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Welche Planungen bei Thyssen-Krupp für die Zeit nach Berthold Beitz laufen

Welche Planungen für die Zeit nach Berthold Beitz laufen

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Flagge Villa Hügel Foto: Sebastian Konopka
Nach dem Tod von Patriarch Berthold Beitz beginnt mit dem Wechsel an der Spitze der Krupp-Stiftung eine neue Ära – auch für den Essener Traditionskonzern Thyssen-Krupp. Die Macht wird wohl auf mehrere Akteure verteilt, der Abstand der Stiftung zum Konzern dürfte größer werden. Über das Spitzenpersonal wird viel spekuliert.

Essen. 

Vor dem Stammhaus der Familie Krupp weht die Fahne mit den drei Ringen auf Halbmast. Von dem historischen Fachwerkbau sind es nur wenige Schritte bis zur neuen Firmenzentrale des Konzerns Thyssen-Krupp.

Das Areal in Essen steht gewissermaßen für Vergangenheit und Zukunft des Traditionsunternehmens mit seinen weltweit 150.000 Mitarbeitern. Mit dem Tod des Firmenpatriarchen Berthold Beitz steht der Konzern vor einer ungewissen Zukunft. Bis zuletzt hat der 99-jährige Stiftungschef Einfluss genommen im Konzern.

Krupp-Stiftung als größter Einzelaktionär

Die gemeinnützige Krupp-Stiftung ist das Vermächtnis des letzten persönlichen Inhabers der Firma. Mit seinem Tod am 30. Juli 1967 – auf den Tag genau 46 Jahre, bevor Beitz am Dienstag starb – und dank des Erbverzichts seines Sohnes Arndt von Bohlen und Halbach ging das Vermögen des Industriellen auf die Stiftung über.

Heute hält sie 25,3 Prozent der Anteile des Konzerns und ist damit nicht nur größter Einzelaktionär, sondern auch ein Bollwerk gegen mögliche Übernahmen durch Konkurrenten. Jahrzehntelang hat Beitz die Geschicke der Stiftung gelenkt – und zwar im Vorstand und im Kuratorium der Stiftung.

Jetzt kommt wohl eine Satzungsänderung zum Tragen, die Beitz selbst angekündigt hatte. Nach seinem Tod werde eine Gewaltenteilung zwischen dem Vorstand und dem Kuratorium eingeführt, der neue Stiftungsvorsitzende solle wählbar und damit auch abwählbar werden und künftig sollten keine Aufsichtsratsmitglieder des Konzerns mehr im Kuratorium sitzen, hatte Beitz Mitte März erklärt. Es entspricht dem Gedanken, dass es „nach Beitz keinen Beitz mehr geben wird“.

„Nach Beitz wird es keinen Beitz mehr geben“

Wurde Thyssen-Krupp in der Vergangenheit fast wie ein Familienunternehmen geführt, vollzog sich in jüngerer Zukunft eine Normalisierung des Verhältnisses zwischen Stiftung und Unternehmen. Auch die Berufung des stiftungsfernen Managers Ulrich Lehner an die Spitze des Konzernaufsichtsrats galt als Signal. Ein Symbol für den Abschied von einer vergangenen Industrieära ist auch, dass Thyssen-Krupp seine Jagdpachten abgibt.

Doch wer wird Beitz im Kuratorium und im Vorstand der Stiftung nachfolgen? Viele Mitglieder der Gremien sind in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Zu den Ausnahmen gehören NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und der ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen. Stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums ist der 90-jährige Astrophysiker Reimar Lüst. Auch die Beitz-Tochter Susanne Henle gehört dazu. Dass sie die Nachfolge ihres Vaters antritt, hatte Beitz im März ausgeschlossen.

Auch der Name von Pleitgen fällt, wenn über den möglichen Stiftungschef spekuliert wird. „Das ist die kühnste Karriere-Spekulation meines Lebens. Sehr ehrenhaft. An dieser Sache ist nichts dran“, sagte Pleitgen. Eine hervorgehobene Position im Kuratorium hat Ministerpräsidentin Kraft qua Amt. Bei einer der wohl wichtigsten Zukunftsentscheidungen für das Unternehmen hat sie damit ein gewichtiges Wort mitzureden.

Was hätte Berthold Beitz dazu gesagt?

Wegen der Konzernkrise ging die Krupp-Stiftung bei der Dividende zuletzt leer aus. Es gilt als unwahrscheinlich, dass sie bei einer womöglich erforderlichen Kapitalerhöhung mitzieht. Spekuliert wird, die vom früheren Bundeswirtschaftsminister Werner Müller geführte Essener RAG-Stiftung könnte einspringen. Es wäre eine weitere im Ruhrgebiet verankerte Stiftung als Hauptaktionär für Thyssen-Krupp.

„Was hätte Alfried dazu gesagt?“ Diese Frage stellte Beitz sich immer wieder bei unternehmerischen Entscheidungen. Womöglich stellt sich ein Nachfolger bald die Frage: „Was hätte Beitz dazu gesagt?“