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Steinbrück-Stinkefinger ist für Wilfried Schmickler in Ordnung

Steinbrück-Stinkefinger für Wilfried Schmickler in Ordnung

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Foto: WDR
Die WDR-Kabarettsendung „Mitternachtsspitzen“ feiert an diesem Samstag 25-jähriges Bestehen. Der Westen sprach mit Wilfried Schmickler, der mit Jürgen Becker und Uwe Lyko prägenden Gestalt der Satiresendung. Schmickler kommentiert den Wahlkampf und bewundert Peer Steinbrücks Mut.

Köln. 

Die TV-Satiresendung „Mitternachtsspitzen“ feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Der WDR würdigt das Format am Samstag, 21.45 Uhr, mit einer Geburtstagssendung sowie ei­nem Special mit Moderatorin Bettina Böttinger. Prägende Gestalt der „Mitternachtsspitzen“ ist, ne­ben Jürgen Becker und Uwe Lyko, der Kölner Kabarettist Wilfried Schmickler. Jürgen Overkott sprach mit dem 58-Jährigen.

Heinrich Heine hat einmal gereimt: Denk’ ich an Deutschland in der Nacht/bin ich um den Schlaf gebracht. Schlafen Sie auch schlecht?

Wilfried Schmickler: Um den Schlaf lass’ ich mich nicht bringen. Wenn ich den nicht habe, fehlt mir was. Und deshalb lass’ ich mir den von niemandem versauen.

Apropos schläfrig. Mir kommt der Wahlkampf schlafmützig vor.

Schmickler: Mir nicht. Es steht eine wichtige Entscheidung an. Der Wahlkampf ist wie die anderen Wahlkämpfe auch: Über Langeweile kann ich mich nicht beklagen.

Das heißt: Das TV-Duell war für Sie ein Weckruf.

Schmickler: Das hat es mir nun gerade nicht angetan. Das läuft nach Ritualen ab, das Ergebnis ist vorprogrammiert.

Daraus folgere ich: Sie würden das TV-Duell abschaffen.

Schmickler: Das kann man abschaffen. Natürlich ist die Frage spannend: Wo sind bei den beiden Kandidaten die Unterschiede? Doch die Veranstaltung selbst ist verzichtbar.

Sie haben sich lange Jahre mit einer lebenden Politiklegende auseinander gesetzt, nämlich Helmut Schmidt, indem Sie Teil des Duos „Loki & Smokey“ waren. Sind die aktuellen Köpfe zu langweilig?

Schmickler: Das kann man so nicht sagen. Fest steht aber: Helmut Schmidt und seine Frau Loki waren als Paar einmalig in dieser Welt. Sie haben fantastische Vorlagen für die Parodie gegeben. So etwas gibt es so schnell nicht noch mal. Aber Schnee von gestern. Mit dem Tod von Loki ist das leider vorbei. Und so muss man sich mit den Leuten beschäftigen, die aktuell die politische Szene bevölkern.

Wen finden Sie besonders unterhaltsam?

Schmickler: Unterhaltsam heißt ja nicht positiv. Und so gesehen, finde ich Rainer Brüderle immer wieder unterhaltsam mit all dem, was er so macht, ohne dass ihm ein Strick daraus gedreht wird. Aber auch Peer Steinbrück ist sehr unterhaltsam. Als ich seinen Stinkefinger in der „Süddeutschen“ gesehen habe, dachte ich: Junge, Junge, der Mann hat Mut.

Hat die Geste schon etwas Kabarettistisches?

Schmickler: Gut, man muss die Geste natürlich im Kontext sehen. Er sollte ja mit einer Geste auf die Frage reagieren: Wie begegnen Sie Leuten, die Sie „Pannen-Peer“ nennen? Da hat er alles Recht der Welt, diesen Leuten den Stinkefinger zu zeigen. Ob aber diese Geste beim Wähler ankommt (und im Hintergrund singt Andrea Nahles noch das „Pipi-Langstrumpf-Lied“), kann ich nicht beurteilen.

Welche politischen Konstellationen machen Sie kreativ?

Schmickler: Ich muss mit dem leben, was an Konstellationen existiert, denn die Entscheidung haben immer noch die Wählerinnen und Wähler. Als es damals hieß, Rot-Grün regiert, dachten viele Kollegen, jetzt haben wir keinen Stoff mehr, aber das Gegenteil war der Fall, von Hartz vier bis zum Kriegseinsatz in Afghanistan – da war für jeden was dabei.

Ist Kabarett für Sie eine Möglichkeit, richtig Dampf abzulassen?

Schmickler: Ach nee, da muss man unterscheiden. Die letzte Nummer bei den „Mitternachtsspitzen“ ist ja eine Nummer, bei der man richtig Dampf ablassen kann…

…eine Art Gernot Hassknecht…

Schmickler: …damit möchte ich bitte nicht verglichen werden. Ich war zuerst. Bei mir war es von Anfang an mit Inhalten verbunden. Im normalen Programm, wenn wir abends auf der Bühne stehen, geht es sehr viel moderater zu. Niemand möchte den ganzen Abend lang angebölkt werden.