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Hans Günter Winkler: Wunderstute Halla war eine kleine Zicke

Hans Günter Winkler: Wunderstute Halla war eine kleine Zicke

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Foto: IMAGO
Vor 60 Jahren holten Hans Günter Winkler und die Wunderstute Olympia-Gold. Ein Gespräch mit dem bald 90-Jährigen über Karriere und Schicksalsschläge.

Aachen. 

Der Ritt in die Geschichtsbücher ist bald 60 Jahre her. 17. Juni 1956, olympisches Springreiten in Stockholm. Durchdrungen von Schmerzen kauert Hans Günter Winkler im Sattel seiner Stute Halla. Nach einem Muskelriss in der Leiste kann sich der 29-Jährige kaum halten. Doch Halla kämpft für zwei. Das Pferd trägt ihn zu Gold. Es wird Wunderstute getauft.

Bilder einer imposanten Karriere. Winkler gehört zu den größten Sportpersönlichkeiten Deutschlands. Beim CHIO in Aachen (8. bis 17. Juli 2016) wird der heute 89-Jährige mit einer Gala geehrt. Seine Stimme hat an Kraft verloren, doch sein Geist ist hellwach, wie sich im Interview herausstellt.

Herr Winkler, was bedeutet Ihnen diese Gala?

Hans Günter Winkler gewährt einen Einblick in den BirkenhofHans Günter Winkler: Aachen ist meine zweite Heimat. Es hört sich vielleicht so an, als wolle ich mich einschmeicheln, aber diese Stadt und dieses Turnier sind einmalig auf der Welt. Mit Aachen verbinde ich viele Erinnerungen. Als ich das erste Mal hierherkam, war ich noch eine Null, keiner hat Hurra geschrien. Später haben mich die Leute mit großem Applaus empfangen. Wenn nun Otto Becker, der Bundestrainer unserer Springreiter, bei so einer Gala eingebunden wird, bin ich besonders erfreut.

Es ist 30 Jahre her, dass Sie Ihre Karriere beendet haben. Bis heute verzaubern Sie das Publikum. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Winkler: Ich war immer freundlich. Als junger Reiter musste ich nett sein, denn Nettsein war das einzige, das ich zu bieten hatte. Heute fragen sich die Zuschauer vielleicht, ob ich noch in der Lage sein werde, meinen Arm zu heben und zu winken. Doch das bin ich. Ich kann keine 100 Meter mehr laufen, aber das muss ich ja auch nicht.

Mit welchen Gefühlen verfolgen Sie den Reitsport heute?

Winkler: Das ist alles riesig geworden, sehr gewaltig. Es ist wie mit dem Fußball. Der Sport wird vom Geld beherrscht, aber das ist zunächst nichts Schlimmes. Geld ist ein sehr wichtiger Faktor. Allerdings wird dadurch auch der Leistungsdruck immer größer.

Hätten Sie sich als junger Mann träumen lassen, eines Tages einer der besten Reitsportler der Welt zu werden?

Winkler: Ich habe früh darauf hingearbeitet, der Beste in meinem Sport zu sein. Ich wollte für Deutschland reiten. Sonst wäre ich Offizier geworden und hätte eine andere Laufbahn eingeschlagen. Aber im Grunde hätte ich als Offizier wohl genauso gekämpft wie als Reiter. Auch da wäre die Konkurrenz groß gewesen und ich hätte mich durchbeißen müssen. Das Reiten wurde mir sicher nicht in die Wiege gelegt. Ich war zunächst ein durchschnittlicher Reiter. Doch dann kam die Stute Halla.

Halla galt als schwieriges Pferd. Woran lag es, dass Sie so gut mit ihr zurechtgekommen sind?

Winkler: Das stimmt. Halla war eine kleine Zicke. Aber ich hatte das richtige Gefühl für sie. Ich wusste immer mit Frauen umzugehen und ich wusste mit schwierigen Pferden umzugehen (lacht). Es gibt doch dieses Lied: Ich brech’ die Herzen der stolzesten Frauen. . . Außerdem habe ich schon als Kind gelernt, Probleme zu lösen. Wer regungslos stehen bleibt, verliert.

Bei der Gala wird es einen Film über Ihr Leben geben. Ältere Aufnahmen zeigen Sie darin als attraktiven jungen Mann. Waren Ihnen die Frauen zugetan?

Winkler: (lächelt) Ich war viermal verheiratet. Reiten, reiten, reiten und abends Empfänge. Wenn man so viel unterwegs ist und so engagiert ist im Sport, hält das die beste Verbindung nicht aus. Das ist so wie bei den Filmschauspielern. Aber das hat nichts damit zu tun, dass man sich nicht mag. Die Frauen waren auch meine Freunde.

Im Juli werden Sie 90. Welche Ziele haben Sie noch?

Winkler: Ich gehe davon aus, dass ich noch fünf Jahre habe. Kürzlich habe ich mich vom Arzt durchchecken lassen, ich bin gesund. Jeden dritten Tag mache ich Gymnastik. Das Schlimmste, was mir im Leben passiert ist, war der Tod meiner Frau Debby vor fünf Jahren. Wir hatten verabredet, eine Stiftung zu gründen. Das habe ich getan. Die Hans-Günter-Winkler-Stiftung liegt mir sehr am Herzen. Dazu gehört, dass der Birkenhof (sein Gut in Warendorf, d.Red.) als Aushängeschild mit meinen vielen Preisen erhalten bleibt. Hier sollen die Menschen sich anschauen können, was der Winkler alles erreicht hat.