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Tunnel soll ab 2021 Fehmarn mit Dänemark verbinden

Tunnel soll ab 2021 Fehmarn mit Dänemark verbinden

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Foto: dpa
Ein 17,6 Kilometer langer Tunnel soll ab 2021 die Ostseeinsel Fehmarn mit Dänemark verbinden. Eines der größten europäischen Verkehrsprojekte. Bauen wird die dänische Staatsfirma Femern ab 2014. Die großen Umweltorganisationen sehen die Schweinswalbestände gefährdet.

Puttgarden. 

Fahrrad-Fans, Vogelfreunde, Badegäste – sie alle kommen gerne nach Ostholstein. Und Dänen. Dänen lieben die „Nordstern“. Der weiße Container an den Fährrampen von Puttgarden ist Deutschlands größter Schnapsladen. Auf 6000 Quadratmetern gibt es 900 Wein-, 250 Whisky- und 40 Cognac-Sorten. Bier ist ein Drittel billiger als in Skandinavien. Viele Nordländer reisen daher nur an, um zu shoppen.

Rauschen die Dänen bald an „Nordstern“ vorbei? Das Kaufhaus muss umdenken – wie auch die Fährlinie Scandlines, wie die Tourismusmanager im nahen Burg und wie alle anderen auf Fehmarn und an der Ostsee. Den Fähren bleibt, geht es nach dem Willen der Regierungen in Kopenhagen und Berlin, nur eine Restlaufzeit.

Die Dänen wollen diesen Tunnel

Im Februar startet auf deutscher Seite das Planfeststellungsverfahren für eines der größten europäischen Verkehrsprojekte. Für 5,1 Milliarden Euro soll ab 2021 ein 17,6 Kilometer langer Tunnel – halb Autobahn, halb Schnellbahnstrecke – Deutschlands sonnigsten Außenposten mit der dänischen Inselwelt verbinden. Baubeginn ist 2014. Auch eine neue Brücke über den Fehmarnsund ist wohl fällig. Die alte von 1963, Symbol der Vogelfluglinie, ist ja marode und zu schmal für den Verkehr, der durch den Tunnel rollen wird.

Bauen wird die dänische Staatsfirma Femern. Sie trägt die Kosten, kassiert die Maut, die das Vorhaben binnen 39 Jahren rentabel machen soll. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Eine Milliarde schießt die EU zu. Die Verlängerung der A 1 Ruhrgebiet Richtung Norddeutschland bis Fehmarn und den Ausbau der Bahnlinie entlang der Lübecker Bucht begleicht der deutsche Steuerzahler.

Fast 4000 Bahnreisende werden den Belt passieren

Der Widerstand ist groß. Bei den großen Umweltorganisationen wie dem BUND, der durch den Bau die Schweinswalbestände in den Riffen und Sandbänken des Belt gefährdet sieht, denn der Tunnel wird als gigantischer Betonkasten an Land vorgefertigt und ins Meer versenkt. Den härtesten Schlagabtausch liefern aber lokale Vertreter mit wirtschaftlichen Einwänden: „Der Tunnel rechnet sich nicht“, sagt Susanne Brelowski.

Brelowski spricht für die Allianz gegen die feste Fehmarnbeltquerung. Das ist das Dach der Bürgerinitiativen, die sich in bei Urlaubern aus dem Revier beliebten Orten gegründet haben: in Ratekau, Timmendorfer Strand, Scharbeutz, Neustadt, Sierksdorf oder Burg. Der Güterverkehr werde die Gäste vergraulen, glaubt Brelowski. Tourismus-Experte Volker Owerien erwartet jährliche Verluste von 20 bis 40 Millionen Euro an der Küste, wenn sie absagen.

Was vor allem abschrecken könnte: 78 Güterzüge pro Tag werden nach Bahnplänen ortsnah durch eine der populärsten Ferienregionen rollen, 75 Prozent des Schienentransports zwischen Skandinavien und dem Kontinent. Statt heute 1000 werden fast 4000 Bahnreisende den Belt passieren. Die Zahl der Autoreisenden nach Skandinavien – auf den Fähren heute täglich 5000 – könnte sich vervielfachen. Es wird laut im Norden. „2013 wird ein entscheidendes Jahr“, sagt Claus Baunkjaer, der Chef von Femern. Die Planer in Kopenhagen glauben an die Vision von einem Skandinavien, dass mit dem Kontinent zusammenwächst: Sparen dann nicht schon die Autofahrer zwischen Hamburg und Kopenhagen eine Stunde Fahrzeit ?

Alternative: Ein Schiff ohne Abgase

Jetzt hat – im letzten Moment – die Reederei Scandlines, die dem Tunnel 1000 Jobs in der Region opfern müsste, versprochen, 500 Millionen Euro in die Hand zu nehmen und abgasfreie, mit Wasserstoff betriebene schnelle Fähren zu bauen. Die ersten der Art in der Welt. Vorausgesetzt, die Politik verschiebt doch noch ihre Visionen.