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Biathlon-Star Michael Greis beendet überraschend seine Karriere

Biathlon-Star Greis beendet überraschend seine Karriere

Michael Greis, einer der verdientesten Biathleten Deutschlands, ist zurückgetreten. Am Mittwoch stellte der 36-Jährige das Gewehr in die Ecke. Grund: Der Körper macht nicht mehr mit. Die Entscheidung zum Rücktritt vom Biathlon-Leistungssport sei bei Michael Greis in seinem letzten Rennen in Östersund gefallen.

Kempten. 

Michael Greis hat einen Schlussstrich gezogen. Nach drei olympischen Goldmedaillen, drei WM-Titeln und dem Gewinn des Gesamtweltcups 2007 hängt der 36 Jahre alte Biathlet Ski und Gewehr an den Nagel. Eine Woche nach dem Weltcup-Auftakt im schwedischen Östersund verkündete Greis überraschend in seiner Heimat sein Karriereende – fast auf den Tag genau ein Jahr nach Magdalena Neuner.

„Hallo liebe Biathlon-Fans, heute möchte ich Euch eine Entscheidung mitteilen, mit der ich mich schon länger beschäftigt und die ich am Wochenende beim Weltcup in Östersund endgültig getroffen habe: Ich beende meine sportliche Karriere. Das Einzelrennen beim Weltcupauftakt war mein letzter Wettkampf“. Während des Rennens sei diese Erkenntnis gereift: „Es war so präsent. Ich habe gewusst, das ist mein letztes Schießen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, ich hätte das nicht so gedacht.‘

Greis hatte den absoluten Glauben und das Gewinner-Gen verloren

Im karierten Hemd und blauer Jeans trat Greis vor die versammelte Presse. Der als Tüftler bekannte Skijäger suchte ein bisschen nach den richtigen Worten, dann erklärte er mit einem Anflug eines Lächelns: ‚Klar geht es um meinen Rücktritt. Irgendwann ist die Zeit reif, heute ist es soweit.‘

Greis wirkte gefasst, zufrieden mit sich und seiner Entscheidung: ‚Mir geht es gut.‘ Das Aufhören sei ein ‚längerer Prozess‘ gewesen. Bereits im vergangenen Winter hatte es immer wieder Spekulationen um den Gold-Jungen von Turin 2006 gegeben, der damals mit drei Goldmedaillen auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn war. „Im Leistungssport muss man den absoluten Glauben, den Willen und das Gewinner-Gen in sich tragen. Ist dies nicht mehr der Fall, hat man bei der Leistungsdichte, die heutzutage im Biathlon vorherrscht, keine Chance“, sagte Greis.

Nach der guter Vorstellung bei der Heim-WM in diesem Jahr in Ruhpolding ‚habe ich wieder an mich geglaubt‘. Greis war ‚gut über die Sommersaison gekommen, auch wenn man merkt, die Dinge laufen nicht optimal‘.

Bei Biathlon-Auftakt in Östersund hat bei Greis der Biss gefehlt

Nach Östersund war er gefahren, um ‚ein gutes Gefühl zu haben. Das ist mir nicht gelungen. Ich wollte mich nicht an der Konkurrenz messen, sondern schauen, wie es mir geht.‘ Es lief nicht gut, Platz 67 im Einzel über 20 km. In einer starken deutschen Mannschaft fiel ausgerechnet der frühere Leitwolf deutlich ab.

‚Das Rennen war gelaufen, bevor es richtig angefangen hatte‘, schilderte Greis, der nötige Biss sei nicht mehr vorhanden gewesen. Da habe er gewusst, dass es nach zehn Jahren im Weltcup sein letztes Rennen werden würde.

‚Es ist ein großer Verlust für uns. Michi war ein enorm erfolgreicher Athlet und in gewisser Weise das Rückgrat der Mannschaft‘, sagte Bundestrainer Uwe Müßiggang dem SID. DSV-Generalsekretär Thomas Pfüller ergänzte: ‚Nicht nur wegen seiner Siege bei Olympia gehört Michael Greis zweifellos zu den größten Biathleten aller Zeiten.

Neuner und Greis verabschieden sich bei Biathlon-Challenge auf Schalke

In der Wachskabine habe er seinen Trainer Fritz Fischer und Mark Kirchner seinen Entschluss mitgeteilt. Die ehemaligen Weltklasse-Athleten hätten Verständnis gezeigt. ‚Es ist ein komisches Gefühl, aber ich bin nicht verbittert‘, sagte Greis. Er sei es sich selbst schuldig gewesen, diese Entscheidung so zu treffen, auch, aber nicht nur, um der Jugend eine Chance zu geben. Er selbst will sich jetzt seinem Studium des internationalen Managements kümmern und dem Sport irgendwie erhalten bleiben: ‚Dazu liebe ich Biathlon zu sehr.‘ Sein definitiv letztes Rennen bestreitet Greis am 29. Dezember bei der World Team Challenge auf Schalke – wo auch Magdalena Neuner sich endgültig von ihren Fans verabschieden wird.

Den letzten Pokal seiner Karriere bekam Greis aus den Händen von DSV-Geschäftsführer Stefan Schwarzbach überreicht, für die WM-Bronzemedaille mit der Staffel. ‚Der verstaubt seit März in meiner Garage‘, scherzte Schwarzbach, und der frischgebackene Biathlon-Rentner Greis bestätigte das sofort: ‚Er ist ein bisschen verstaubt – genau wie ich.‘

Greis holte 2006 olympisches Gold im Einzel- und im Staffellauf sowie beim Massenstart. Bereits 2004 war er Biathlon-Weltmeister in der Staffel geworden und holte zwei weitere Erstplatzierungen im Jahr 2007 und 2008. (dapd/sid)