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Lehrermangel an Bochumer Berufskollegs ist ein Dauerthema

Lehrermangel an Bochumer Berufskollegs ist ein Dauerthema

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Foto: Ingo Otto / FUNKE Foto Services
32 Jahre war Peter Hille Lehrer an der TBS 1, seit 2004 Schulleiter. Am Freitag hört er auf. Er hinterlässt eine Schule, der zunehmend Lehrer fehlen.

Bochum. 

Die Aussage auf der Karte ist eindeutig. Ich bin dann mal weg! Peter Hille (65) hat ein Bild von sich im Wanderoutfit direkt daneben gestellt. Er blickt über die Schulter zurück, vor ihm liegt eine freie Wegstrecke. 32 Jahre war er an der Technischen Beruflichen Schule 1 (TBS1), seit 2004 als Schulleiter. Heute wird er in den Ruhestand verabschiedet. Sein Nachfolger steht mit Thomas Glaß längst fest. Nicht alles ist an „seiner“ Schule so gut gelöst. Das TBS 1 ist eine Baustelle, das Kolleg wird bis 2017 durchsaniert – und was viel schwerer wiegt: es fehlen Lehrer. Weiterhin, wahrscheinlich zukünftig immer mehr. Der Lehrermangel an Berufskollegs ist ein Dauerthema.

„Bei uns fehlen Lehrer in technischen Fächern“, sagt Hille. „Es fehlen Lehrer im Maschinenbau, Fertigungstechnik und Elektrotechnik und auch in der KFZ-Technik, da besteht jetzt schon ein Mangel. Wir könnten einen Maschinenbauer einstellen, auch einen Fertigungsbauer. Da fahren wir bereits eingeschränkt. Wir können einige Bildungsgänge nicht so abdecken, wie wir es wollen. Wir haben Stellen.“ Aber keine Bewerber.

Gebe es mehr Menschen wie Hille, würde es diesen Mangel kaum oder sogar gar nicht geben. „Ich habe mich recht früh auf eine berufliche Laufbahn festgelegt“, sagt er. „Ich wollte immer schon Lehrer an einem Berufskolleg werden.“ Das habe er schon gewusst, als er mit 13, „ich wurde dann aber schnell 14“, im Sauerland wo er geboren wurde, eine Ausbildung zum Werkzeugmacher anfing. Es folgte ein Maschinenbaustudium in Dortmund, 1985 der Dienstantritt an der TBS 1.

„Beamten-Polster“ zieht nicht mehr

„Mir war immer wichtig“, sagt er, „den Menschen als Ganzes zu sehen, Bildung für den ganzen Menschen anzubieten, die Sozialkompetenz zu fördern.“ Als er im Laufe der Jahre dann zunächst stellvertretender Schulleiter, schließlich Schulleiter wurde, hat er zudem immer auch versucht, „junge Menschen für den Beruf des Berufsschullehrers zu begeistern. Wir hatten und haben Studenten hier, die Vertretungsdienst machen. Wenn mir da einer positiv aufgefallen ist, habe ich ihn direkt angesprochen und versucht ihn zu binden“. Im Tagesgeschäft blieb er Mängelverwalter, auch wenn er versuchte Probleme zu minimieren, indem er Kollegen überredete, „fachfremd“ zu unterrichten. Darüber hinaus überzeugte er zwei Lehrer, die kurz vor dem Ruhestand waren, noch etwas zu bleiben und Lücken im Lehrerplan zu schließen. Not macht gesprächig. Für ihn kommt eine Verlängerung der Schulzeit nicht in Frage. „Peter Hille kommt nicht aus dem Ruhestand zurück.“

Zuletzt haben sie an der TBS 1 nur Seiteneinsteiger einstellen können. Die haben ein abgeschlossenes Hochschulstudium und Berufserfahrung, müssen sich dann zwei Jahre Pädagogik draufschaffen. „Grundsätzlich fehlt der qualifizierte Nachwuchs“, sagt Hille. „Die Guten gehen in die Industrie. Das vermeintliche Polster, Beamter zu werden, zieht nicht mehr. Dazu kommt, dass man im Berufskolleg genauso viel arbeiten muss wie im Betrieb. Das geht von 7.30 Uhr bis 21 Uhr.“ Hilles Verabschiedung beginnt um 11 Uhr. Ende offen.

Alice-Salomon-Berufskolleg hat Einstellungsbedarf 

Auch Werner Schiller, seit einem Jahr kommissarischer Leiter des Alice-Salomon-Berufskollegs, muss bei der Besetzung von Stellen immer wieder Kompromisse machen. „In den letzten Jahren ist es uns aber gelungen“, sagt er, „alle ausgeschriebenen Stellen zu besetzen. Je nach ausgeschriebener Fächerkombination war die Anzahl der Bewerber sehr unterschiedlich.“ Für das Fach Ernährung und Hauswirtschaft hat das Kolleg die letzten Stellen durch Seiteneinsteigerinnen besetzen können. Schiller: „Diplomierte Öcothrophologinnen haben sich einer Zusatzausbildung unterzogen, um anschließend als vollwertige Lehrerinnen eingesetzt zu werden. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht.“ Im Fach Mathematik habe das Kolleg von der Umstellung auf G8 am Gymnasium profitieren können.

„Wir haben Lehrerinnen einstellen können, die ihre Ausbildung am Gymnasium absolviert haben und in normalen Zeiten eher nicht daran gedacht hätten, eine Stelle am Berufskolleg anzunehmen.“ Für das Fach Gesundheitswissenschaften sei das Angebot an ausgebildeten Lehrern sehr gering. Bildungsgänge im Bereich Gesundheit seien aber bei den Schülerinnen und Schülern sehr populär. Zudem werde das Kolleg spätestens im übernächsten Schuljahr den Bildungsgang „berufliches Gymnasium Gesundheit“ anbieten. Schiller: „Langfristig besteht für die Schule damit Einstellungsbedarf.“

Keine Probleme haben die zugewiesenen Stellen zu besetzen hat laut Schulleiterin Maria Anna Reen, das Klaus-Steilmann-Berufskolleg. „Aber es gibt Besetzungsprobleme bei den Fächern Mathematik oder Wirtschaftsinformatik. Das können wir aber in Mathematik durch einjährige Zertifikatskurse lösen.“