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Schalke-Fanclub hält enge Kontakte zur Nazi-Szene

Schalke-Fanclub hält enge Kontakte zur Nazi-Szene

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Foto: Bodo GOEKE

Gelsenkirchen. 

Der FC Schalke 04 zählt zu den beliebtesten Vereinen der Welt und darf sich über rund 1.500 Fan-Clubs in Nah und Fern freuen. Ausgerechnet in Gelsenkirchen, quasi vor der Haustür der Königsblauen, sitzt ein Fan-Club, der enge Kontakte zur rechtsradikalen Szene unterhält.

Schalke 04 rühmt sich gerne, besonders aktiv im Kampf gegen rechtsradikale Tendenzen in seiner Fan-Szene vorzugehen. So verwehrt die Satzung des Klubs Mitgliedern rassistischer oder neo-nazisitischer Organisationen die Mitgliedschaft. 2005 wurde ein Münsteraner NPD-Funktionär sogar aus dem Verein ausgeschlossen. Mitgliedschaften in einer rechtsextremen Partei und im FC Schalke 04 seien nicht miteinander vereinbar, so die Begründung des Vereins damals. Doch auch der FC Schalke kann seinen Fans nur vor den Kopf schauen, nicht hinein. Was der Anhang politisch außerhalb des Stadions treibt, erfährt der Verein nur selten.

Ruhrgebiets-Flair in Ückendorf

Ein Kiosk an der Ückendorfer Straße in Gelsenkirchen-Ückendorf. Foto: Martin Möller
Ein Kiosk an der Ückendorfer Straße in Gelsenkirchen-Ückendorf. Foto: Martin Möller
Foto: WAZ

Im Süden Gelsenkirchens liegt an der Grenze zu Wattenscheid der Stadtteil Ückendorf. Der Ort verströmt das klassische Ruhrgebiets-Flair: eine ausgediente Zeche, Trinkhallen, Kleingärten – und ein Schalker Fan-Club, die Blue Power Ückendorf. Die Blue Power besteht aus harten Jungs mit Lederwesten und martialischem Auftreten. Passend dazu ihr Logo: eine Bulldogge. In der Fan-Szene gilt die Gruppe als gewaltbereit. Ein Banner des berüchtigten Motorrad-Clubs Bandidos auf der Homepage der Ückendorfer unterstreicht diesen Eindruck. Oberflächlichkeiten, mag mancher meinen.

Doch nach Recherchen von DerWesten ist das längst nicht alles. Vor einigen Wochen noch verlinkte die Blue Power Ückendorf auf ihrer Internetseite zu einem harmlos wirkenden Musikvideo mit dem Titel „Mein Schalke“ von einem Bandprojekt namens „Ruhr-GE-Beat“. Der Macher des Videos nennt sich „Pernod1904“ – hinter diesem Pseudonym verbirgt sich Maik E., der Vorsitzende der Blue Power Ückendorf. Maik E. tritt im Web außerdem noch mit dem Pseudonym „Terror“ auf. Die Musik von „Mein Schalke“ stammt jedoch nicht von besagtem Maik E. aus Ückendorf, sondern von einer festen Größe der rechtsradikalen Musik-Szene: Jens Brucherseifer, Frontmann der Gruppe „Sturmwehr“. Die rechte Band ist längst schon dem nordrhein-westfälischen Innenministerium bekannt, einige Veröffentlichungen wurden aufgrund der neo-nazistischen Ausrichtung indiziert.

Schalke-Songs „just for fun“

Jens Brucherseifer nahm in den Jahren 2006 und 2007 „just for fun“, wie er auf seiner MySpace-Seite schreibt, einige Schalke-Titel auf. Darunter auch den Song „Ich liebe das Revier“. Das Video zum Song schnitt Schalke-Fan Maik E. zusammen: Am Ende des Spots wird der Schriftzug „Made by Terror-Vision“ eingeblendet. Anschließend folgt ein Verweis auf die Seite des Schalker Fanclubs Blue Power Ückendorf.

"Combat 18" ist der Name des militanten Arms des in Deutschland verbotenen Nazi-Netzwerks "Blood and Honour".
„Combat 18“ ist der Name des militanten Arms des in Deutschland verbotenen Nazi-Netzwerks „Blood and Honour“.

