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Wenn der Arzt zuviel kassiert

Wenn der Arzt zuviel kassiert

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Es kommt offenbar häufig vor, dass Ärzte ihre Patienten ungerechtfertigt zur Kasse bitten. Das Beschwerdeportal der Verbraucherzentralen (Igel-Ärger) ist voller Geschichten über Mediziner, die seltsame Rechnungen schreiben. „Meine Sehstärke hatte sich verschlechtert“, schreibt eine Brillenträgerin. „Für das Aushändigen des Zettels mit den aktuellen Werten für den Optiker wurden im Anschluss an die Messung von der Sprechstundenhilfe 10 Euro verlangt. Darauf wurde ich vorher nicht hingewiesen.“ Ein anderer Patient wundert sich darüber, dass er nach einem Verdacht auf Hautkrebs für die Untersuchung mit einem speziellen Auflichtmikroskop (Dermatoskop) privat 16 Euro „Aufpreis“ bezahlen sollte.

Kassenleistungen

In vielen Fällen, bestätigt die Verbraucherzentrale NRW, sind die Forderungen der Ärzte nicht gerechtfertigt. Zum Beispiel können Patienten mit Sehschwierigkeiten ihre Werte beim Augenarzt kostenlos mit einem Sehtest überprüfen lassen. Außerdem müssen ihnen die Ärzte die Messergebnisse mitteilen. Es handelt sich dabei um Kassenleistungen. Wer dafür noch den Patienten zu Kasse bitte, der kassiere gleich zweimal.

Wer für den Einsatz des Dermatoskops nach einem konkreten Hautkrebsverdacht zahlen muss, das ist zumindest umstritten. Die Krankenkassen sagen, das Untersuchungsgerät gehöre zum normalen Handwerkszeug des Arztes. Ärzte meinen, sie könnten dieses Mikroskop gar nicht mit den Kassen abrechnen. Der Patient müsse „privat“ zahlen. „Dieses Auflichtmikroskop ist nicht Bestandteil der Gesetzlichen Krankenversicherung“, betont Roland Stahl, Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Es sind oft nur „Kleckerbeträge“, um die es hier geht. 10, 20, 30, 50 Euro. Für die Hautuntersuchung, die Sehstärkenbestimmung, für die Messung der Knochendichte. Geld, das die meisten Patienten klaglos zahlen – und von dem die Krankenkassen nie erfahren. Sie sehen manche dieser extra berechneten Leistungen durch ihre pauschale Vergütung bereits erstattet. Der Patient wiederum hat in der Regel keine Ahnung, wie der Mediziner mit der Kasse abrechnet.

Die Krankenversicherungen wissen nicht im Ansatz, wie viele „Doppelabrechnungen“ vorkommen. Aber sie raten den Versicherten: „Wenn sie das Gefühl haben, dass sie etwas zahlen sollen, was eigentlich eine Kassenleistung ist, dann reden sie mit uns möglichst noch vor dem Bezahlen darüber“, sagte Jens Kuschel, Sprecher der AOK Nordwest, dieser Zeitung.

Nach der Patientenquittung fragen

Ann Marini vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen ermutigt Patienten, nachzuhaken: „Wer als Patient sehen will, was sein Arzt bei seiner Kasse abrechnet, kann sich eine sogenannte Patientenquittung ausstellen lassen. Die stellt entweder der behandelnde Arzt oder die eigene Krankenkasse aus. Die KBV streitet die Vorwürfe der Verbraucherzentrale ab.