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Herzkrank? Das können Sie tun!

Herzkrank? Das können Sie tun!

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walken Foto: Getty
Vier Herzspezialisten standen an unserem Leser-Gesundheitstelefon zwei Stunden lang Rede und Antwort. Was die Kardiologen Prof. Thomas Budde (Essen), Dr. Stefan Fromm (Castrop-Rauxel), Prof. Hans-Joachim Trappe (Herne) und Prof. Jan Gummert (Bad Oeynhausen) Herzkranken empfehlen.

Essen. 

Ich leide unter Vorhofflimmern, was kann ich tun? Wodurch macht sich ein Herzinfarkt bemerkbar? Wann ist ein Stent notwendig, wann ein Bypass? Vier von vielen Fragen, die Leser am Gesundheitstelefon unserer Zeitung vier Herzspezialisten gestellt haben. Die wichtigsten Tipps der Kardiologen hier noch einmal zum Nachlesen.

Ich hatte 2009 einen Hinterwand-Infarkt und nehme den Blutgerinnungshemmer Marcumar ein. Mein INR-Wert wird regelmäßig kontrolliert. Zuletzt lag er bei 2,3. Was sagt dieser Wert überhaupt aus?
Experten: Der INR-Wert sollte zwischen 2 und 3 liegen, ist also bei Ihnen im Zielbereich. Der INR-Wert ist ein Maß der Blutgerinnung. Er dient zur Kontrolle und Grundlage der Dosierung von Blutgerinnungshemmern. Je höher der INR-Wert liegt, desto geringer ist die Gerinnungsfähigkeit des Blutes und umso höher ist aber auch die Blutungsneigung. Ein INR-Wert von 1 bedeutet, dass das Blut gerinnt wie beim Durchschnitt aller Menschen, ein INR-Wert von 2, dass es doppelt so lange zur Gerinnung braucht.

GesundheitVor anderthalb Jahren bekam ich plötzlich schlecht Luft. Vor einem Jahr bin ich dann auf der Straße zusammengebrochen. Bei einer kardiologischen Untersuchung wurde festgestellt, dass meine Herzkranzgefäße zu 60 bis 70 Prozent verengt sind. Ich bin vollkommen erledigt, wenn ich nur ein Fenster putze. Ich bin jetzt 72. Der Arzt sagt, da könne man nichts machen.
Experten: Ein Kardiologe sollte bei Ihnen eine Szintigraphie des Herzens machen. Mit dieser nuklearmedizinischen Untersuchung kann man feststellen, ob der Herzmuskel ausreichend mit Blut versorgt wird. Die sogenannte Myokard-Szintigraphie wird bei Patienten mit verengten Herzkranzgefäßen durchgeführt oder bei Menschen, bei denen der Verdacht darauf besteht. Die Untersuchung kann zeigen, ob und wo Einengungen der Herzkranzarterien zu einem Sauerstoffmangel im Herzmuskel führen. Die Untersuchung, die Nuklearmediziner und Kardiologen durchführen, wird unter Belastung und in Ruhe durchgeführt. Das alles dauert nur eine halbe Stunde und tut nicht weh. Je nachdem, wie die Szintigraphie ausfällt, muss überlegt werden, ob man Ihnen nicht mit einer Operation helfen kann. Dies muss besonders dann überlegt werden, wenn die Szintgraphie größere Bereiche mit Sauerstoffmangel zeigt.

Ich habe wahnsinnige Herzbeschwerden. Mein Kardiologe ist der Ansicht, dies komme von der Wirbelsäule. Er will mich nicht weiter untersuchen.
Experten: Gehen Sie zu einem Orthopäden. Wenn dieser nichts findet und weiter der Verdacht besteht, dass es am Herzen liegt, gehen Sie eventuell zu einem anderen Kardiologen und holen sich eine Zweitmeinung.

