Veröffentlicht inRegion

Delfine verlassen Zoo Münster – weiter Kritik am Duisburger Delfinarium

Delfine verlassen Zoo Münster – Kritik am Duisburger Zoo

Delfine in Duisburg: Nach dem Willen der Tierschützer ist es damit bald vorbei.
Delfine in Duisburg: Nach dem Willen der Tierschützer ist es damit bald vorbei. Foto: Foto: Stephan Eickershoff / WAZ Fotopool
Der Münsteraner Zoo schließt sein Delfinarium – damit bleiben bundesweit nur die in Nürnberg und Duisburg. Doch Tierschützer wollen auch gegen diese Anlagen vorgehen.

Münster/Duisburg. 

„Delphine inklusive“ prangt in dicken roten Lettern an der Glasfront hinter der Kasse. „Natürlich werben wir jetzt damit, denn nach 38 Jahren ist es der letzte Sommer mit Delfinen in Münster“, sagt der Direktor des Allwetterzoos Münster, Jörg Adler, auf der Bühne des Delfinariums. Mehr als 500 Besucher zieht die Mittagsvorstellung an. Adler rechnet bei den letzten Shows mit noch mehr Zuschauern. Wenn die letzten drei Delfine den Zoo im Herbst verlassen haben, sind die Delfinarien in Duisburg und Nürnberg bundesweit die letzten.

Als Tümmler Naldo sich meterhoch senkrecht nach oben schraubt und mit der Schnauze einen Ball unter der Hallendecke berührt, klatschen die Kinder. „Die Menschen sind nach wie vor begeistert von den Tieren“, sagt Zoodirektor Adler. Leider entspreche die Anlage mit dem 10 Mal 20 Meter großen Hauptbecken nicht mehr dem Zeitgeist. „Wir hätten 20 Millionen Euro benötigt, um die Delfinhaltung auf den neuesten Stand zu bringen“, erklärt er. Das Delfinarium entspreche zwar allen gesetzlichen Anforderungen, passe aber nicht mehr zur Philosophie des Zoos: „Entweder wir halten die Tiere nach den modernsten Parametern oder wir trennen uns.“ Auch eine Besucherbefragung habe ergeben, dass die Mehrheit eine Haltung der Delfine nur in einem anderen Ambiente wünsche.

Zeitgemäßes Delfinarium kostet 20 bis 30 Millionen Euro

Der neue Chef des Delfinariums, Henk Hidding, ist froh, dass sein Vorgänger und Adler sich für eine Schließung der Anlage entschieden haben: „Um für die Delfine etwas zu entwickeln, bräuchten wir statt der heutigen zwei bis drei Millionen Liter Wasser in Zukunft 20 bis 30 Millionen Liter.“ Das koste 20 bis 30 Millionen Euro.

Die Hauptrolle sollen in Zukunft die Seelöwen übernehmen. Die seien nicht so anspruchsvoll in der Haltung. Zur Kritik von Tierschutzorganisationen, die das Münsteraner Delfinarium als „gechlortes Tiergefängnis“ tadeln, sagt Hidding: „Das interessiert mich nicht. Wir haben eigene Standards und arbeiten auf verantwortliche Weise.“

Delfinarien in Duisburg und Nürnberg ebenfalls in der Kritik

Das Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) nennt andere Gründe für die Schließung. Das Delfinarium sei wegen der „jahrelangen Hartnäckigkeit des WDSF und nicht wegen der angeblich verantwortlichen Haltung der Zooleitung“ geschlossen worden, sagt Geschäftsführer Jürgen Ortmüller.

Die Fortführung des 38 Jahre alten Delfinariums sei hauptsächlich an den durch das WDSF veranlassten Auflagen gescheitert. Darunter seien die Kosten für ein neues Dach, um die Lichtverhältnisse des hinteren Teils des Delfinariums auf den aktuellen Stand zu bringen. Der Meeresbiologe des Naturschutzbundes, Kim Detloff, fügt hinzu, dass die Delfine in dem kleinen Betonbecken einer ständigen Reizüberflutung ausgesetzt seien. Der Delfin-Experte der Whale and Dolphin Conservation Society (WDCS), Karsten Brensing, ergänzt: „Zudem ist die Wasseranlage in Münster eine veraltete Chloranlage. Dadurch entwickeln sich bei den Delfinen Hautexeme und Probleme mit den Augen.“ Diese müssten medikamentös behandelt werden, weshalb die Tiere nicht mehr artgerecht gehalten werden könnten.

Tierschützer: Delfine in Duisburg zeigen autistisches Verhalten

Laut WDSF-Geschäftsführer Ortmüller gibt es dieses Problem nicht nur in Münster. Der Nürnberger Zoo müsse seinen Delfinen Psychopharmaka geben und in Duisburg sind nach seinen Angaben seit Bestehen des Delfinariums bereits mehr als 60 Delfine gestorben. „Ich vermute, dass der Medikamentenmissbrauch dahintersteckt“, sagt Ortmüller. Zurzeit kämpft er um Einsicht in die Unterlagen, die seinen Verdacht bestätigen. Indizien für einen Medikamentenmissbrauch seien die gekrümmten Rückenflossen und das teilweise autistische Verhalten der Duisburger Meeressäuger.

Der Naturschützer sagt, dass er sich inzwischen zumindest mit dem Münsteraner Zoodirektor Adler einig sei: „Wenn er sagt, dass die aktuelle Haltung nicht mehr zeitgemäß ist, dann gibt er zu, dass Delfinarien Auslaufmodelle sind.“ Von ehemals neun Delfinarien in Deutschland werde in Münster in diesem Jahr das siebte abgeschafft. Ortmüller kündigt an: „Die nächsten Ziele sind die Delfinarien in Duisburg und Nürnberg. Auch die schaffen wir ab. Delfine gehören nicht in Gefangenschaft.“ (dapd)