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Faust auf Faust

Faust auf Faust

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Auch Fußballer langen bisweilen ordentlich zu. Ob Franz, Copado oder Collymore, sie alle verstrickten sich schon in Boxkämpfe und Ringkämpfe auf und abseits des Rasens. Harte Fakten über Hooligans in kurzen Hosen.

Teil 1:

Den Spruch fürs Poesiealbum gibt’s vorneweg: »Fußball, das ist wie Krieg. Es gibt Strategien und Attacken. Und manchmal stirbt einer.« Das sagte Kroatiens Ex-Coach Miroslav Blaevi.

Teil 2:

Weltmeistertorwart Fabien Barthez beendete seine Karriere mit einem Schlag. Nach einem Spiel des FC Nantes wollte Barthez nur so schnell wie möglich weg, doch einige Anhänger umzingelten sein Auto. Es folgten Tritte gegen den Lack und Beleidigungen. Barthez stieg aus und lieferte sich mit dem Angreifer eine ansehnliche Schlägerei.

Teil 3:

Da hatte sich Paulo Di Canio bei den faschistischen Anhängern von Lazio Rom angebiedert, auf den Bizeps den Mussolini-Spitznamen »Duce« tätowieren lassen und sein Tor gegen den AS Rom mit ausgestrecktem rechten Arm gefeiert. Half alles nichts, Di Canio wurde während eines Spaziergangs mit dem bekannten Faschisten Paolo Signorelli auf der Straße verprügelt und von den Angreifern beschimpft: »Du bist kein Kamerad mehr, die wahren Faschisten sind wir!«

Teil 4:

Den Dänen sagt man im Allgemeinen ein eher kuscheliges Wesen nach. Stig Tøfting muss allerdings gerade vor der Tür gewesen sein, als der Nationalcharakter vergeben wurde. Im Juli 2002 schlug der kahlköpfige Mittelfeldspieler anlässlich einer Feier im Kopenhagener Café »Ketchup« über die Stränge und quittierte die Aufforderung eines Kellners, seine lallenden Gesänge auf eine erträgliche Lautstärke zu reduzieren, mit einer Kopfnuss. Auf der anschließenden Flucht über Tische und Bänke verpasste Tøfting dem Türsteher einen Schlag ins Gesicht, wenige hundert Meter weiter blieb ein weiterer Widersacher auf der Strecke.

Teil 5:

Zu solidarisch mit den Kickern gab sich der Trainer von Hajduk Split, Luka Bonai, im März 2006. Nach einem Unentschieden gegen einen Abstiegskandidaten hatte er tapfer erklärt: »Wer meine Spieler attackieren will, muss zuerst mich angreifen.« Zwei Männer versteckten sich darauf mit Eisenstange und Baseballschläger bewaffnet vor dem Haus des Trainers. Bonai kam mit einer leichten Gehirnerschütterung davon.

Teil 6:

Stanislaw Bernikow vertraute dagegen auf echte Profis. Eines Tages erbostesich der Trainer des russischen Drittligisten Metallurg Lipezk so sehr über seine Elf, dass er professionelle Schläger engagierte und Kapitän Morotjko, Torwart Sjamrin und Stürmer Zjukowskij krankenhausreif prügeln ließ. Eine der Unterweltgestalten stand derweil als Deckung mit gezogener Schusswaffe an der Seitenlinie.

Teil 7:

Gelbe Karten haben ja prinzipiell den Sinn, Rüpel auf dem Platz zu fairerem Spiel anzuhalten. Am Rumänen Viorel Ganea muss der erzieherische Zweck vorbeigegangen sein. Schon verwarnt, schlug er einem Gegenspieler in Sichtweite des Linienrichters in den Magen. Ganea sah Rot. In einem Bewusstseinstadium nahe der Tollwut packte er daraufhin den Mann an der Linie am Hals und musste von vier bewaffneten Polzisten abgeführt werden.

Teil 8:

Einen teaminternen Faustkampf lieferten sich Newcastles Kieron Dyer und Kollege Lee Bowyer. Im Spiel gegen Aston Villa wurde Dyer urplötzlich von Bowyer angefallen. Die Engländer tauschten Ohrfeigen und Haken aus, bis es einer Taskforce aus Mit- und Gegenspielern gelang, sie voneinander zu lösen.

Teil 9:

Auch abseits des Platzes fiel Lee Bowyer des Öfteren unangenehm auf. Im Januar 2000 prügelten er und sein Leeds-Kumpel Jonathan Woodgate vor der Disko »Majestyk« auf Studenten pakistanischer Herkunft ein. Ein widerwärtiges Schauspiel, das nur noch durch die Einlassungen der Spieleranwälte übertroffen wurde: Die Studenten hätten sich die Geschichte lediglich ausgedacht, um sie an den Boulevard verkaufen zu können.