Marcumar zeigt bei meinem Mann keine ausreichende Wirkung

Mein Mann wird seit einem Jahr mit Marcumar behandelt. Das Medikament zeigt bei ihm aber nicht in ausreichendem Maße die blutverdünnende Wirkung.
Experten: Es gibt sehr selten Patienten, die auf den Blutgerinnungshemmer Marcumar nicht ansprechen. Eine Alternative kann der Gerinnungshemmer Sintrom sein. Besprechen Sie dies mit Ihrem Arzt.

In unserer Familie gab es viele Herzinfarkte, überwiegend bei Männer. Ich bin eine Frau, habe aber auch Angst davor, dass ich so etwas bekommen könnte. Was sind die typischen Anzeichen eines Infarktes?
Experten: Für die Männer ist das ja gut bekannt. Klassische Anzeichen sind etwa Schmerzen im Brustraum, die in verschiedene Körperregionen ausstrahlen können, etwa in die Arme, den Oberbauch, zwischen die Schulterblätter in den Rücken oder in den Hals und Kiefer. Herzinfarkte bei Frauen machen sich häufig anders bemerkbar, nämlich etwa mit starker Kurzatmigkeit, Übelkeit, Erbrechen oder auch mit Beschwerden im Oberbauch. Herzinfarkte werden häufig als eine Männersache angesehen. In Wirklichkeit sind bei Frauen in Deutschland, nach Angaben der Deutschen Herzstiftung, seit zehn Jahren Herzinfarkte und Schlaganfälle die häufigsten Todesursachen!

Welche Nummer muss man eigentlich anrufen, wenn es den Verdacht auf einen Herzinfarkt gibt? Die 112 oder die neue Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117?
Experten: Unbedingt die 112! Das gilt auch für andere lebensbedrohliche Situationen wie etwa einen Schlaganfall. Was man immer wieder betonen muss: Ein Herzinfarkt ist immer ein Notfall, bei dem man umgehend den Notarzt rufen muss! Es gibt Menschen, die meinen, sie könnten über ihre Beschwerden erst einmal eine Nacht schlafen, in der Hoffnung, dass diese dann wieder weggehen. Das kann tödlich enden! Hat man Beschwerden, die auf einen Infarkt hindeuten, etwa am Wochenende, darf man auf keinen Fall bis Montag warten, um dann erst einmal den Hausarzt zu befragen. Er ist bei einem Herzinfarkt sowieso der falsche Ansprechpartner. Also: Immer bei Verdacht auf einen Infarkt sofort die 112 wählen – egal an welchem Wochentag, egal zu welcher Uhrzeit!

Was muss ich mit den Stents beachten?

Ich hatte einen Herzinfarkt und habe 2011 zwei Stents bekommen. Wann ist so etwas überhaupt nötig und was muss ich mit den Stents beachten?
Experten: Stents werden bei Gefäßverengungen der Herzkranzarterien ins betroffene Herzkranzgefäß implantiert. Wenn man einen Stent bekommen hat, sollte man auf keinen Fall rauchen, außerdem den Blutdruck, sowie den Blutzucker- und Cholesterinspiegel sorgsam im Auge haben. Dazu sollte man kein Übergewicht haben und auch Sport treiben.

Ich bin 68 und hatte vor einem Jahr eine Lungenembolie. Seither habe ich immer mal wieder Herzrhythmusstörungen. Das Herz macht Extraschläge. Hört das mal wieder auf?
Experten: Wenn Sie Extraschläge haben, müssen Sie sich nicht sorgen. Diese sind völlig harmlos. Das haben viele Menschen über 50. Es kann eine Folge der Alterung sein. Lassen Sie zur Abklärung aber mal ein Langzeit-EKG machen. Wenn Sie die Schläge sehr stören, könnten Sie auch einen Betablocker nehmen. Solche Mittel senken den Sauerstoffverbrauch und die Pulsfrequenz des Herzens und unterdrücken oft auch die Extraschläge („Stolperschläge“) des Herzens.

