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Was kommunale Manager verdienen

Was kommunale Manager verdienen

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Foto: WAZ FotoPool
Wie kommt es, dass Spitzengehälter bei Stadttöchtern plötzlich um 50 Prozent steigen. Viel zu oft lassen sich Orts-Politiker von der Geschäftsführung vor den Karren spannen, glaubt Essens Kämmerer. Kontrolle: Fehlanzeige.

Essen. 

Fast zwei Jahre hat es gedauert, bis die Öffentlichkeit von der märchenhaften Gehaltserhöhung erfuhr. Das Grundgehalt von Günter Büsselberg und Heinz Bremenkamp, beide Chefs der „Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen“ (GSE) in Essen, stieg um 50 Prozent. Als der Rat den Rechenschaftsbericht der GSE bekam, war eine Korrektur unmöglich. Und der Aufsichtsrat, besetzt mit Kommunalpolitikern, hatte an der Gehaltsspritze nichts auszusetzen. Essens Kämmerer Lars Klieve schäumt ob dieser Großzügigkeit. Er glaubt: Viel zu oft lassen sich Orts-Politiker, die in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen sitzen, von der Geschäftsführung vor den Karren spannen. Kontrolle: Fehlanzeige.

Büsselberg und Bremenkamp bewegen sich mit ihren 170 000 Euro Gesamt-Jahresgehalt eher im Mittelfeld. Guntram Pehlke (Dortmunder Stadtwerke) verdiente zuletzt 386 000 Euro plus Dienstwagen und Pension. Erich Staake (Duisburger Hafen), ging 2011 mit 634 500 Euro nach Hause. Selbst die scheidende Chefin der hoch verschuldeten Städtischen Kliniken Dortmund bekam offenbar ein höheres Gehalt als die Kanzlerin.

Erst die Partei, später die Karriere

Oft geht eine Parteikarriere auf lokaler Ebene dem Sprung ins Unternehmertum voran. Das ist zwar nicht neu, aber seit 20 Jahren explodiert die Zahl der Ausgliederungen förmlich – und damit auch die der Geschäftsführer. Wer einmal den Sprung nach oben geschafft hat, der wird gern weiterempfohlen. Manfred Kossack, zum Beispiel: früher Geschäftsführer der SPD im Dortmunder Rat, Sprecher des Oberstadtdirektors und heute in der Chefetage der Unternehmen DSW21 und DEW21 (Gehalt 302 000 Euro) sowie im Aufsichtsrat von Gelsenwasser. Die Manager-Visitenkarte hinterließ Kossack auch bei der Dortmunder Hafen AG und beim Flughafen Dortmund.

Manche Karrieren entwickeln sich eher im Verborgenen, andere haben das Potenzial zum Stadtgespräch. In Velbert haben Bürgermeister Stefan Freitag und Kämmerer Sven Lindemann den Abschied von ihren Ämtern angekündigt. Freitag könnte in die städtische Beteiligungsgesellschaft BVG wechseln, Lindemann möchte Chef der Technischen Betriebe werden. „Pöstchenschieberei“, wettern die Grünen. Die Stellen seien gar nicht öffentlich ausgeschrieben worden.

Kaum Kontrolle, Patronage, mittelmäßige Manager – das ist nach Einschätzung des Politologen Norbert Kersting von der Uni Münster nicht außergewöhnlich in diesen Unternehmen. „Die vielen Bürgerbegehren gegen Privatisierungen in NRW lassen auf Misstrauen gegenüber diesen Firmen schließen. Die Leute vertrauen eher den klassischen Stadtwerken.“

Karl-Rudolf Korte von der Uni Duisburg-Essen findet, es sei nicht unbedingt schlimm, Spitzenjobs an Parteikarrieristen zu vergeben: „Das nötige Gestaltungswissen haben sie.“ Aber er wünscht sich mehr Transparenz bei der Auswahl, „schließlich sind öffentliche Gelder im Spiel“. Die Höhe der Gehälter findet Korte angesichts „der großen Verantwortung“ angemessen. Und dass Wasser und Strom fließen, sei „existenziell wichtig“. Dass die Bundeskanzlerin an derartige Gehälter nicht heranreiche, beweise allenfalls, dass die Spitzenposten in der Politik zu schlecht bezahlt seien.

Die Gewerkschaft Verdi sieht die Entwicklung mit gemischten Gefühlen: „Wir sagen nicht: Privat vor Staat. Der Status solcher Unternehmen muss immer wieder überprüft werden“, sagt Lothar Grüll, Essener Verdi-Chef. Andererseits müssten professionelle Führungskräfte gut verdienen. Die GSE-Chefs trügen Verantwortung für 1300 Mitarbeiter. Da seien 170 000 Euro Jahresgehalt durchaus in Ordnung.