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Drei Leben lang NRW

Drei Leben lang NRW

Kevelaer - NRW feiert den.jpg
Foto: Lars Heidrich
Nordrhein-Westfalen feiert seinen 70. Ehrentag. Wir haben mehrere Generationen NRWler getroffen. Sie erzählen ihre Geschichte.

An Rhein und Ruhr. 

Nordrhein-Westfalen feiert runden Geburtstag. Den siebzigsten genauer gesagt. Sieben Jahrzehnte ist es also her, seit die Besatzungsmacht Großbritannien 1946 die preußische Rheinprovinz, die preußische Provinz Westfalen und das Land Lippe zusammenlegte. Das bevölkerungsreichste Bundesland der Republik hat sich seitdem stark gewandelt. Von Kohle und Stahl zu IT und Wissenschaft, von dunkler Aschewolke zu grüner Lunge. Wir haben drei Generationen NRWler getroffen. Sie erzählen uns, was das Leben zwischen Rhein und Ruhr für sie bedeutet.

Als Heinz Wehmeyer im März ‘46 in Kamp-Lintfort geboren wurde, existierte das Bundesland Nordrhein-Westfalen noch nicht. Erst fünf Monate später wurde der britische Plan umgesetzt. Wehmeyer aber, das kann man sagen, hat das Land erlebt. Er ist eine Frohnatur, strahlt, wenn er über sein Kamp-Lintfort spricht. Und das, obwohl der Start ins Leben durchaus schwer war. Sein Vater verstarb früh, so wuchs er allein mit seiner Mutter in der Bergmannsiedlung Alte Kolonie auf. Sie war Putzkraft auf der Zeche. Geld war knapp. Klein-Heinz musste schon früh lernen mitzuhelfen. „Für 50 Pfennig die Stunde habe ich im Tennisclub Bälle gesammelt. Das haben meine Mutter und ich dann zusammengeschmissen. Davon haben wir gelebt.“ Später ergreift Wehmeyer den gleichen Beruf, den auch sein verstorbener Vater gelernt hatte – Bergmann.

Erst als Lehrling, dann Steiger, später Ingenieur. Mit dem Verschwinden der Zechen, endet das Kapitel auch für ihn. „Seitdem hat sich viel verändert. Ich würde sogar sagen, dass sich alles zum Positiven gefügt hat. Wenn wir früher aus Österreich Richtung Rheinland fuhren, dann sah das aus, als fährt man in eine schwarze Wand. Heute ist das ja nicht mehr so.“

Nächstes Jahr ist Goldene Hochzeit

Wehmeyer feiert nächstes Jahr die Goldene Hochzeit mit seiner Frau Gisela, zwei erwachsene Töchter haben die beiden. Weg möchte er nicht mehr: „Hier ich bin ich geboren, hier gehöre ich hin.“

Nur 35 Kilometer weiter östlich wohnt und arbeitet Petra Holtappels. Die 39-Jährige leitet in dritter Generation ein Blumengeschäft im Wallfahrtsort Kevelaer. „Ich würde hier im Leben nicht wegziehen, so viel steht fest“, ist sie sicher.

Holtappels hat sich ihr florales Paradies geschaffen. Inmitten von Blumen, Wald und Gewächs wohnt sie noch heute an der Straße, an der sie aufgewachsen ist. Dort, wo sie als Kind den Federball in den Wind schlug und auf Bäume kraxelte. „Ich liebe an NRW vor allem das Ländliche. Jeder kennt sich, man geht auf die Straße und wird direkt von den Nachbarn angesprochen.“ Die Floristmeisterin weiß, wovon sie spricht. Zwei Jahre lebte sie in einer Millionenstadt. In Köln. Absolvierte dort ihre Meisterschule, doch der Flair der Großstadt konnte sie nicht fangen. Direkt nach der Prüfung ging es wieder zurück in die heimische Provinz. „Wir am Niederrhein sind nun mal ein eigener Schlag Mensch. Offen, aber auch heimatgebunden. Wir sagen halt, was wir denken, ob das nun gerade passt, oder nicht!“

Vom Sauer- ins Rheinland

Das musste auch Jana Marquardt erfahren. Die heute 19-Jährige zog als kleines Kind aus dem sauerländischen Iserlohn ins Rheinland. Nach Moers. Ein riesiger Unterschied im Menschsein, wie sie sagt. Und das, obwohl gerade einmal 100 Kilometer zwischen den beiden Städten liegen.

„Im Sauerland sind die Leute distanzierter. Man grüßt sich nicht direkt oder freut sich, wenn man einander sieht. Mit vier Jahren kam ich dann nach Moers und ich habe mich sofort wohl gefühlt.“ Hier ging sie in den Kindergarten, die Grundschule, machte ihr Abitur. Jetzt steht der nächste große Schritt an – das Studium.

Die Uni Düsseldorf wird der Ort der Ausbildung, Germanistik und Politikwissenschaft die Schwerpunkte. Ein ganz neues Kapitel. Eine neue Stadt. Die Vorfreude ist riesig, doch das Zuhause bleibt. „Die Rheurdter Höhen sind einfach der schönste Ort am Niederrhein. Wenn man dort entlang spaziert, fühlt man sich als wäre man der einzige Mensch auf der Welt, und wenn du dann doch jemanden durch Zufall triffst, freut man sich, grüßt und lacht.“