Ich bin 57 Jahre und hatte 2011 einen schweren Hinterwand-Infarkt. Ich habe fünf Stents bekommen. Mir wurde auch ein Defibrillator eingepflanzt. Ich bekomme aber immer schlechter Luft. Meine Herzleistung beträgt nur noch 45 Prozent. Der Kardiologe sagt, man könne mir mit Bypässen helfen. Vor einer solchen Operation habe ich aber sehr viel Angst. Mir geht es sehr schlecht.
Experten: Gehen Sie umgehend in die Klinik, wo Sie Ihren Defibrillator bekommen haben. Die Bypässe können Ihnen helfen. Die Pumpleistung Ihres Herzens wird sich verbessern. Sie werden besser Luft bekommen. Besprechen Sie das mit den Ärzten. Bypassgefäße überbrücken hochgradige Engstellen der Herzkranzgefässe und verringern dadurch den Sauerstoffmangel im Herzmuskel.

Mein Mann ist seit 2006 herzkrank. Der Kardiologe rät ihm zu einem Herzschrittmacher. Er hat davor Angst. Ist das nötig?
Experten: Der Herzschrittmacher sorgt für einen regelmäßigeren Herzschlag, was auch die Durchblutung des Herzens verbessert. Der Einbau eines Herzschrittmachers dauert übrigens meistens nur eine halbe Stunde. Der Herzschrittmacher ersetzt fehlende, normalerweise durch das eigene Herz „von selbst“ entstehende Impulse, die die Herzschläge bewirken.

Ich leide unter Vorhofflimmern

Ich bin 53 und leide unter Vorhofflimmern. Sobald ich mich ein wenig anstrenge, etwa bei der Gartenarbeit, schnellt mein Puls hoch auf 180. Das ist sehr unangenehm, weil ich mich bei dem Vorhofflimmern, das oft zwei, drei Stunden anhält, auch sehr schlecht fühle. Meine Hausärztin hat dagegen bislang nichts unternommen.
Experten: Die Hausärztin ist da nicht der richtige Ansprechpartner. Vorhofflimmern ist ein großer Risikofaktor für einen Schlaganfall! Sie müssen das unbedingt mit einem guten Kardiologen besprechen. Bei Medikamenten gegen Vorhofflimmern sind Betablocker die erste Wahl. Wirken diese nicht, können andere Medikamente in Betracht kommen, die den Herzrhythmus stabilisieren. Bekommt man das Vorhofflimmern medikamentös nicht in den Griff, könnte auch ein Kathetereingriff helfen. Diesen nennt man Kryoablation.

Was versteht man unter einer Kryoablation?
Experten: Bei der Kryoablation wird das Gewebe im Herzen, das die unregelmäßigen Herzschläge verursacht, mit einem Katheter gezielt vernarbt (verödet). Das geschieht über Kälte (Kryoablation). Mit der Ablation unterbricht der Arzt die Weiterleitung von unkoordinierten, elektrischen Impulsen im Herzen. Ganz wichtig: Solche Eingriffe darf man auf keinen Fall bei irgendeinem Kardiologen, sondern nur in einem Herzzentrum durchführen lassen, das hierbei über große Erfahrung verfügt. Dann sind die OP-Risiken gering. Lassen Sie sich dazu gut beraten. In 75 bis 80 Prozent ist so ein Eingriff erfolgreich. Damit kann sich dann wieder ein regelmäßiger Herzrhythmus einstellen.

Ich habe einen Herzschrittmacher, habe aber Wasser in den Beinen und bin müde und schlapp. Was kann ich tun?
Experten: Gehen Sie zum Kardiologen. Lassen Sie untersuchen, wie es um die Pumpleistung Ihres Herzens steht und in welchem Zustand Ihre Herzklappen und Ihre Gefäße sind.

Ich bin 74 Jahre und habe 2011 drei Bypässe bekommen. Ich bin Diabetikerin. Heute habe ich noch wahnsinnige Atembeschwerden. Bei der geringsten Belastung schießt mein Puls in die Höhe.
Experten: Gehen Sie in die Klinik, in der Sie operiert wurden. Lassen Sie Ihre Beschwerden dort unbedingt abklären.

