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Vater fast tot gefahren: viereinhalb Jahre Haft

Vater fast tot gefahren: viereinhalb Jahre Haft

Viereinhalb Jahre lang soll ein 22-Jähriger ins Gefängnis, der mit dem Auto seinen Vater fast tot gefahren hat. Das Essener Schwurgericht wertete die Attacke als versuchten Totschlag, glaubte nicht an die Aussage des Schülers, er habe das Steuer im letzten Moment herumgerissen.

Von einer „brutalen Tat” sprach Richter Andreas Labentz und von einem „völlig nichtigen Anlass”. Am 3. Dezember hatte dem Angeklagten der Nudelauflauf nicht geschmeckt, den die Mutter zubereitet hatte. Laut meckerte er und kündigte an, zum Schnellimbiss zu fahren. Auf der Straße in der schmucken Reihenhaussiedlung in Essen-Altendorf versuchte der Vater vergeblich, ihn davon abzubringen. Doch der 22-Jährige blieb stur und fuhr den 57 Jahre alten Vater um. Danach setzte er den Mercedes vor die Hauswand, stieg aus und trat auf Gesicht und Brust des Vaters ein.

Allein die Tritte passten nicht zu der späten Aussage des Angeklagten, er sei doch noch ausgewichen, sagte Richter Labentz. Tatsächlich sei es so, dass er in dieser „hochaggressiven Situation” den Tod des Vaters durch die Kollision „billigend in Kauf genommen” habe. Auch das Gutachten des Kfz-Sachverständigen Martin Kühn stelle eindeutig fest, dass es kein Ausweichmanöver gegeben habe.

Die viereinhalb Jahre Haft bezeichnete Labentz als „mäßige Strafe”. Staatsanwältin Birgit Jürgens hatte sogar fünf Jahre und drei Monate Gefängnis gefordert. Verteidiger Axel Nagler sah dagegen nur eine gefährliche Körperverletzung, also kein versuchtes Tötungsdelikt, und hielt eineinhalb Jahre Haft mit Bewährung für ausreichend.

Strafmildernd berücksichtigte das Gericht, dass der Angeklagte sehr jung und nicht vorbestraft sei. Positiv sei auch, dass er sich offenbar mit seinen Eltern versöhnt habe. Die Tat selbst sei auch eine spontane Entscheidung gewesen.

Richter Labentz ging auch auf das Vater-Sohn-Verhältnis ein. Zugunsten des Angeklagten ging das Gericht davon aus, dass es in der Vergangenheit sehr angespannt war: „Auch der Vater hatte seinen Anteil an der Eskalation. Er hätte beruhigend einwirken müssen.“

Die Tritte ins Gesicht und vor die Brust des am Boden liegenden Vaters seien nicht zu rechtfertigen. Der 22-Jährige hatte gesagt, er habe Angst gehabt, dass der Vater aufsteht und ihn attackiert. Dafür sah das Gericht keinen Anlass. Labentz wies auf ein Handyvideo hin, gedreht von einem Nachbarn: „Er liegt am Boden, blutet, ist keine Gefahr mehr.“