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Was der Zensur-Vorwurf von Carolin Kebekus für den WDR bedeutet

Was Kebekus’ Zensur-Vorwurf für den WDR bedeutet

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Carolin Kebekus Foto: Sebastian Konopka
Carolin Kebekus steht für Abteilung Attacke. Die junge Wilde arbeitet sich gern an der katholischen Kirche ab. Das war dem WDR bekannt. Dass der Sender sie erst machen líeß und dann ihren Kirchen-Rap wegschnibbelte, wirkt nicht sehr souverän. Und den Bemühungen um ein junges Programm bei Einsfestival dürfte es auch kaum helfen.

Köln. 

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat ein Problem mit jungem Programm. So viel steht fest. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass „Tatort“ und „Sportschau“ bei jungen Leuten auffallend gut ankommen. Kein Wunder, dass die inzwischen ausgeschiedene WDR-Intendantin Monika Piel Handlungsbedarf sah. Eine sechsköpfige Gruppe um 1Live-Chef Jochen Rausch sollte neue TV-Formate für den ARD-Ableger Einsfestival entwickeln. Doch das Projekt stand unter keinem guten Stern. Zu internen Eifersüchteleien kommen ausgerechnet zum Start eines neuen Formats von Comedienne Carolin Kebekus Zensurvorwürfe.

Der Reihe nach. TV-Leute im Sender beäugten das Projekt von vorn herein kritisch, weil es von einem Radio-Mann vorangetrieben wurde. Dabei spielte eine Nebenrolle, dass Rausch als einer der wenigen erfolgreichen Experten für junges Programm gilt. Sie folgten dabei vor allem einer Erkenntnis der Marktforschung unter jungen Zuschauern: „Kompromisse funktionieren nicht.“

Das Ergebnis waren ebenso neue wie neuartige Formate. Darunter befanden sich drei sogenannte Mood-Filme, die, wie Appetithäppchen, lediglich einen Vorgeschmack auf das geben, was eine aufwendig produzierte Sendung bieten könnte. Dazu kamen drei sendefähige Pilotfilme. Einer davon: die Comedy-Show „Kebekus!“.

Carolin Kebekus gehört zu den jungen Wilden der Spaß-Branche. Die 33-Jährige aus Bergisch Gladbach wirkt eher wie eine zornige Krawallschachtel denn wie ein giggelndes Komik-Girlie. Bekannt ist, dass die Frau von der Abteilung Attacke Konflikte in Kauf nimmt, ja sucht.

Kebekus leckte in einem Video ein Kruzifix ab

In ihrer Show-Premiere für Einsfestival wollte sich Kebekus an der katholischen Kirche abarbeiten – als rappende Nonne. In einem Video leckte sie unter anderem ein Kruzifix ab.

Zu viel für den WDR. Der Sender befürchtete die Verletzung religiöser Gefühle von Teilen des Publikums. Folgerichtig sollte die 3:39 Minuten lange Nummer aus der Show verschwinden.

Die Kabarettistin reagierte stocksauer. Am Montagabend ließ sie in Stefan Raabs ProSieben-Spättalk „TV total“ ihrem Unmut freien Lauf. Der WDR habe ihre Show „verstümmelt“ – und das, obwohl ihr Programm vom Sender bereits vor drei Wochen abgenommen worden sei. Tatsache ist, dass schon seit längerem Vorschau-DVDs der Sendung kursierten.

Jedenfalls rief Kebekus letztlich zum Boykott ihrer eigenen Sendung auf. „Brauchen Sie nicht zu gucken“, forderte die Comedienne Raabs Publikum auf, „ist total verschnitten.“ Sie setzte noch einen drauf: „Eigentlich waren mehrere Shows geplant, jetzt bleibt’s bei einer.“

„Den Vorwurf der Zensur können wir so nicht akzeptieren“

Der WDR kommentierte Kebekus’ Auftritt am Mittwoch säuerlich: „Den Vorwurf der Zensur können wir so nicht akzeptieren.“ Zugleich verteidigte Sendersprecherin Annette Metzinger die Entscheidung der Programmdirektion: Nach dem WDR-Gesetz sei es geboten, „die Verunglimpfung religiöser Symbole in seinen Sendungen nicht zuzulassen“.

Zwangsläufig ist die WDR-Reaktion allerdings nicht. In der ZDF-Satire „heute-show“ bewarb sich Kebekus kürzlich beim Kölner Kardinal Meisner als Päpstin. Der Erzbischof dazu: „Da haben Sie nicht die Figur dazu.“ Der Beitrag wurde gesendet.

Der WDR indes blieb bei seiner Haltung. Am Mittwochabend sollte die Kebekus-Show ohne den umstrittenen Kirchen-Rap ausgestrahlt werden. Auch in der Mediathek der ARD wird der Beitrag fehlen. Einen Ersatz für die Kirchen-Satire gab es nicht. Die Sendung fiel schlicht kürzer aus.

Zu sehen ist der Clip dennoch: Kebekus zeigt ihn auf ihrem YouTube-Kanal. Er wurde bisher mehr als 170.000 Mal aufgerufen.