Ich hatte vor einem Jahr einen Herzinfarkt und habe einen Stent bekommen. Der hat sich jetzt schon zugesetzt.
Experten: Mit einer Szintigraphie des Herzens kann geklärt werden, ob das Gefäß, das jetzt zu ist, überhaupt operativ geöffnet werden muss oder ob seine Funktion von anderen Gefäßen übernommen wird.

Ich habe eine neue Herzklappe

Ich habe Ende August eine neue Herzklappe bekommen. Insgesamt muss ich derzeit elf Medikamente nehmen. Jetzt bin ich in der Reha und habe ab und an Vorhofflimmern.
Experten: Vorhofflimmern nach einer Herzoperation ist nicht selten. Nach der Reha sollten Sie mit Ihrem behandelnden Kardiologen noch einmal über die Medikamente sprechen. Es muss auch mal geprüft werden, ob der Medikamenten-Spiegel auf dem richtigen Niveau ist. Eventuell könnte Ihnen auch eine elektrische Kardioversion helfen, also ein Elektroschock. Durch den Stromstoß soll die Aktivität der Herzmuskelzellen wieder synchronisiert werden.

Ich bin 74 Jahre und lebe mit drei Stents. Ich habe häufig Schmerzen hinter dem Brustbein. Was kann das sein?
Experten: Drücken Sie in der Mitte auf das Brustbein. Wird der Schmerz dann besser oder schlechter, hat das nichts mit dem Herzen zu tun. Ein anderer Test ist: Verwenden Sie, wenn die Schmerzen kommen, einmal Nitrospray. Hilft das, könnte es sich um eine Angina Pectoris handeln – also um einen anfallsartigen Schmerz in der Brust, der durch eine Durchblutungsstörung des Herzens ausgelöst wird. Meist beruht dieser auf einer Engstelle (Stenose) eines Herzkranzgefäßes. Hilft das Nitrospray, müssen Sie dies unbedingt mit Ihrem behandelnden Kardiologen besprechen.

Ich bin 78 Jahre und habe einen Herzschrittmacher. Der ist, trotz der vorgeschriebenen jährlichen Kontrolle, schon zweimal stehengeblieben. Dann bin ich als Notfall in die Klinik eingeliefert worden.
Experten: Sie müssen das umgehend in der Klinik, die Ihnen den Schrittmacher eingepflanzt hat, klären lassen. Da muss was am Gerät kaputt sein. Es kann sein, dass sich dort eine Elektrode gelöst hat oder defekt ist. Im Schnitt hält ein moderner Herzschrittmacher acht bis zehn Jahre. Muss er oft anspringen, unter Umständen auch kürzer.

Ich bin 50 und habe oft ein stechendes, krampfartiges Ziehen in der Brust. Mein hoher Blutdruck ist nicht gut eingestellt und liegt oft bei 170/100. Meine Mutter hatte das auch und hatte einen Schlaganfall. Ich wohne auf dem Land. Der nächste Kardiologe hat aber erst im Juni nächsten Jahres einen Termin.
Experten: Dann gehen Sie bitte umgehend in eine Klinik mit einer kardiologischen Abteilung, um Ihre Beschwerden abklären zu lassen. Lassen Sie ein Belastungs-EKG machen. Ist das nicht in Ordnung, ist unter Umständen eine Herz-Katheter-Untersuchung angezeigt.

Ich bin 54 Jahre alt und habe oft einen erhöhten Pulsschlag und auch Extraschläge des Herzens. Dies aber erst nach einem starken Infekt.
Experten: Lassen Sie eine Kernspintomographie (MRT) vom Herzen machen, um festzustellen, ob Sie durch den Infekt eine Herzmuskelentzündung haben. Im Kernspin sieht man, ob es eine Veränderung am Herzen gibt, die auf eine Entzündung hindeutet.