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Im Münster-Tatort lässt Liefers Schlager-Star Kaiser alt aussehen

Im Tatort lässt Liefers Schlager-Star Kaiser alt aussehen

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Foto: Friso Gentsch
Selbst ein erfolgreicher „Tatort“ wie der in Münster braucht gelegentlich Blutauffrischung. Als probates Mittel gilt die Verpflichtung von Gaststars. Aber warum, bitte, muss es der hüftsteife Sänger Roland Kaiser sein? Jan Josef Liefers lässt den Schlager-Star ganz schön alt aussehen.

Münster. 

Selbst erfolgreiche Reihen wie der „Tatort“ (Sonntag, ARD, 20.15 Uhr) aus Münster brauchen gelegentlich eine Blutauffrischung. Der WDR und die Produktionsfirma Colonia Media sahen ihr Heil in der Verpflichtung eines Gaststars. Aber warum, bitte, musste es Schlager-König Roland Kaiser sein?

Die Autoren Jan Hinter und Stefan Cantz, die das Konzept des „Tatortes“ in Münster vor elf Jahren entwickelten, machten es dem Sänger leicht: Der 60-Jährige spielt sich kurzerhand selbst. Das ist die gute Nachricht.

Arroganter „Tatort“-Rechtsmediziner Boerne

Die schlechte ist: Roland Kaiser ist inzwischen ein Schatten seiner selbst. Er hatte fast zehn Jahre lang schwere gesundheitliche Probleme; seit drei Jahren lebt er mit einer neuen Lunge. Vor der Kamera wirkt der gebürtige Berliner schwerfällig und ausgebrannt – und das passt leider nicht zu seinem Rollenprofil.

Jan Josef Liefers hat Kaisers schauspielerische Schwäche instinktiv erkannt. Als pathologisch arroganter „Tatort“-Rechtsmediziner Boerne lässt Liefers mit komödiantisch überzogener Schneidigkeit seinen singenden Kollegen noch blasser aussehen, als er ohnehin ist – und das ausgerechnet in einer gemeinsamen Szene, in der sich der Mann der leichten Muse als kultivierter Opern-Liebhaber offenbart.

Die Aura eines echten Stars im Tatort

Dabei müsste Kaiser die Aura eines echten Stars versprühen. Denn er spielt einen allseits angehimmelten Sänger namens – Vorsicht, Flachwitz! – Roman König, der in seiner Heimatstadt ein Konzert geben will.

Regie-Routinier Kaspar Heidelbach inszeniert König als Mann, der noch jedem Aschenputtel das Gefühl gegeben hat, im Grunde eine Prinzessin zu sein. Seine Managerin (überraschend blass: Ulrike Krumbiegel) weiß und wurmt das, vor allem dass König von einem Groupie namens Christiane Stagge (Fritzi Haberlandt) belagert wird.

Natürlich hat auch der Tatort-Fall, der die Handlung in Bewegung setzt, mit Königs Charme zu tun: Eine Journalistin wird tot auf dem Parkplatz eines Großmarktes gefunden; ihren Jackentasche befindet sich eine Ehrenkarte für das König-Konzert.

Die Ermittlungen spielen, wie so oft, in Münster nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr will das Autoren-Duo Hinter und Cantz davon erzählen, dass die Zeiten verbreiteter Schlager-Ächtung längst vorbei sind. Selbst die gestrenge Staatsanwältin Wilhelmine Klemm hält König für ein As. Doch mit der Besetzung der Episoden-Hauptrolle im Tatort unterläuft Regisseur Heidelberg ungewollt die gute Absicht des Films. Der müde Auftritt von Roland Kaiser signalisiert aber das exakte Gegenteil: Der Schlager ist, bei allem Respekt, ein Auslaufmodell. Tatsächlich feierte Roland Kaiser seine großen Erfolge in den 80er-Jahren.

Der Krimi spielt im Tatort wieder einmal eine untergeordnete Rolle

TatortFans des Münster-„Tatortes“ kommen dennoch auf ihre Kosten. Der eigentliche Kriminalfall spielt, wie so oft, nur eine untergeordnete Rolle. Die Nebenhandlung um hoch giftige Spinnen ist die heimliche Hauptgeschichte. Das Comedy-Geplänkel des bestens eingespielten Ensembles steht im Mittelpunkt. Aber letztlich dienen alle Figuren, auch die von „Tatort“-Kommissar Thiel (Axel Prahl), dazu, dass Licht von Rechtsmediziner Boerne noch heller leuchten zu lassen.