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NRW-Polizisten sind nur zu 75 Prozent einsatzfähig

NRW-Polizisten sind nur zu 75 Prozent einsatzfähig

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Polizisten in Attendorn am 04.02.2016. Foto: Bernd Thissen
  • Ausfallzeiten durch Krankheit, Fortbildung, Dienstsport, Eltern- und Teilzeit sorgen für Probleme bei der Polizei
  • Hohe Arbeitsbelastung sorgt für doppelt so hohen Krankenstand wie in der Privatwirtschaft
  • NRW mit einer sehr geringen Polizeidichte: 1 Polizist pro 438 Einwohner

Düsseldorf. 

Die rund 37 500 Polizisten in NRW sind nur zu 75 Prozent einsatzfähig. Ursachen sind nach Angaben des Bundes Deutscher Kriminalbeamter NRW Ausfallzeiten durch Krankheit, Fortbildung, Dienstsport, Elternzeit, Teilzeit und Verwendungseinschränkungen wie die Befreiung vom Schichtdienst.

In einem Bericht für den Innenausschuss des Landtags im März verwies BDK-Landesvize Oliver Huth auf die jüngste Krankenstandserhebung, wonach 7,74 Prozent der Arbeitsstunden bei der Polizei wegen Krankheit ausfallen. „Gerade im Polizeidienst in Nordrhein-Westfalen dürfte auch die eklatant hohe Zahl der nicht besetzten Planstellen von derzeit 326 zur Überlastung und daraus folgend einem hohen Krankenstand beigetragen haben“, mahnte Huth. Zudem verfüge NRW im Vergleich zu den anderen Bundesländern über eine sehr geringe Polizeidichte von einem Polizisten pro 438 Einwohner – in Bayern beträgt die Quote 1:393.

Hoher Krankenstand, offene Stellen, niedrige Quote

Huth kritisierte, dass die NRW-Polizeibeamten bereits im Jahr 2014 einen Überstundenberg von 3,78 Millionen Stunden angehäuft haben. Derzeit macht die Polizei nach Angaben des NRW-Chefs der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, jedes Jahr 1,5 bis zwei Millionen Überstunden.

Dass der Krankenstand bei der Polizei nach Angaben Huths doppelt so hoch ist wie in der Privatwirtschaft liegt laut BDK vor allem an der hohen Arbeitsbelastung. Das führe auch dazu, dass ein Jahr vor Erreichen der Regelaltersgrenze nur noch 50 Prozent der Polizisten im Dienst sind. Daneben sind mehr als 2700 Polizeibeamte im aktiven Dienst eingeschränkt.

Huth sprach von einem „positiven Signal“, dass NRW die Zahl der Neueinstellungen auf jährlich 1900 erhöht hat. Die Auszubildenden stünden aber erst in mehreren Jahren zur Verfügung. Auch die Ankündigung, schnell 500 zusätzliche Polizisten durch eine Anwerbung von Pensionären zu gewinnen, greife zu kurz, sagte Huth. Besser wären vielmehr weitere Neueinstellungen.

Die Bekämpfung der Rockerkriminalität, des Terrorismus, zunehmende Wohnungseinbrüche, Taschendiebstähle, 50 Prozent mehr Geschädigte durch Computerkriminalität gegenüber 2012 sowie besondere Einsatzlagen wie Silvester 2015 in Köln erzeugen nach Angaben Huths ständig neue Belastungsspitzen.

GdP-Landeschef Plickert forderte eine Entlastung der Polizei von bisherigen Aufgaben. In der Summe könnten 1000 Stellen gewonnen werden, wenn Großtransporte von privaten Sicherheitsfirmen begleitet und einfache Privatklagedelikte wie kleinere Sachbeschädigungen oder einfache Körperverletzungen durch Schiedsleute geregelt würden. Außerdem forderte Plickert den Einsatz von Computern in Polizeiautos, damit Personalien von Verdächtigen und Unfallgegnern nicht mehrfach aufgeschrieben werden müssen.

Überstunden sollen binnen fünf Jahren abgebaut werden

Die Ankündigung der NRW-Landesregierung, dass Überstunden in den nächsten fünf Jahren abgebaut werden müssen, hielt der Bund der Kriminalbeamten für illusorisch. Schließlich führe das bei der zusätzlich jedes Jahr anfallenden Mehrarbeit zu einer weiteren Minimierung der Personaldecke. Huth sprach von einem „fast schon pathologisch zu bezeichnenden Zustand der Personalsituation“.