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Städte wie Duisburg sind mit Schrottimmobilien überfordert

Städte wie Duisburg sind mit Schrottimmobilien überfordert

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Foto: WAZ
Vergammeln Gebäude, leidet die ganze Umgebung drunter. Wenn Hauseigentümer nicht zu ermitteln oder zahlungsunfähig sind, greift die Stadt nur bei akuter Gefahr ein – und bleibt oft den Kosten sitzen. „Die Kommune ist mit diesem Thema überfordert“, sagt der Abteilungsleiter im Duisburger Wohnungsamt.

Duisburg. 

Die Fenster verbrettert, die Fassaden beschmiert, Türen zugemauert, oft seit Jahren – „Schrottimmobilien“ sind ein Ärgernis in vielen Teilen der Stadt. Die Folgen heruntergekommener Häuser: Die Nachbarschaft leidet mit, Nachbarhäuser sind kaum noch zu vermieten, der Missstand greift um sich, ein Leerstand zieht den nächsten nach sich. Das Schlimmste daran: Den Behörden sind die Hände gebunden.

Einen Vorstoß, die Gesetzeslage zu ändern, hat in der letzten Woche NRW-Bauminister Michael Groschek angekündigt. Eigentümer sollen verpflichtet werden, bei Handlungsbedarf tätig zu werden. Ob eine Gesetzesnovellierung hilft, ist fraglich. In vielen Fällen, sagt Helmut Baumgart, Abteilungsleiter im Wohnungsamt, ist der Eigentümer nicht zu fassen oder insolvent: „Die Kommune ist mit diesem Thema überfordert.“

Stadt Duisburg hat 12 bis 15 Gebäude unter Beobachtung

Aktiv eingreifen darf das Bauordnungsamt. Aber nur bei „akuter Gefahr“, so Georg Puhe vom Technischen Dezernat. Etwa wenn Treppen beschädigt, Aufzugsschächte ungesichert sind, Balkone bröckeln. Zwölf bis 15 Gebäude stehen derzeit unter besonderer Beobachtung und werden regelmäßig kontrolliert. Darunter einer der „Weißen Riesen“ in Hochheide, der zudem mit Stahltüren und vermauerten Fenstern gegen unerwünschte Bewohner gesichert wurde.

In die Sicherung dieser Immobilie seien in den letzten Jahren „zigtausend Euro“ geflossen. Wohlgemerkt: städtisches Geld. Schlechte Lage, hoher Investitionsbedarf, Unverkäuflichkeit oder ein finanziell klammer Eigentümer: Das sind laut Puhe in der Regel die Hintergründe von „Schrottimmobilien“.

„Wir schicken dann den Schädlingsbekämpfer raus“

Droht von diesen eine direkte „Gefahr im öffentlichen Raum“, kann auch das Ordnungsamt alarmiert werden. Etwa wenn Ratten zur Belastung der Nachbarschaft werden. Stadtsprecherin Anja Huntgeburth: „Wir schicken dann den Schädlingsbekämpfer raus.“ das macht die Stadt von sich aus, der Eigentümer bekommt die Rechnung – wenn man ihn denn findet. Und: Rattenplagen sind eher untypisch für leer stehende Häuser, die Nagetiere zieht’s eher zu bewohnten Gebäuden, deren Bewohner ihren Müll auf der Straße oder auf dem Hof entsorgen – auch gar nicht so selten.

Eingriffsmöglichkeiten für die Behörden gibt es allerdings , bevor ein Wohnhaus komplett zur „Schrottimmobilie“ wird, wenn es nämlich noch bewohnt ist. Regnet’s rein oder bildet sich Schimmel in der Wohnung, kann das Wohnungsamt den Eigentümer zum Handeln zwingen, ein Ordnungsgeld verhängen oder im Rahmen einer „Ersatzvornahme“ von sich aus Handwerker beauftragen, um dem Eigentümer später die Rechnung zu präsentieren.

Immobilieneigentümer können Schadensersatzansprüche geltend machen

Abhilfe schaffen, so Baumgart, könnte man bisher allein durch Planungsrecht. Aber: In vielen Fällen kann der Immobilieneigentümer Schadensersatzansprüche geltend machen – für eine klamme Stadt wie Duisburg nicht zu leisten. Andere Lösung: Sanierung wie in Bruckhausen. Da zahlt aber auch Thyssen-Krupp Millionen für Häuserankauf und Abriss.

Stadtplaner wollen Niedergang Laars stoppen 

Duisburg wagt einen neuen Versuch, den Niedergang von Laar zu stoppen: Gestern beschloss der Ausschuss für Stadtentwicklung ein umfassendes Handlungskonzept für den Stadtteil und vor allem ein Vorkaufsrecht für die Stadt bei Grundstücksverkäufen in Laar.

Die Zustandsbeschreibung der Stadtplaner: „Die Ladenlokale stehen überwiegend leer oder bedienen nur noch Rest- bzw. Nischennutzungen. Ein regulärer Immobilienmarkt ist hier nicht mehr erkennbar. Die Immobilienwerte sinken sehr stark und locken spekulative Investoren an. Unter Wert angekaufte Objekte werden in einfachem Standard bewohnbar gemacht und an soziale Randgruppen mit oft starker Fluktuation vermietet.“

Unter einer solchen Entwicklung leide zunehmend auch das Umfeld, höherwertige Nutzungen seien durch Ausweitung des sozialen Brennpunkts auch im Bestand gefährdet. Es gebe eine „Abwärtsspirale aus unattraktivem Wohnraum in Industrienähe, Sanierungsstau, Leerstand und zunehmend sozial problematischer Mieterschaft“ in Laar.

Vor allem im Bereich der Friedrich-Ebert-Straße und an der Thomasstraße sollen „möglichst kurzfristig die rechtlichen Voraussetzungen zur Umsetzung einer Stadtumbaustrategie“ geschaffen werden, heißt es in der amtlichen Vorlage für den Stadtrat, der letztlich zu entscheiden hat über das, was dahinter steckt: „sukzessiver Ankauf und Abriss“ der maroden Gebäude.

Einstimmig beschlossen wurde vom Ausschuss für Stadtentwicklung ein „besonderes Vorkaufsrecht“ für Grundstücke in einem genau definierten Bereich von Laar. Dadurch könnten, hoffen die Planer „störende Nutzungen schon in einem sehr frühen Stadium vermieden werden“. Zusätzliche finanzielle Lasten für die Stadt seien nicht zu erwarten, da das Vorkaufsrecht nur in sorgfältig geprüften Einzelfällen angewandt werden soll.

Bürgermeister Manfred Osenger mahnte an, bei den Planungen für Laar auch auf die Interessen der benachbarten Industriebetriebe zu achten.