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Warum Mütter nur schwer wieder in den Job finden

Warum Mütter nur schwer wieder in den Job finden

Die Statistik sagt, dass dieses Land Frauen zwar gut ausbildet, Mütter aber nur halbherzig in den Arbeitsmarkt einbindet. Besonders der Wiedereinstieg fällt schwer. Warum, das zeigen die Geschichten dieser Frauen.

Kathrin Kohnle ist eine selbstbewusste Frau, sonst würde sie nicht so offen sagen: „Das Selbstbewusstsein nimmt Schaden, wenn man einige Zeit draußen ist.“ Das hat mit den arbeitenden Vorzeigemüttern im Bekanntenkreis zu tun. Mit den Gesprächen der anderen Mütter, die sich nur um die Kinder drehen. Mit dem unterschiedlich großen Respekt, der Lohnarbeitenden und Familienarbeitenden entgegengebracht wird.

Die 39-Jährige aus Essen-Kettwig hat Kommunikationswissenschaften studiert und in der Öffentlichkeitsarbeit für eine Düsseldorfer Agentur und später für eine Software-Firma gearbeitet. Aber nach sechs Jahren und mit drei Kindern möchte sie nicht in ihren alten Beruf zurück. Die Familie steht im Vordergrund, es soll eine Teilzeitstelle sein.

Nur welcher Art? Manchmal fragt Kathrin Kohnle sich, ob ihre Mutter nicht Recht hatte: Werde Lehrerin! Da kann man Kind und Beruf gut übereinbringen. Für die meisten Teilzeitstellen wäre sie wohl überqualifiziert, manchmal gehen einem regelrecht die Ideen aus angesichts dieses unflexiblen Arbeitsmarktes. Deshalb besucht Kohnle die Fachberatungsstelle „Die Spinnen“ in Essen, um neue Perspektiven zu entwickeln. Für den Anfang: Sind das etwa keine Zusatzqualifikationen, die sie sich als Mutter erworben hat: Gelassenheit, Organisationstalent, Belastbarkeit, Event- und Krisenmanagement … Die Gedanken, sie müssen wieder frei werden.

Tina Achtermeier findet einfach keinen Betreuungsplatz für Nina, ihre zweite Tochter. „Essen wirbt immer damit, kinderfreundliche Stadt zu sein, aber das ist sie nicht.“ Der Stadtteil Burgaltendorf ist Zuzugsgebiet. Doch es habe dieses Jahr nur 13 Betreuungsplätze in ihrem Bezirk gegeben. „Sogar Geschwisterkinder wurden weggeschickt“, sagt die 34-Jährige. Und dann musste auch noch die private Drachenhöhle, die einzige Einrichtung für Unter-Zwei-Jährige, schließen. „Sie haben den Mietvertrag nicht verlängert bekommen“, sagt Achtermeier. „Niemand will die Kinder haben.“

Achtermeier hat studiert, hat ein Trainee-Jahr draufgelegt, hat im Schadensmanagement einer amerikanischen Firma gearbeitet. Mit einem Kind hat sie die drei Stunden Fahrtzeit zu ihrem Job noch hinbekommen, mit der zweiten Tochter ist nur noch eine Teilzeitstelle möglich. Wo sie sich bewerben wird, weiß sie noch nicht. Finanziell, das ist klar, wird sich der Wiedereinstieg erstmal kaum lohnen. Ihr Mann ist Unternehmer, das Ehegattensplitting treibt ihren Steuersatz in die Höhe. Eigentlich eine komfortable Situation. „Aber mein Ziel ist es, mich selbst glücklich zu machen. Mit Arbeit.“

Barbara Bastian hat erfahren müssen: „Drei Kinder im Lebenslauf sind ein absolutes K.o.-Kriterium.“ Zig Bewerbungen, kein Vorstellungsgespräch. Bis die Landschaftsarchitektin schließlich nur noch schrieb: Kinder. Ganz einfach, ohne Spezifikation.

Nun folgten zwar Einladungen, aber die Gespräche verliefen alle gleich und im Sande. „Man merkt die Zögerlichkeit“, berichtet Bastian. Aber dann kommt sie meist doch, die Frage. „Ja, und wenn ihr Kind krank wird?“ Barbara Bastian ist da mit einer Tagesmutter gut organisiert. – Sie hören von uns, heißt es dann immer, und das war’s dann.

Ihren Job in Bochum bekam die 39-jährige aus Meerbusch vor eineinhalb Jahren erst durch persönliche Kontakte. Die neuen Chefs waren Frauen – ohne Kinder, aber mit Verständnis. Und dennoch: „Man hat mich finanziell gedrückt, mit dem Hinweis, dass ich mich wiedereinarbeiten müsste.“ Dabei hatte Bastian selbstständig gearbeitet in den sechs Jahren Elternzeit, vor allem als Gutachterin.

Aber sie hatte kaum eine Wahl. Eineinhalb Jahre blieb Barbara Bastian in Bochum, bis sie sich wegbewarb. Immerhin, das klappte aus der Anstellung heraus gut. Zu einem angemessenen Gehalt.

Sonja L. hat sich sicher gefühlt. Sie arbeitete schließlich im Öffentlichen Dienst, leitete zuerst die Touristeninformation, dann eine von der Stadt betriebene Business-Schule, schon damals in Teilzeit. Da fiel 2003 die Entscheidung, einen Sohn zu bekommen, nicht schwer. Zwischenzeitlich arbeitete sie wieder, dann kam der zweite Sohn. Doch als sie 2008 nach zwei Jahren Elternzeit wieder einsteigen wollte, war alles anders: „Es gab eine unschöne Wirtschaftskrise.“

„Ich dachte anfangs noch: Du bist ja im Öffentlichen Dienst. Aber sie machten mir ein Angebot, dass ich nicht annehmen konnte.“ Nachmittags und unter Qualifikation. Sonja L. dachte, sie sei flexibel, hätte auch abends im Veranstaltungsbereich gearbeitet, aber eben nicht nachmittags. Warum auch, wenn die angebotene Stelle ohnehin keinen Publikumsverkehr beinhaltete. „Und irgendwann begriff ich, dass sie gar nicht nach einer geeigneten Stelle gesucht hatten, sondern nach einer, die eben nicht geeignet war. Ich war erschüttert, es traf mich unvorbereitet.“ Und dann fiel da noch dieser Satz: „Wissen Sie, in finanziell besseren Zeiten hätte man ihnen eine Spielwiese gesucht.“

Nun hat sich Sonja L. breit beworben: Zeitarbeit, Buchhaltung, Marketing, sogar in einem Callcenter. „Aber als Akademikerin ist man für die meisten Teilzeitstellen schon wieder überqualifiziert.“ Offiziell ist Sonja L. noch Angestellte, deswegen kann man die Stadt hier nicht benennen, aber sie liegt außerhalb des Ruhrgebiets.