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Zurück zu den Wurzeln

Zurück zu den Wurzeln

Tutzing. 

Ja gut, der Bahnhof ist ein bisschen schäbig. Aber sonst ist es nett hier in Tutzing, selbst jetzt im Winter, in dem der Starnberger See in der tief stehenden Sonne etwas einsam aussieht. Blasmusik würde zum Panorama passen, berühmt aber ist das 10000-Einwohner-Städtchen für die Rock-Sounds, die hier entstehen, seit Peter Maffay vor gut 30 Jahren einen Studio-Komplex gebaut hat. „Auf unserem Hügel“, wie er gerne sagt. Nicht weit weg vom Wasser und mit herrlichem Blick auf die Alpen. Genießen konnte der 64-Jährige beides kaum in den letzten Monaten. Denn er hat ein neues Album aufgenommen. „Wenn das so ist“ heißt es und ist das erste seit fünf Jahren mit neuem Material – wenn man Tabaluga nicht mitrechnet.

Deshalb hat er ins Studio geladen. Schließlich sind fünf Jahre „eine verdammt lange Zeit“. „Da fragt man sich schon, was soll es denn dieses Mal bitte schön sein“, sagt Maffay. Die Antwort darauf tönt zu Beginn des Besuches aus exzellenten Boxen im Technikraum und klingt nach schnörkellosem, manchmal etwa rauem Rock. Bei der neuen Single „Hallelujah“ mit einer Prise Spiritualität, bei „Die Geister die ich rief“ mit einer ordentlichen Portion Blues. Mal geht es ordentlich nach vorne, mal gibt es eine Ballade. Alles in allem ist das Ergebnis wohl so, wie Maffay sich das vorgestellt hat. „Ich habe“, wird er später mal sagen, „keine offenen Fragen mehr.“

Wer schon mal länger mit dem Sänger gesprochen hat, der weiß, dass er solche Sätze nicht einfach so dahin sagt. Maffay plaudert zwar gerne aber er plappert nie. Deshalb kann er natürlich auch erklären, warum er mit dem jüngsten Werk recht zufrieden ist. „Es zeigt, wo wir musikalisch stehen, welche Themen wichtig für uns sind“, sagt er und meint mit „wir“ seine Band oder wie er sie nennt: „Ein guter Haufen von Leuten, sehr eng zusammen.“

Und wenn er dann erzählt, von den Stunden im Studio, in denen sie die neuen Nummern eingespielt haben, dann klingt diese Zeit nach einem großen Vergnügen. Maffay nickt. Auch ein Verdienst von Schlagzeuger Bertram Engel. „Lass uns spielen wie früher im Probenraum“, hat er vorgeschlagen. „Früher, als wir 17 oder 18 Jahre alt waren.“ Das haben sie dann über weite Strecken auch gemacht, haben Musik aus dem Bauch gespielt, ohne sich unendlich viele Gedanken über Stilistik und Arrangements zu machen. „Wir spielen heute viel leichter und befreiter als früher“, hat Maffay festgestellt. Wohl auch, weil sie niemandem mehr etwas beweisen müssen. Nicht sich selbst, aber auch nicht den Fans da draußen. „Man spielt etwas und wenn es sich gut anfühlt ist es richtig.“

40 Millionen Tonträger und über zehn Millionen Tickets verkauft

So haben sie zu sich selbst gefunden, Maffay und die Jungs seiner Band. Und sind sich dabei „treu geblieben“. „Sich zu verbiegen und irgendwelchen Trends gerecht zu werden, würde bedeuten, dass wir eine mühsam über die Jahre zustande gekommene Kontur wieder aufgeben. Das würde keinen Sinn machen.“ Zumal, sagt er, weil wir „eine Fanbasis haben, die mit unseren Parametern einverstanden ist“.

Natürlich sagt sich das recht einfach, wenn man mehr als 40 Millionen Tonträger und zehn Millionen Konzerttickets verkauft hat. Maffay leugnet auch nicht, dass er längst ausgesorgt hat. Aber es ist nicht das Geld, das ihn antreibt. War es nie, sagt er. „Wenn es nur ums Geld geht, ist es die falsche Entscheidung, Musik zu machen. Denn Musik gibt keine Garantie für nichts.“

Aber sie hilft ihm. „Wenn es mir mal schlecht geht, greife ich zur Gitarre. Sechs Saiten sind für mich besser als jeder Psychologe.“ Und weil er mit seinen Songs so erfolgreich ist, kann er mit seiner Stiftung auch anderen helfen. Dafür kommt die eigene Familie manchmal zu kurz. Studioarbeit, Promotion, Interviews, „manchmal sehe ich meinen Sohn einen ganzen Monat lang nicht“, erzählt Maffay und hat längst erkannt: „Alles auf der Welt hat seinen Preis.“