Teil 10:

Standgericht mit Kopfnuss: Im Januar 2008 wurde Arsenal vom Stadtrivalen Tottenham mit 1:5 gedemütigt. EmManuel Adebayor hatte in diesem Spiel lange nur auf der Bank gesessen und erkennbar schlechte Laune. Während einer Ecke geriet er mit Mitspieler Niklas Bendtner aneinander, kurz zuckte der Kopf Adebayors, schon blutete Bendtners Nase. Eine spontane Bestrafung? Bendtner hatte das Debakel zuvor mit einem unglücklichen Eigentor zum 0�:�2 eingeleitet.

Teil 11:

Auch Francisco Copado hatte seine wilden Jahre in Großraumdiskotheken. Der Mittelfeldspieler brach sich eines Nachts bei einem musikalisch untermalten Disko-Boxen die Hand. Eine eher peinliche Verletzung, deren Zustandekommen Copado gegenüber Coach Lorenz Köstner beschönigend darstellte. Die Sache flog auf und Copado aus dem Kader.

Teil 12:

Einen Hehl machte Andreas Sassen aus seiner Vorliebe für Alkohol eher selten. Als die Polizei Sassen nach einer Trunkenheitsfahrt (für die Statistik: 1,9 Promille) seinen Führerschein kassieren wollte, verkündete Sassen amüsiert: »Geht nicht, ich habe keinen.« Ein anderes Mal spornte er bei einer nächtlichen Vergnügungsfahrt den türkischen Fahrer mit den völkerverständigenden Worten an: »Fahr schneller, Ali!« Indes: Der Taxifahrer hieß gar nicht Ali und fand es nur mäßig witzig. Sassen verlor die Lust am Reden und schlug zu – mitten ins Gesicht.

Teil 13:

Noch ein Promillelevel weiter operierte Franz Hasil, österreichische Stürmerlegende, als er nach einer Feier in ein Taxi stieg, sich aber partout nicht an seine Anschrift erinnern konnte. Nach zehnminütigem Gelalle von Hasil und orientierungslosem Umhergefahre zeigte das Taxameter 83 Schilling. Hasil weigerte sich zu zahlen, zog den Fahrer an den Haaren und verpasste ihm eine Kopfnuss. Später wurde er rätselhafterweise freigesprochen. Seine Taxirechnung zahlte er, 17 Schilling Trinkgeld gab es gönnerhaft dazu.

Teil 14:

Im Februar 2008 soll der österreichische Nationalspieler Cem Atan in ein Wiener Lokal uriniert haben. Als ein entrüsteter Ober eingreifen wollte, wurde dieser von Atan kurzerhand vermöbelt. Atan wusste tags darauf von nichts und erfand in seiner Not einen Doppelgänger. Martin Pucher, der gutmütige Präsident seines Klubs SV Mattersburg, glaubte Atan, gestand aber ein, dass sein schlagkräftiger Spieler ein Mensch sei, der »wie man so sagt, ein Häferl ist«.

Teil 15:

Als Hannovers Sturmungeheuer Dieter Schatzschneider nach einem Ligaspiel um die Häuser zog, schrie ein Arbeiter aus einem Kran: »Schatzschneider, du Arschloch!«. Der 96er befand, sich das nicht gefallen lassen zu müssen, kletterte behende den Kran hin-auf und machte kurzen Prozess. Später erinnerte er sich: »Es knallte nur zweimal, damit war die Sache erledigt.«

Teil 16:

Ähnlich kompromisslos zeigte sich der Lauterer Klaus Toppmöller am 9. März 1976. Mit einer Geraden streckt er auf dem Rasen den Kölner Jürgen Glowacz nieder und posiert wie elf Jahre zuvor Muhammad Ali über dem am Boden liegenden Sonny Liston. Einige Meter weiter versucht Kölns Torwart die erhitzten Gemüter zu beruhigen – es ist ein bekennender Diplomat: Toni Schumacher. Sechs Jahre später wird er dem Franzosen Patrick Battiston zwei Zähne ausschlagen, ein paar Wirbel brechen und anschließend lapidar verkünden: »Dann zahl’ ich ihm halt seine Jacketkronen.«

Teil 17:

Anfang 1998 feierte Stan Collymores Freundin, die TV-Moderatorin Ulrika Jonsson, zusammen mit 500 Schot-ten die WM-Qualifikation. Ihr Name schallte aus Dutzenden Männerkehlen. Collymore, später dazugekommen, befahl ihr, sofort nach Hause zu gehen. Jonsson weigerte sich. Also packte er sie, zog sie an den Haaren über die Theke und schlug ihr ins Gesicht, bis sie zu Boden ging. Erst ein Fan konnte Collymore zur Vernunft bringen – mit einer gezielten Kopfnuss.

