum und Dortmund bündelt und die 51 Prozent an dem Konzern hält. Drei Stunden waren für die Fragen der 100 geladenen Politiker eingeplant. Anwesend waren 30 Ratsmitglieder und die Stadtchefs aus Oberhausen und Dinslaken.

Wunsch nach einem Beirat

Ursprünglich hatte es bei der Übernahme aus einigen Räten heraus den Wunsch nach einer deutlich stärkeren Mitsprache der gewählten Bürgervertretung gegeben. Insbesondere die Grünen hatten sich für einen Beirat eingesetzt, aber auch die Linksfraktionen. Daraus geworden ist nichts, stattdessen soll es nun regelmäßig die Regionalkonferenzen geben.

Fragen aus den Stadträten zu „ihrem“ Unternehmen gibt es reichlich. Und viele davon sind brisant, nicht zuletzt mit Blick auf die Kommunalwahl im Mai. Schließlich steht die Übernahme der restlichen 49 Prozent für knapp 600 Millionen Euro ins Haus.

Die kommunalen Stadtwerke wollen möglichst zügig kaufen, denn seit Anfang des Jahres müssen sie höhere Zinsen an den Eigentümer Evonik bezahlen, nämlich sieben statt fünf Prozent auf den gestundeten Kaufpreis. Im Jahr sind das nun 40 Millionen Euro. Spätestens bis Ende 2016 müssen die Stadtwerke die 49 Prozent übernommen haben. In Essen hatten sich die Fraktionschefs von SPD und CDU bereits im September missmutig über den Zeitdruck geäußert. Der Unmut hängt wohl auch damit zusammen, dass bei manchem Stadtrat eine späte Reue über den Deal ausgebrochen ist.

„Wir hätten viel Geld versenkt“

Das Stadtwerke-Konsortium KSBG unternimmt alles, um keine nachhaltigen Zweifel an dem Deal aufkommen zu lassen. Obwohl die Energiewende auch der Steag schwer zu schaffen macht. So ließ die KSBG im September wissen, die Beteiligung habe sich „als werthaltig erwiesen“, deshalb erscheine eine vollständige Übernahme sinnvoll. Die Frage nach der Werthaltigkeit hat Sprengkraft. Spätestens seit Evonik-Aufsichtsratschef Werner Müller in einem Interview sagte: „Hätte Evonik das Unternehmen behalten, hätten wir viel Geld versenkt.“ Der Kaufpreis von 1,2 Milliarden Euro wäre „heute nicht mehr zu erzielen“.

Steag-Aufsichtsratschef Guntram Pehlke sagte gestern: „Ich halte diese Aussage nicht für fachlich fundiert“. Im Wesentlichen sei der inländische Kraftwerkspark mit Ausnahme des Neubaus von Walsum bereits abgeschrieben, sagte Steag-Chef Joachim Rumstadt. Aktuelle Abschreibungen seien anders als bei RWE nicht geplant. Beide nannten die Diskussion mit den Politikern „sehr sachlich“.

Zeitraum Juni/Juli genannt

Zur Frage, wann die Übernahme der restlichen 49 Prozent erfolgen solle, sagt Pehlke, die derzeit niedrigen Zinsen „sprechen dafür, spätestens bis Ende 2014 zu kaufen“. Nach Informationen dieser Zeitung von Teilnehmern ist in der internen Runde jedoch der Zeitraum Juni/Juli genannt worden.

Der SPD-Fraktionschef im Essener Rat, Rainer Marschan, sieht hier allerdings noch Klärungsbedarf. Aus seiner Sicht müsse zuvor der Rat mit dem Kauf befasst werden. Pehlke sagte dazu: „Wir brauchen keine neuen Ratsbeschlüsse. Das hat mancher verdrängt oder vergessen.“

EnergiewirtschaftDie Grünen-Fraktionschefin aus Dortmund, Ingrid Reuter, hätte gerne gewusst, wie die Steag-Strategie in Zeiten der Energiewende aussieht, sagte sie im Vorfeld der Regionalkonferenz. Bei Übernahme hatte es geheißen, man wolle die Steag zum ökologischen Energieerzeuger umbauen. Rumstadt sagte dazu, im Jahr 2020 solle der Anteil der erneuerbaren Energien von heute unter zehn Prozent auf 25 Prozent gestiegen sein.

Suche nach einem Partner ohne Zeitdruck

Und was soll nun mit den 49 Prozent geschehen, wenn sie dem Konsortium gehören, will Reuter wissen? Dazu sagte Pehlke: Man suche ohne Zeitdruck einen Partner. Andere wie CDU-Fraktionschef Klaus Franz aus Bochum wollen wissen, ob die Bezirksregierung das Geschäft genehmigt habe oder nicht. Er erwarte, so Pehlke dazu, dass die Bezirksregierung „sehr zügig“ die Genehmigung erteile.

Pehlke, auch Chef der Dortmunder Stadtwerke, betont, dass das Finanzierungskonstrukt mit der Vorschaltgesellschaft KSBG so gewählt ist, dass Risiken nicht auf Stadtwerke oder gar Haushalte durchschlagen könnten.