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Putin schickt inkognito Panzer und Soldaten in die Ukraine

Putin schickt inkognito Panzer und Soldaten in die Ukraine

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Foto: dpa
Putin schickt wieder Panzer, Artillerie, Luftabwehrsysteme und Kämpfer in die Ukraine. Alles inkognito. Und die Drohgebärden des Präsidenten werden immer globaler. Auch vor Australien ließ er Kriegsschiffe auffahren. Droht er mit Krieg um den Westen zu erpressen? Experten sehen dafür Anzeichen.

Moskau/Kiew. 

Russlands UN-Botschafter spottete: „Wieder lassen wortgewaltige Erklärungen über virtuelle Bewegungen russischer Panzer die Luft in den Nato-Stäben erzittern“, so Alexander Pankin gestern auf einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates. Beweise gebe es nicht. „Das ist eine übliche Propagandafälschung.“

Seit Wochen häufen sich Augenzeugenberichte, Fotos und Videos von Militärkolonnen im Großraum Donezk. OSZE-Beobachter meldeten einen Konvoi von 43 Lkw ohne Erkennungszeichen. Der Oberbefehlshaber der Nato in Europa, General Philip Breedlove, sagte am Mittwoch, seit zwei Tagen habe die Nato russische Kolonnen bemerkt, die mit Panzern, Artillerie und Kampftruppen die Grenze zur Ukraine überquerten.

S eit Samstag zählte die Nato russische Militärkonvois mit 126 Fahrzeugen. Vertreter der UN- und der OSZE befürchten, dass den Truppenbewegungen schwere Kampfhandlungen folgen. Auch die Ukrainer geben sich kriegerisch: „Unsere Hauptaufgabe ist die Vorbereitung auf neue militärische Aktionen“, so Verteidigungsminister Poltorak.

Ein offenes Geheimnis

Aber die Unterstützung des russischen Militärs gilt im Separatistengebiet als offenes Geheimnis. Alexander Sachartschenko, Chef der „Donezker Volksrepublik“ erklärte schon Ende August, 4000 Freiwillige aus Russland kämpften auf Seiten der Separatisten, viele von ihnen seien Berufssoldaten, die Urlaub genommen hätten. Sie treten offen auf, in Donezker Nachtklubs wimmelt es von schwerbewaffneten Kämpfern, die ossetisch oder tschetschenisch sprechen.

Reguläre russische Streitkräfte scheuen dagegen die Öffentlichkeit. Ihre Lager werden von Wachposten der Aufständischen abgeschottet. Zu sehen sind russische Truppen meist nur auf dem Marsch, ihre Fahrzeuge und Panzer sind moderner, ihre Uniformen und Ausrüstung einheitlicher als die der Rebellen. „Gut bewaffnet, maskiert, mit weißen Armbinden statt Abzeichen“, wie ein Reporter der russischen Zeitung „Kommersant“ sagt. Diese Inkognito-Truppen schweigen meist, um ihren russischen Akzent zu verbergen.

Weitere Angriffe möglich

Die regulären russischen Streitkräfte sind seit Monaten im Donbass. Im August nahmen die Ukrainer mehrere russische Fallschirmjäger gefangen, bei Gefallenen fanden sich russische Militärdokumente.

In der ukrainischen Presse kursiert der Samstag als Datum eines russischen Großangriffs. Erstes Angriffsziel könnte die Industriestadt Mariupol am Asowschen Meer sein, um einen Landweg zur von Russland im April annektierten Krim freizukämpfen. Außerdem mahnte Rebellenchef Sachartschenko schon die Rückeroberung der Städte Kramatorsk und Slaw­jansk im Nordwesten der Region Donezk an.

Kriegsschiffe vor Australien

Auch ein lokaler Generalangriff auf den heftig umkämpften Donezker Flughafen wäre möglich. „Aber nach meiner Einschätzung reichen die bisher versammelten Kräfte für eine so große Operation nicht aus“, sagt der russische Militärschriftsteller Arkadi Babtschenko. „Womöglich besitzt der Aufmarsch auch politische Ziele.“

Russland verletzt das Minsker Abkommen und schwingt auch anderswo den Säbel. Pünktlich zum morgen startenden G 20-Gipfel in Brisbane kreuzten vor der australischen Nordküste vier russische Kriegsschiffe auf, die schon notorischen Flüge russischer Kampfjets über Ost- und Nordsee sollen bis an die US-Küste ausgeweitet werden. Der russische Präsident Putin wolle den Westen mit der Drohung eines großen Krieges erpressen, sagt der Moskauer Politologe Stanislaw Belkowski. „Und in einer Situation, in der die andere Seite überhaupt nicht bereit ist zu kämpfen, wird er damit gewinnen.“