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Ein ungleiches Paar

Ein ungleiches Paar

Stuttgart. 

Grün steht ihm gut. Thomas Strobl hat ein ganzes Arsenal grüner Krawatten im Schrank. Am Ende der Koalitionsverhandlungen am Sonntagabend zeigte sich der Mann, der als erster CDU-Juniorpartner an der Seite eines grünen Ministerpräsidenten regieren will, aber lieber salopp: ohne Krawatte, mit Jeans und offenem Jackett. Als ob er besonders agil wirken wollte – gegen den immer etwas großväterlichen Kretschmann. Die Leute sollten sehen: Hier steht der Mann, der jetzt mit Winfried Kretschmann regieren wird – der ihn aber lieber heute als morgen als Regierungschef in Baden-Württemberg beerben will.

Die Bilder der vergangenen Wochen zeigen: Rein optisch hat sich das ungleiche Paar, der 56-jährige Strobl und der 67-jährige Kretschmann, längst auf das grün-schwarze Bündnis eingestellt – auch der grüne Ministerpräsident trägt zu schwarzen Anzügen gerne grüne Binder. Doch bei aller Gemeinsamkeit darf man nicht vergessen: Sie kommen auch aus verschiedenen Welten. Hätten sich die beiden als Studenten getroffen, wären sie sogar aufeinander losgegangen: Strobl, der konservative Jurist mit dem Schmiss im Gesicht – und Kretschmann, einst kommunistischer Aktivist mit 68er-Sozialisation. Doch beide haben sich mehrmals gehäutet in ihrem politischen Leben. Strobl ist heute liberaler als viele in der CDU – Kretschmann ist bürgerlicher als viele bei den Grünen.

Am Montagmittag stellten sie in Stuttgart den Koalitionsvertrag vor: „Wir haben uns nicht gesucht, aber gefunden“, sagt Strobl. Bei der Landtagswahl waren die Grünen mit 30,3 Prozent stärkste Fraktion geworden, die CDU stürzte in ihrem Stammland auf 27 Prozent ab. Viermal betont Strobl, dass in dieser ersten grün-schwarzen Koalition „fast gleichstarke Partner“ zusammenkämen. Kretschmann nickt freundlich: „Da musste jeder Dinge hergeben, die er lieber behalten wollte.“

Am 12. Mai soll der Ministerpräsident gewählt werden. Fünf Tage danach wird Kretschmann 68 Jahre alt. Fünf Jahre später, bei der nächsten Wahl, so die Hoffnung bei der CDU, könnte Strobl mit dem Amtsbonus des Vize-Regierungschefs die CDU wieder zur stärksten Partei machen und Ministerpräsident werden.