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Bürgerentscheid in Sachen Nellius

Bürgerentscheid in Sachen Nellius

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Foto: WP

Sundern. 

„Lassen Sie uns den Bürgerentscheid dazu nutzen, sich zu positionieren – und deutlich zu machen, dass wir aus der Geschichte gelernt haben.“ SPD-Fraktionsvorsitzender Jürgen ter Braak nahm in seiner abschließenden Stellungnahme zum Bürgerbegehren ­Nelliusstraße vorweg, was wenige Minuten später feststand: Das Bürgerbegehren für den Erhalt des bisherigen Straßennamens mündet nun in einen Bürgentscheid.

Bei jeweils nur einer Gegen­stimme bzw. Enthaltung beschloss der Rat der Stadt Sundern während seiner Sitzung am Donnerstagabend in namentlicher Ab­stimmung, dem Bürgerbegehren, die Nelliusstraße nicht umzubenennen, nicht stattzugeben. NRW-Gemeindeordnung und städtischer Satzung sehen – als Ergebnis daraus – zwingend vor, innerhalb von drei Monaten einen Bürgerentscheid (Verfahren: siehe Info­kasten) durchzuführen. Der Abstimmungszeitraum ist vom 22. ­April bis zum 6. Mai vorgesehen.

Ein erneutes Angebot von Bürgermeister Detlef Lins an die Bürgerinitiative Nelliusstraße, doch noch einzulenken, lehnten deren im Ratssaal anwesende Vertreter ab. In einem kurzen Statement erklärte Monika Müller von der BI, warum. „Wir haben eine Geschichte, dazu stehen wir“, sagte die Anwohnerin der Nelliusstraße. Deren Namensgeber sei „ein Mensch mit Fehlern gewesen“, eine Umbenennung rechtfertige das jedoch nicht.

„Posthume Schmutzkampagne“

Zuvor hatte Willi Klein in einem 15-minütigen Vortrag nochmals die Position der Initiatoren des Bürgerbegehrens deutlich gemacht. Der Hachener, Vorsitzender des Männerchores „Eintracht“, „verneigte sich vor dem Genie des großen Komponisten“, der nun durch eine „posthume Schmutzkampagne“ verunglimpft werde und definitiv kein NS-Verbrecher gewesen sei. Diesen Ausführungen stellte der Sunderner Historiker Werner Neuhaus eine kurze Zusammenfassung seiner kürzlich – gemeinsam mit Peter Bürger (Düsseldorf) und Michael Gosmann (Arnsberg) – veröffentlichten Dokumentation über Nellius (wir berichteten) gegenüber. „Wie ein brauner Faden“ ziehe sich nationalsozialistisches Gedankengut durch dessen sämtliche Kompositionen. Rassist und Antisemit aus Überzeugung sei Nellius gewesen, „überzeugter Propaganda-Komponist und NS-Musikfunktionär.“

Die Beiträge der übrigen Fraktionen deckten sich mit der Einschätzung ter Braaks’ – trotz Verständnis für das Gefühl der Bevormundung der Anwohner wegen fehlender Transparenz zu Beginn des Umbenennungs-Verfahrens sei letzteres alternativlos, so der Tenor. Auch die FDP rückte von ihrem Kompromiss ab, den Konflikt durch ein Zusatzschild mit ergänzenden Informationen über den Komponisten zu entschärfen. Zwar solle der Bürgerwille stets im Vordergrund stehen, doch die neuen Erkenntnisse hätten in seiner Fraktion zu einem Umdenken geführt, so der Liberale Rüdiger Laufmöller. Lediglich Fraktionskollege Oliver Brenscheidt schwenkte nicht um.