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Feuerwehr klagt über Notrufe wegen Schluckauf und Katzen

Feuerwehr klagt über Notrufe wegen Schluckauf und Katzen

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Foto: dpa
Die Feuerwehr wird nicht nur gerufen, wenn es brennt, sondern auch dann, wenn Katzen verrückt spielen, Kinder nicht einschlafen oder ein Schluckauf partout nicht endet. Die Zahl der Notrufe wegen Banalitäten steigt, klagen Feuerwehrleute. Sie fürchten, richtige Einsätze könnten darunter leiden.

Düsseldorf. 

Einer wählt den Notruf, weil er Schluckauf hat, ein anderer, weil sein Kind nicht einschläft: Immer häufiger, so klagen Feuerwehrleute, werden sie alarmiert wegen Problemen, die bei objektiver Betrachtung keineswegs als Notfall einzustufen sind.

Christoph Schöneborn, Geschäftsführer des Feuerwehrverbands NRW, sieht die Ursachen in der Gesellschaft begründet: „Die Fähigkeit zur Selbsthilfe lässt nach“, sagt er. Erst vor wenigen Tagen hatte ein Bochumer Pärchen die Polizei gerufen, weil sie ihren aggressiven Kater nicht mehr in den Griff bekamen. Zwei Dortmunder flohen vor ihrem Rottweiler ins Badezimmer und wählten dort den Notruf.

In Großstädten sind die Menschen einsamer

Gerade in Großstädten zeige sich, dass die Menschen einsamer seien als früher, sagt Schöneborn. In weniger urbanen Gegenden gebe es weniger Notrufe, hinter denen sich kein wahrer Notfall verbirgt. Offensichtlich hätten die Menschen dort mehr Kontakt zu Nachbarn und Freunden, die im Notfall helfen könnten.

„Die Anforderung an die Feuerwehr als Dienstleister steigt immer weiter“, formuliert Schöneborn diplomatisch, was ein Sprecher der Hamburger Feuerwehr vor einiger Zeit drastischer ausdrückte: „Das rote Taxi mit Blaulicht wird auch bei Nasenbluten bestellt.“

Für die Feuerwehren bedeuten solche Notrufe vor allem eines: mehr Einsätze und damit mehr Stress. „Die Belastung steigt dadurch natürlich“, sagt Schöneborn. Doch problematischer sei etwas anderes: Wenn Rettungsfahrzeuge und -personal zu einem Einsatz ausrücken, der sich als Lappalie erweist, dauere es länger, bis die Kollegen einen tatsächlichen Einsatzort erreichten. „Das kann Menschenleben gefährden.“

Notruf, weil das Kind nicht schlafen kann

In Berlin ging im Januar ein Notruf junger Eltern bei der Feuerwehr ein: Das Kind könne nicht schlafen. Der Disponent in der Leitstelle, der den Anruf entgegennimmt, muss abwägen: Ist das so banal, wie es klingt, oder könnte es ein echter Notfall sein? Er entscheidet, ob die Kollegen ausrücken.

„Im Zweifelsfall gehen die Disponenten auf Nummer sicher“, sagt Schöneborn, schließlich könne man am Telefon nie abschließend beurteilen, ob eine Gefährdung vorliegt. Zudem müssten sich die Kollegen auch selbst schützen: Immer öfter würden sich Angehörige an die Presse wenden und klagen, ihr Notruf habe nicht die nötige Beachtung erfahren.

„Lieber einmal zu viel anrufen als einmal zu wenig“

Selbst wenn die Ursachen auf dem Tisch liegen, ist eine einfache Lösung für das Problem nicht zu erkennen. Feuerwehrverbands-Chef Schöneborn setzt auf Aufklärung: „Die Menschen müssen wissen, wofür der Rettungsdienst zuständig ist – und wofür nicht.“ Wer im Laufe des Tages noch einen Arzt braucht, der solle den ärztlichen Notdienst anrufen, nicht den Rettungsdienst.

Doch bei allen Klagen, eines will Schöneborn ganz deutlich machen: Wer ein berechtigtes Anliegen habe, der dürfe nicht zögern, den Notruf zu wählen. „Lieber rufen uns die Leute einmal zu viel als einmal zu wenig.“