Teil 18:

Man hüte sich vor Karaokepartys im kleinen Kreis. Einige Spieler des FC Liverpool hatten sich vor dem Champions-League-Achtelfinale in Barcelona zum Ablesesingen getroffen. Irgendwann erreichte das Mikrofon John Arne Riise, dessen klägliche Gesangsdarbietungen von Craig Bellamy mit höhnischem Gelächter quittiert wurden. Retourkutsche des tief gekränkten Riise: eine Ohrfeige für den unbotmäßigen Bellamy.

Teil 19:

Doch für Bellamy war die Sache noch nicht durch: Mit einem 9er Golfeisen bewaffnet, folgte er Riise ins Mannschaftsquartier und malträtierte ihm das Schienbein. Dafür wiederum entschuldigte sich der Waliser auf spezielle Art. Im Spiel gegen Barcelona bejubelte er sein 1:0 mit einem ironischen Golfschwung. Danach bereitete er den 2:1-Siegtreffer vor. Torschütze: natürlich John Arne Riise. In Liverpool hatten sich wieder alle lieb. Nur die englischen Buchmacher tobten. Sie hatten Wetten auf einen Golfjubel Bellamys angeboten. Top-Quote: 100:1.

Teil 20:

Duncan Ferguson ist Rekordhalter in der Kategorie »Platzverweise in der Geschichte der Premier League«. Kopfstöße verteilte Ferguson ebenso gerne wie Tiefschläge in die Magengrube. Paul Scharner nimmt sicher heute noch Gastritis-Tabletten. Zwei Einbrecher dürften von alldem nichts geahnt haben, als sie 2001 ausgerechnet Fergusons Haus ausrauben wollten. Einen von ihnen erwischte Ferguson und schlug ihn, der Mann hat schließlich Erfahrung, krankenhausreif.

Teil 21:

Die als Watschen-Affäre in die Bundesliga-Geschichte eingegangene Lizarazu-Ohrfeige für Lothar Matthäus war de facto nur ein harmloser Wischer, psychologisch aber hatte der Baske eine Ikone demontiert. Matthäus dementierte deshalb hartnäckig bis zum Schluss, dass ihn der kleine Franzose wirklich erwischt hatte. Die Folgen sind bekannt: Lizarazu musste 10�000 Euro Buße zahlen, Matthäusfloh nach New York.

Teil 22:

In Südamerika setzt man auf gepflegte Rudelbildung mit bis zu 30 Teilnehmern. Im Juni 2007 kam es beim Spiel zwischen den argentinischen Teams Nueva Chicago und Tigre zu einer Massenprügelei der Fangruppen. Als ein Anhänger von Tigre von einem Stein tödlich am Kopf getroffen wurde, stürmten die Fans das Feld und rissen den Spielern ihre Klamotten vom Leib. In Unterhosen flüchteten die Spieler in die Kabine.

Teil 23:

Nach einem Spiel zwischen Guayaquil und Quito prügelten sich die Spieler wie in einer zuvor verabredeten Hooligan-Schlacht. Auf Guayaquils Leo-nardo Soledispa wurde noch eingetreten, als dieser schon am Boden lag. Was blieb, waren zahlreiche Verletzte, elf Rote Karten und eine simple Erklärung von Ecuadors WM-Teilnehmer Delgado: »Die Situation eskalierte, weil meine Gegenspieler immer wieder auf mein verletztes Knie eintraten«. Na dann.

Teil 24:

Anziehungskraft auf Schläger unterschiedlicher Couleur scheint derweil West Ham United zu haben. Wie in einem Boxzelt auf dem Rummelplatz versammelten sich hier in der Saison 2007/08 Craig Bellamy (Bobby Robson: »Ein Mensch, der alleine in einem Raum eine Schlägerei anfangen kann«), Anton Ferdinand (kloppte sich 2006 vor einem Nachtlokal, weil ihm jemand seine Uhr stehlen wollte) und die bereits erwähnten Hitzköpfe Kieron Dyer und Lee Bowyer.

Teil 25:

Gewalt ist keine Lösung. Fand erstaunlicherweise Wayne Rooney. Nach dem konfliktreichen WM-Viertelfinale 2006 drohte er großspurig: »Wenn ich Cristiano Ronaldo das nächste Mal sehe, breche ich ihn in zwei Teile.« Rooney, Sohn eines Boxers, sollte bald die Chance zur Revanche haben, schließlich spielen beide beim selben Verein. Ronaldo dachte ernsthaft über eine Flucht nach Spanien nach, doch die Zeit lockert alle Fäuste. Kurz vor der Saison verzieh Rooney großmütig seinem ManU-Teamkollegen.

von Andreas Bock und Lucas Vogelsang

Erschienen am 10. September 2008 bei 11Freunde.de