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Armutszuwanderung belastet die Städte

Armutszuwanderung belastet die Städte

Dortmund. 

Die Zuwanderung aus Osteuropa belastet viele Städte im Revier. Rolf Maug sprach über das Problem mit Dortmunds Sozialdezernentin Birgit Zoerner.

Gerade wurde eine Bund-Länder-Ar­beitsgruppe zur Armutswanderung aus Osteuropa gebildet. Haben Sie den Eindruck, dass den Städten geholfen wird?

Noch vor wenigen Monaten hat die Bundesregierung geleugnet, dass es Armutswanderung in Europa überhaupt gibt. Vor dem Hintergrund kann ich feststellen: Da ist wirklich was in Bewegung geraten. Die Arbeitsgruppe arbeitet hoch lösungsorientiert. Selbst in den EU-Institutionen setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass Europa nicht nur ein Binnenmarkt, sondern auch eine soziale Union sein muss.

Wird es den vom Städtetag geforderten Ausgleichsfonds geben?

Ich hege eine gewisse Hoffnung, dass wir – wenn wir den Druck hoch halten – Geld bekommen werden. Ich kann aber überhaupt nicht abschätzen, ob es ausreichen wird. Wir Kommunen tragen bereits erhebliche Belastungen. Bis Ende 2013 haben die Menschen aus Bulgarien und Rumänien zwar keine Ansprüche etwa auf Arbeitslosengeld 2, Grundsicherung oder Hilfe zur Pflege. Wohl aber haben sie Anspruch auf Nothilfen – und dafür zahlen momentan die Kommunen.

Mit welchen Forderungen wird Dortmund in die Verhandlungen gehen?

Seit der Ost-Öffnung der EU in 2007 hat sich die Zahl der mit Hauptwohnsitz gemeldeten Südosteuropäer bis Ende 2012 um fast 2540 erhöht. Die finanzielle Belastung der Stadt Dortmund hat etwa 4,2 Millionen Euro im Jahr erreicht. Ab 1. Januar 2014 kommen auch Menschen aus Bulgarien und Rumänien in den Genuss der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit und damit – unter bestimmten Bedingungen – aller Rechtsansprüche auf soziale Leistungen. Wir kalkulieren für unsere Prognosen mit Kosten von etwa 250 Euro pro Person und Monat – also deutlich mehr als zurzeit. Ziel muss es jedenfalls sein, die Zuwanderer und vor allem die Familien mit Kindern in die Lage zu versetzen, sich eine eigene Existenz jenseits der staatlichen Fürsorge aufzubauen.

Spürt neben Duisburg, wo es große Probleme gibt, auch Dortmund wachsende Spannungen in den besonders betroffenen Wohnquartieren?

Dortmund und die anderen Städte im Ruhrgebiet können stolz sein auf die bisherige Integrationsleistung für Menschen aus aller Welt, die die Bürger erbracht haben. Das Miteinander von Deutschen und Ausländern gestaltet sich friedlich und vorurteilsfrei. Dass sich nun ein staatsangehörigkeitsübergreifender Widerstand in der Einwohnerschaft gegen die Menschen aus Bulgarien und Rumänien zu entwickeln scheint, erfüllt mich mit großer Sorge. Wir müssen nicht nur den Zuwandernden helfen, sondern müssen auch Konflikte im Quartier angehen und uns der Belange der eingesessenen Bevölkerung annehmen.