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„Spatz von Avignon“ Mireille Mathieu ist depressiv

„Spatz von Avignon“ Mireille Mathieu ist depressiv

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Foto: Jens Schlueter
So viel Ruhm, so viel Erfolg und so viel Reichtum haben auch ihre Schattenseiten, der Druck des Show-Geschäfts war zu viel: Der „Spatz von Avignon“ fühlt sich ausgebrannt, einsam und leer. Mireille Mathieu ist depressiv. Sie müsse nur noch funktionieren. Mit dem Geständnis überrascht sie ihre Fans.

Avignon. 

Der pechschwarze Pagenkopf und ihr unbekümmert fröhliches Lächeln sind ihr Markenzeichen. Als „Spatz von Avignon“ hat sie die Herzen von Millionen erobert. Chansonstar Mireille Mathieu („Akropolis adieu“, „Hinter den Kulissen von Paris“) ist ein französischer Exportschlager – wie Champagner und Chanel. Doch so viel Ruhm, so viel Erfolg und so viel Reichtum haben auch ihre Schattenseiten. Dieselbe, die seit Jahrzehnten mit eiserner Strenge darüber wacht, dass keinerlei Details über ihr Privatleben nach außen dringen, überrascht ihre Fans nun mit einem ungewöhnlich anrührenden Bekenntnis. Es handelt von Einsamkeit und Leere, von Medikamenten und Depressionen.

Eine Leere, wie ein böser Traum

„Es war der Druck, der mich krankmachte“, gesteht die Sängerin jetzt der „Freizeit Revue“: „Ich musste nur noch funktionieren.“ Es ist eine Extrem-Erfahrung, unter der berühmte Künstler besonders oft zu leiden haben: In den Konzertsälen fliegen ihnen die Herzen des Publikums zu und körbeweise Rosen, aber sobald das Scheinwerferlicht erlischt, finden sie sich in einem Zustand quälender Einsamkeit wieder. „Mit dieser Leere kam ich nicht zurecht“, bekennt Mathieu. Eine Leere, die sie wie einen „bösen Traum“ erlebt haben will.

[kein Linktext vorhanden]Die Mittel gegen Depression hätten ihren seelischen Zustand noch verschlechtert: „Sie bewirkten, dass ich mich nicht mehr konzentrieren konnte. Es kam mir vor wie ein böser Traum.“ Eine der Folgen: „Ich hatte kein Gedächtnis mehr, um mir Texte merken zu können.“ Der nur 1,53 Meter große Weltstar mit der Riesenstimme zählt zusammen mit der Franko-Kanadierin Céline Dion zu den erfolgreichsten Künstlern, die in der Sprache Molières singen. In mehr als vier Jahrzehnten ihrer Bühnen- und Fernsehkarriere hat die in elf Sprachen singende Künstlerin schätzungsweise 185 Millionen Platten verkauft, davon allein über 40 Millionen in Deutschland.

Seitdem sie 1965 in ihrer Heimat, der Papststadt Avignon, zum ersten Mal einen Gesangswettbewerb gewann und gleich danach ihre TV-Premiere erlebte, wurde „La Demoiselle d’Avignon“ nicht nur mit Schallplatten in Gold und Platin überschüttet. In ihrer Heimat wurde sie 1999 zuerst zum Ritter der Ehrenlegion ernannt und 2011 sogar zum Offizier befördert.

„Ich See Kultur“Mit Staatschef Nicolas Sarkozy, der ihr die güldene Verdienstmedaille in einer Feierstunde im Elysée-Palast ans schlichte kleine Schwarze heftete, verbindet sie auch politische Nähe. Am Abend seines triumphalen Wahlsieges hatte „MM“, die zwischenzeitlich schon mal die Nationalfigur „Marianne“ verkörperte, bei der großen Siegesfeier auf der Place de la Concorde die „Marseillaise“ geschmettert.

Keine Liebe erlebt

Diese Nähe zur Macht trägt der 66-Jährigen immer wieder Kritik ein. Diese wurde besonders laut, als sie 2008 im Kreml vor Muammar al-Gaddafi und Wladimir Putin sang und danach mit beiden im Beduinenzelt Tee zu sich nahm. Kürzlich kritisierte sie die zu Lagerhaft verurteilte russische Punkband „Pussy Riots“ wegen des umstrittenen Auftritts in einer Kirche. Gleichzeitig sprach sich die Französin jedoch dafür aus, den Künstlerinnen gegenüber Milde walten zu lassen.

Privat fehlte ihr die Zuneigung. „Es gab durchaus Männer in meinem Leben, aber ich habe keine große Liebe erlebt.“ Ihr blieben nur die Scheinwerfer, das Rampenlicht: „Ich fühle mich auf der Bühne frei, es ist wie eine Liebesbeziehung zum Publikum. Ich gebe alles von Herzen, und es kommt was zurück. Es ist das, was ich im normalen Leben leider nicht erlebe.“