In eben dem Gelsenkirchener Stadtteil führt Rechts-Sänger Brucherseifer ein bürgerliches Leben, engagiert sich im Kleingartenverein KGV Gelsenkirchen-Süd – der Nazi als Biedermann. Maik E. hingegen ist – zumindest, wenn man einem Gästebucheintrag auf der Internet-Seite der Blue Power Ückendorf Glauben schenkt – , auch außerhalb Gelsenkirchens aktiv, etwa in Ense-Bremen am Rande des Sauerlands. „Euer werter Member Maik aka Terror hat’s mit seiner Aktion geschafft, die Ense-Bremer Einkaufspassage von einem schwatt-gelben Gelumpe zu befreien und zu säubern. Schön wäre es nun natürlich, wenn wir hier die „ölaugen“ (Ein Synonym für Türken, Anm. d. Red) auch noch loswerden würden“, heißt es unter anderem in dem Eintrag.

Nazi-Bekenntnisse auf T-Shirts

Doch das ist nur der dezenteste Hinweis auf Verknüpfungen des Ückendorfer Fan-Clubs zur Nazi-Szene. Harte Fakten liefert die Vereinigung selbst – in ihrer Bildergalerie. Unter http://blue-power.magix.net präsentieren die Ückendorfer Fotos von ihrer Weihnachtsfeier. Auf den ersten Blick feiert dort ein wilder Haufen, wie es ihn überall gibt. Doch bei näherem Hinsehen zeigen sich verräterische Details.

Ein Partygast trägt ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Terroristen mit E-Gitarren“ – ein Shirt der Neonazi-Kult-Band „Landser“. Auf einem anderen T-Shirt steht die Aufschrift „Combat 18 Actiongroup“. Combat 18 ist der äußerst militante Arm des Neonazi-Netzwerks „Blood and Honour“, das in Deutschland verboten ist. Große Symbolfigur von Blood and Honour ist der verstorbene Sänger der britischen Nazi-Band Screwdriver, Ian Stuart Donaldson. Und just dieser Name prangt denn auch auf einem T-Shirt eines weiteren Ückendorfer Partygasts.

Nicht negativ aufgefallen

Schalkes Ober-Fan Rolf Rojek sind die Ückendorfer noch nicht negativ aufgefallen. Foto: Cornelia Fischer
Schalkes Ober-Fan Rolf Rojek sind die Ückendorfer noch nicht negativ aufgefallen. Foto: Cornelia Fischer
Foto: Cornelia Fischer

Die Beweise für eine klar rechtsradikale Gesinnung zumindest einiger Mitglieder der Blue Power Ückendorf sind erdrückend. Doch Rolf Rojek, Vorsitzender des Schalker Fanclub-Dachverbandes (SFCV), der rund 1.000 Fanclubs der Königsblauen vertritt, kann nicht bestätigen, dass die Ückendorfer Fans jemals negativ aufgefallen seien. „Die trinken ihr Bierchen und fahren zu den Spielen“, so Rojek. Zwar sei die Blue Power schon lange nicht mehr Mitglied im SFCV, doch habe man sich nicht im Unfrieden getrennt. Über eine rechte Gesinnung der Blue Power Ückendorf kann Rojek keine verbindliche Auskunft geben: „Wir sind ja keine Streetworker, die auch zwischen den Spielen kontrollieren, was die Fans machen. Wichtig ist, dass sie sich benehmen, wenn sie irgendwo hinfahren.“

Auch beim FC Schalke 04 ist nichts von einer rechtsradikalen Ausrichtung der Blue Power bekannt. Auf Anfrage von DerWesten recherchierten Verantwortliche der Königsblauen selbst nach und fanden keine Hinweise, die die Ückendorfer in die Nähe von Neo-Nazis rücken.

Das würde allerdings schon ein gehobenes Maß an Dummheit seitens der Blue Power voraussetzen. Die Ückendorfer werden wissen, was ihnen droht, wenn sie ihre Gesinnung im Stadion-Umfeld offen zur Schau stellen. Die Bilder von der privaten Weihnachtsfeier sprechen da eine andere – ganz eindeutige – Sprache.