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Raubein mit Herz – Henning Baum ist „Götz von Berlichingen“

Raubein mit Herz – Henning Baum ist „Götz von Berlichingen“

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Götz von Berlichingen . RTL Film Pressebild Foto: RTL/ Hainzl
Henning Baum ist „Götz von Berlichingen“: Bei RTL gerät der Klassiker am Donnerstag zum Action-Spektakel mit viel Gemetzel und schlechten Dialogen.

Essen. 

Keine fünf Minuten dauert es, dann ist das erste Scharmützel geschlagen, sind die ersten Schergen tot. Ist ja nicht Arte hier, ist RTL. Da wird donnerstags ja gerne mal auf Action gesetzt. Selbst wenn es nicht über deutsche Autobahnen geht, sondern ins Mittelalter, zu Götz von Berlichingen (Donnerstag, 20.15 Uhr, RTL). Und so fließt das Blut in Strömen, wird gemeuchelt und geköpft, dass man zart besaitete Gemüter und kleine Kinder besser aus dem Raum schickt, auch wenn die Gewalt nicht aufgesetzt wirkt.

Aber Action allein, das reicht vielleicht für eine Folge Cobra 11. Dieser Film hier dauert netto knapp zwei Stunden. Da kann ein wenig Handlung nicht schaden. Drehbuchautor Christian Schnalke hat sich, sagen wir mal, recht frei beim deutschen Dichterfürsten bedient. Er hat ein paar Figuren übernommen, von Berlichingen kriegt die rechte Hand abgeschlagen und dafür eine aus Metall und als der Bischof seine Burg belagert und ein Kurier die Kapitulation fordert, bekommt er als Antwort. „Sagt ihm, er soll mich am Arsche lecken.“ So weit, so Goethe.

Alles ein paar Nummern kleiner

Ansonsten hat das RTL-Spektakel wenig zu tun mit der literarischen Vorlage und noch weniger wohl mit dem Leben des echten Götz von Berlichingen. Die Geschichte ist dann auch recht schnell erzählt. Vordergründig geht es um den Diebstahl wertvoller Kisten mit Goldmünzen. Im Hintergrund aber geht es um eine Intrige gegen den deutschen Kaiser Karl, der bei Adel und Kirche mal richtig ausmisten will.

Das Übliche also. Aber besser als man es aus deutschen Landen gewohnt ist. Nun ist RTL nicht HBO, das Fernsehen kein Kino. Will sagen: Alles ist ein paar Nummern kleiner als bei „Game Of Thrones“ oder gar dem „Hobbit“. Söldnerheere haben die Stärke von Kegelclubs und das Feldlager der herannahenden Truppen passt bequem auf einen durchschnittlichen deutschen Campingplatz.

Mit Herz und flotten Fäusten

Aber wie Regisseur Carlo Rola, der auf zweitklassige Computeranimationen verzichtet, um Masse vorzutäuschen, aus diesen Vorgaben Schlachten inszeniert, Dörfer und Burghöfe zum Leben erweckt, das verdient Respekt. Vielleicht war deshalb auch kein Geld mehr da, um Dialoge zu schreiben, die nicht klingen wie Volksbühne 50er-Jahre.

Aber da ist ja auch noch Henning Baum. Sein von Berlichingen ist ein Mann mit alten Werten an der Schwelle einer neuen Epoche. Ein Raubein mit Herz, die Fäuste so flott wie die Zunge. Einer, den die Frauen lieben und mit dem die Männer einen Humpen heben würden – wenn sie ihn nicht gleich zum Anführer ihrer Bauernschaft machen. Mit anderen Worten: Eine Idealbesetzung.

Leider können Mit- und Gegenspieler da nicht mithalten. Johann von Bülow wirkt als verräterischer Adelbert von Weislingen so bedrohlich wie ein Eimer Regenwürmer und Natalia Wörner schafft es als Adelheid von Walldorf mit nur einem Gesichtsausdruck durch den Film. Dennenesch Zoudé spielt gut, hat aber damit zu kämpfen, dass ihre Figur, die Heilerin Saleema, nicht so recht passen will in die Welt der Ritter.

So klirren Schwerter, surren Pfeile, blitzen Busen und am Ende wird alles gut. Unterhaltsam ist das meistens und manchmal sogar spannend. So waren’s halt, die alten Rittersleut. Zumindest bei RTL.