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Wo Steinbrück sonst noch irrt – gute Grauburgunder für fünf Euro

Steinbrücks Irrtümer und gute Grauburgunder für fünf Euro

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Foto: Monika Kirsch
„Eine Flasche Pinot Grigio, die nur fünf Euro kostet, würde ich nicht kaufen“. Das hat SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gesagt. Wir haben beim Deutschen Weininstitut nachgefragt, was davon zu halten ist. Nichts! Den Gegenbeweis gibt’s hier.

Essen. 

Dass uns Politiker mit ihren Aussagen mal wirklich bereichern, ist eher selten. Peer Steinbrück ist da eine Ausnahme. Der Kanzlerkandidat der SPD modelliert schon mal gerne Sätze so feinfühlig wie weiland Obelix seine Hinkelsteine. Böse Zungen behaupten zudem, dass der eloquente Norddeutsche für billig nicht zu haben ist.

Bis vor kurzem galt dieses (Vor-)Urteil primär für die Vortragshonorare und die künftige Kanzler-Vergütung. Doch in der besinnlichen Weihnachtszeit hatte der Sozialdemokrat einem folgenschweren Satz die Freiheit geschenkt: „Eine Flasche Pinot Grigio, die nur fünf Euro kostet, würde ich nicht kaufen“.

Für den vinophil interessierten, aber branchenkundlich weniger versierten Endverbraucher ist so eine Informationen eines hochrangigen Volksvertreters und Finanzexperten natürlich hilfreich. Sie gibt Halt und Anleitung, wenn der Durstige vorm Supermarktregal steht. Keinen Pinot Grigio unter fünf Euro – kann nur Ramsch sein.

Stopp. Betrachten wir die Causa Steinbrück/Wein doch ganz nüchtern. Pinot Grigio ist in der Welt unter viele Namen bekannt. Pinot Grigio (in Italien), Grauburgunder, Ruländer (in Deutschland), Pinot Gris, Tokay d‘Alsace, Malvoisie (in Frankreich und der Schweiz).

Im 14. Jahrhundert gelangte der Pinot nach Deutschland

Von Burgund gelangte er in die Schweiz und nach Ungarn und vermutlich von dort im 14. Jahrhundert nach Deutschland. Die französische Bezeichnung Pinot geht auf das französische „pin“ (Kiefer) zurück und beschreibt die an Kieferzapfen erinnernde Traubenform. Pinot Grigio/Grauer Burgunder treffen wir heute nicht nur in Mitteleuropa, sondern auch in Übersee an. In Deutschland hat die Traube wieder zunehmend an Bedeutung gewonnen. Zur Zeit sind gut 4700 Hektar – das entspricht fast fünf Prozent der deutschen Rebfläche – bestockt.

Die Sorte ist wenig krankheitsanfällig und kaum frostempfindlich. Sie gedeiht besonders gut auf Lößterrassen, aber auch auf Kalkboden und steinigen Untergründen. Die Rebsorte wird meist trocken, mittelkräftig und etwas säurebetont. Je nach Ausbaumethode und Qualitätsstufe ist das Farbbild blassgelb, goldgelb oder gar bernsteinfarben. Zugeordnet werden ihr insbesondere Duftaromen von grünen Nüssen, Mandeln, frischer Butter sowie fruchtige Aromen, die an Birne, Trockenobst und Rosinen, Ananas und Zitrusfrüchte erinnern. Daneben treten aber auch vegetative Noten von grünen Bohnen oder Paprikaschoten auf.

Ein junger, leichter, trockener bis halbtrockener Pinot Grigio ist als Sommerwein gut geeignet. Trockene Kabinettweine und Spätlesen harmonieren gut mit Meeresfrüchten, kräftigem Seefisch, Pasta, Lamm, Wildgeflügel und Jungwild sowie reifem Weichkäse. Barriqueweine (im Holzfaß gereift) zu intensiv schmeckenden Lammgerichten und leichten Wildgerichten, etwa Wildgeflügel oder Reh. Fruchtig-süße Spätlesen oder edelsüße Auslesen passen besonders gut zu fettreichem Edelpilzkäse und zu Desserts mit Honig, Mandeln oder Marzipan.

„In der (Preis-)Beschränkung zeigt sich erst der Meister“

Zitieren wir – ein bisschen frei – an dieser Stelle unseren Dichter-Fürsten Johann Wolfgang von Goethe: „In der (Preis-)Beschränkung zeigt sich erst der Meister.“ Denn beim Wein kommt es nicht in erster Linie auf den Preis an. Wer in Weinfibeln ein wenig schmökert, stößt immer wieder auf Weine mit einer guten bis sehr guten Bewertung, die unter fünf Euro zu haben sind. „Speziell in aufstrebenden Weingütern, die aber noch nicht die Reputation besitzen, gibt es zahlreiche Beispiele für ordentliche Qualitäten für weniger als fünf Euro“, weiß Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI) zu berichten.

Als Beispiel nennt der gebürtige Gelsenkirchener einen 2011er Grauburgunder Qualitätswein vom Pfälzer Weingut Klaus Meyer aus Rhodt unter Rietburg (Gault Millau 83 Punkte/5 Euro), oder einen Grauburgunder aus dem Keller des rheinhessischen Weingutes Bielig aus Schriesheim an der Hessischen Bergstraße (Eichelmann 83 Punkte/4,50 Euro). Doch nicht nur ab Hof sind günstige Tröpfchen zu haben. So bietet die Kette Jacques-Wein-Depot einen Pinot Grigio (2011 Conti di Colloredo) im Weinschlauch für 4,60 Euro/Liter an.