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Nachts zu! Wie Banken auf Geldautomatensprengungen reagieren

Nachts zu! Wie Banken auf Geldautomatensprengungen reagieren

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Wieder ein Geldautomat in Duisburg gesprengt ## Geldautomat ## Foto: Archiv/Stephan Eickershoff, FUNKE Foto Services
  • 114 Sprengungen von Geldautomaten in Nordrhein-Westfalen
  • Zahl der Versuche durch Trittbrettfahrer nimmt zu
  • Banken ergreifen verschiedene Maßnahmen zur Abschreckung

An Rhein und Ruhr. 

„0 bis 23.59 Uhr“: Geldautomaten in Deutsche Bank-Filialen in Essen sind nach wie vor für Kunden rund um die Uhr erreichbar. Doch viele Banken und Sparkassen in NRW schließen ihre Geldautomaten-Foyers inzwischen ab – weil man sich einen bestimmten Teil der „Kunden“ vom Leibe halten will: Kriminelle, die Geldautomaten sprengen.

114 Fälle hat das NRW-Landeskriminalamt (LKA) bis Ende Oktober aufgelistet. Und die Serie geht weiter. Im gesamten Jahr 2015 waren es 67 Sprengungen, erstmals bei uns in den Blick gekommen waren diese Taten im Jahr 2012, als in NRW insgesamt neun Sprengungen gezählt wurden.

Gesprengte Geldautomaten ziehen „Trittbrettfahrer“ an

Doch auch die Zahl der „Versuche“ mit Schaden, aber ohne Beute sei auffällig gestiegen, sagt eine LKA-Sprecherin. Mehr als 50 wurden bis Ende Oktober in NRW gezählt.

„Das kann daran liegen, dass die Fälle mehr ‚Trittbrettfahrer‘ angezogen haben, denen es an Knowhow mangelt“, vermutet man im LKA. Täter könnten es inzwischen jedoch auch mit schwerer zu knackenden Automaten zu tun haben.

Sparkassen traf es bis dato am häufigsten

Die Banken halten sich bedeckt: „Wir machen generell keine Angaben zu Schadenshöhe und Sicherheitsfragen“, sagt etwa ein Sprecher der Deutschen Bank, bei der Kriminelle in diesem Jahr – Stand Ende Oktober – 15-mal zugeschlagen haben, bei 536 Geldautomaten insgesamt in NRW.

Von den absoluten Zahlen her traf es die Sparkassen am häufigsten, die bis dato mehr als 30 Taten zählen. Mit gut 5000 Geldautomaten in NRW haben sie das dichteste Netz – gerade im ländlichen Raum, den Täter als Tatorte nach wie vor bevorzugen.

Farbbombe im Automaten – Geld behält seinen Wert

Die Täter kommen zumeist aus den Niederlanden. Dort sind Geldautomaten offenbar besser geschützt als bei uns: „In den Niederlanden sind Färbesysteme eine rechtliche Vorgabe“, sagt Lars Bösel, Director IT Services beim Geldautomaten-Hersteller NCR: „Wird versucht, den Tresor des Automaten gewaltsam zu öffnen, wird das Bargeld eingefärbt und damit unbrauchbar gemacht“.

Gleichwohl schränkt man beim NRW-LKA ein, dass auch gefärbtes Bargeld seinen Geldwert behält: „Es erschwert Kriminellen nur die Vermarktung der Beute“.

Skimming-Angriffe noch immer Bedrohung Nummer eins

Laut Bösel „gibt es durchaus Institute in Deutschland, die Geldeinfärbesysteme nutzen“. Auch steige die Zahl der Geldautomaten, die mit Sicherungstechnologien nachgerüstet werden – zum Beispiel Vorrichtungen, durch die eingeleitetes Gas wieder ausströmt.

Angesichts von 58.000 Geldautomaten bundesweit habe die Zahl der Schäden durch Sprengungen „einen geringen Anteil“. Skimming-Angriffe, also das Ausspähen von Kartendaten an Automaten, sei weltweit gesehen „immer noch die Bedrohung Nummer eins. Daher müssen Sicherheitskonzepte nicht nur eine mögliche Schwachstelle abdecken, sondern ganzheitlich betrachtet werden“.

Im Durchschnitt 100.000 Euro Sachschaden

Die Schäden für die Banken dürften inzwischen in die Millionen gehen: „Durch Sprengungen sind bei den Volksbanken Sachschäden im Durchschnitt von knapp 100.000 Euro entstanden. Hinzu kommt der Wert des gestohlenen Bargelds“, sagt Asmus Schütt, Sprecher des Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverbands.

Details zur Sicherheit ihrer Geldautomaten verraten Kreditinstitute nicht. Man sei zusammen mit Versicherern, Polizei und Automatenherstellern „in regelmäßigen Runden“ im Gespräch.

Nachrüstung kostet bis zu 3000 Euro je Automat

Beim Hersteller NCR wird empfohlen, Geräte nach sieben bis acht Jahren auszutauschen – „damit die Technik immer auf dem aktuellsten Stand ist“. Es gebe jedoch Systeme in Deutschland, die doppelt solange im Betrieb sind – „oder länger“.

Nach Angaben der Geldautomaten-Industrie müssen Banken für die Nachrüstung zwischen 1500 und 3000 Euro je Gerät kalkulieren. Es geht auch anders – auf Kosten von Kunden-Service.

Geldautomaten werden nachts kaum genutzt

„Die meisten SB-Zonen in unseren Filialen in NRW werden inzwischen nachts geschlossen. Der genaue Zeitraum wird vor Ort individuell festgelegt. Unsere Kunden werden diesbezüglich informiert“, teilt eine Sprecherin der Commerzbank mit.

„Es gibt mittlerweile viele Institute, die ihre Foyers in den besonders gefährdeten Nachtstunden schließen“, sagt eine Sprecherin des Rheinischen Sparkassenverbands. Kunden würden dies allerdings kaum merken: „Nur weniger als 1,5 Prozent der Transaktionen an den Automaten werden nachts getätigt“.

Abgeschlossenes Foyer kann Tätern viel Zeit kosten

„Wir halten jede taterschwerende Maßnahme für grundsätzlich geeignet“, heißt es bei den Sparkassen. Eine abgeschlossene Foyer-Tür könne Tätern wertvolle Zeit kosten, sagt man auch bei LKA. Besonders wichtig seien aufmerksame Zeugen, wie Mitte September in Ratingen-Lintorf.

Weil Anwohnern in einem Wohngebiet am frühen Morgen des 15. September zwei Autos mit niederländischen Kennzeichen auffielen, gingen der Polizei insgesamt fünf Verdächtige ins Netz; drei von ihnen sollen zuvor den Automaten einer Commerzbank in der Nähe gesprengt. Alle fünf sind niederländischer Nationalität und sitzen seitdem in Untersuchungs-Haft. „Die Ermittlungen laufen noch“, heißt es bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Düsseldorf.