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Backwerk soll 100 Millionen kosten

Backwerk soll 100 Millionen kosten

Essen. 

Eine Nische finden, sich darin möglichst breit machen – und dann verkaufen. So in etwa sieht der Traum jedes Jungunternehmers aus. Was besonders Internet-Start-Ups mitunter spektakulär gelingt, funktioniert im traditionellen Handel eher selten. Den beiden Vätern des Essener Discounters Backwerk könnte dies nun gelingen: Für 100 Millionen Euro wollen sie ihre Selbstbedienungskette verkaufen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Sie beruft sich auf „zwei mit der Transaktion vertraute Personen“. Backwerk wollte dies weder bestätigen noch dementieren.

Zur Karriere von Dirk Schneider und Hans Christian Limmer würde ein rechtzeitiger wie gewinnträchtiger Abgang passen. Die früheren Unternehmensberater von Roland Berger haben Deutschlands größten Billigbäcker aus dem Boden gestampft, ohne selbst zu backen. „Wir können nur Einzelhandel“, sagte Schneider in einem früheren Gespräch mit unserer Zeitung. Was gelernten Bäckern die Zornesröte ins Gesicht treibt und einige von ihnen auch in die Pleite, ist eine kaufmännische Glanzleistung: Den 2001 in Düsseldorf gegründeten Billigbäcker übernahmen sie 2002 und machten ihn zum unangefochtenen Marktführer. Sie gelten als Erfinder der Selbstbedienungs-Bäckereien voller vorgefertigter, günstiger Massenware, die es mit Zangen aus ihren Schaukästen zu fischen gilt.

Aus dem Pionier-Laden sind bis heute rund 270 Filialen bundesweit geworden, knapp die Hälfte davon in NRW. Sie werden von kleinen Existenzgründern als Franchisepartner betrieben, die mehr als 2400 Mitarbeiter zählen. Die Kaufleute Schneider und Limmer kümmern sich von Essen aus mit einem überschaubaren Team um Einkauf, neue Produkte und die Strategie.

Obwohl mittlerweile fast jeder Supermarkt selbst aufbackt und SB-Brot verkauft, wuchs Backwerk zuletzt weiter. 2012 stieg der Umsatz um zehn Prozent auf 163 Millionen, in diesem Jahr ist ein Plus von fünf Prozent das Ziel. Das Unternehmen wirbt mit einer im Durchschnitt zehnprozentigen Umsatzrendite in seinen Filialen.

Nun, da es den Zahlen zufolge bestens läuft, denken die früheren Unternehmensberater offenbar darüber nach, sich ihre Pionierarbeit vergolden zu lassen. Laut Reuters haben sie die Investmentboutique Georgieff Capital mit der Suche nach Käufern beauftragt. Erste Angebote seien auch bereits eingegangen, der Kaufpreis werde auf „bis zu 100 Millionen Euro taxiert“. Die Geschäftsführer äußerten sich dazu gestern nicht.

Brötchen-Kampfpreise

Erst tags zuvor hatte Backwerk eine selbst in Auftrag gegebene Studie über die Brötchenpreise in Deutschland veröffentlicht. In der wird nicht ganz uneigennützig eine Verteuerung um gut drei Prozent auf durchschnittlich 32 Cent für ein Brötchen beim traditionellen Handwerks-Bäcker beklagt und dezent auf die konstanten 15 Cent bei Backwerk hingewiesen. Mit dieser Billigstrategie machen die Essener Betriebswirte dem Handwerk seit gut zehn Jahren das Leben schwer. Sie kaufen fast fertig gebackene Ware von Großproduzenten ein und lassen sie in den Filialen aufwärmen. Mit ihrer über die Zeit gewachsenen Marktmacht schaffen sie es offenbar, die Einkaufspreise niedrig zu halten. Vor allem die gestiegenen Strompreise haben dagegen die klassischen Bäcker gezwungen, Brot und Brötchen zu verteuern.