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Wie mächtig ist Russlands Präsident Putin wirklich?

Wie mächtig ist Russlands Präsident Putin wirklich?

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Foto: Reuters
Das Magazin „Forbes“ kürte Russlands Präsident zum mächtigsten Mann der Welt. Doch Experten sagen, der Titel sei nichts wert. Viel mehr sinke der Einfluss Putins eher. Osteuropaexperte Giuseppe D’Amato: „Nächstes Jahr wird Papst Franziskus Putin wohl auch bei Forbes überholen.“

Moskau. 

Putins halboffizielle Cheerleader schwellen vor Stolz. „Die USA und die Führer anderer Staaten bewegen sich weiter im Fahrwasser Wladimir Putins“, versichert der kremltreue Jungparlamentarier Robert Schlegel der Internetzeitung gazeta.ru. „Wladimir Putin ist unabhängiger Präsident eines souveränen Staates“, frohlockt der Politologe Alexei Muchin.

„Er hat keine Angst, den USA ,Nein’ zu sagen.“ Der Kreml selbst gibt sich souverän gelassen. „Das mögen andere kommentieren“, sagt Pressesprecher Dmitri Peskow. „Putin kümmern solche Sachen nicht.“

Putin laut Forbes „einflussreichster Mann“ der Welt

Die Zeitschrift Forbes hatte zuvor Russlands Staatschef Putin zum „einflussreichsten Mann“ der Welt erklärt. US-Präsident Barack Obama und das chinesische Oberhaupt Xi Jinping landeten auf Platz 2 und 3. Die Forbes-Redaktion begründete ihre Wahl mit Putins erfolgreichem Kompromissvorschlag zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen und mit Russlands politischem Asyl für den von den USA per Haftbefehl gejagten Internetenthüller Edward Snowden. Außerdem sei Putins innenpolitische Machtposition so stark, dass man ihn schon als „Diktator“ bezeichnen könne.

Aber viele russische Beobachter reagieren mit Ironie auf Putins neuesten Ehrentitel. „Putin hat nicht mehr Einfluss als das Land, das er regiert“, sagt der Politologe Stanislaw Belkowski dieser Zeitung. „Und Russlands Einfluss geht gegen Null.“ So nötige man auf Druck der USA seinen syrischen Verbündeten, die eigenen chemischen Abschreckungswaffen zu vernichten, militärisch und machtpolitisch sei der Westen der Gewinner. Der Blogger Anatoli Schunawikin schimpft, Amerika hätte Putin den Forbes-Titel als virtuelles Dankeschön für seine Hilfe in Syrien geschenkt.

Staatsmacht reagiert mit hektischem Populismus

„Putins Einfluss schrumpft“, sagt der italienische Osteuropaexperte Giuseppe D’Amato. Europa entwickle alternative Energien, die USA förderten Schiefergas und vermehrt eigenes Öl, deshalb drohten Russlands Rohstoffexportwirtschaft zusehends Absatzprobleme: „Nächstes Jahr wird Papst Franziskus Putin wohl auch bei Forbes überholen.“

Auch vor der eigenen Haustür ist Russland auf der Verliererstraße. Gerade erst fiel Moskaus Kandidatin bei den Präsidentschaftswahlen in Georgien durch, die neue georgische Führung drängt in die EU. Die Ukraine will schon Ende November ein Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnen, trotz aller Drohungen Moskaus.

Auch innenpolitisch bröckelt Putins Macht. Angesichts enormer Erfolge der Opposition bei Bürgermeisterwahlen in Moskau, Jekaterinburg und Archangelsk spekulieren viele Beobachter über ein Auseinanderfallen der Putin-Elite. Die ethnischen Massenunruhen schwappen inzwischen auch nach Moskau, die Staatsmacht reagiert mit hektischem Populismus, der aber beim Publikum immer weniger ankommt. Laut dem Lewada-Meinungsforschungszentrum ist die Zustimmungsrate für Putins Politik seit April 2008 von 77 Prozent auf 44 Prozent gefallen.