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Der Mann der Tänze – John Travolta feiert 60. Geburtstag

Der Mann der Tänze – John Travolta feiert 60. Geburtstag

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Mit "Saturday Night Fever" kam 1977 der große Durchbruch: John Travolta hat auch die Deutschen mit dem Tanzfieber angesteckt. Foto: Imago Stock&People
John Travolta wurde mit „Saturday Night Fever“ zur Tanzlegende, stürzte ab und kehrte vor 20 Jahren mit „Pulp Fiction“ zurück. Am Dienstag wird der Hollywoodstar sechzig Jahre alt – wir blicken zurück auf eine Karriere zwischen Tanz, Absturz und Filmgeschäft.

Washington. 

John Travolta hat in seinem Leben viel falsch gemacht. Außer zwei Tänzen. Den ersten absolvierte er vor bald 40 Jahren in Nylonanzug und Polyesterhemd, das Brusthaar ungekämmt und offen getragen.

Als Disco-Hengst Tony Manero in „Saturday Night Fever“ zeigte er einer nach gediegener Schubidu-Körpererfahrung suchenden Generation, dass es auch schüchterne Farbenverkäufer aus Brooklyn mit dem richtigen Hüftschwung und den Bee Gees am Ohr zu etwas bringen können.

Der zweite Tanz liegt 20 Jahre zurück und war ganz anders. Zu „You Never Can Tell“ zog Travolta in „Pulp Fiction“ als schmierlappiger Junkie im Jack Rabbit Slims Twist Contest mit einer gewissen Mia linkisch die gespreizten Finger über die Augen, schaffte so ein lebendiges Denkmal der Kinogeschichte und wurde über Nacht zum Inbegriff der coolen Sau vom Dienst. Zwischen beiden Auftritten liegt das Ödland ei­ner Karriere, aus dem bis heute ei­ne der fruchtbarsten Weiden in der Illusionsschmiede Hollywood geworden ist.

Talsohle alskünstlerische Daueradresse

Als das Samstagabendfieber abgeklungen war, atmete Travolta, in New Jersey als Sohn eines Reifenhändlers mit Italo-Wurzeln und ei­ner irisch-katholischen Lehrerinnen-Mutter geboren, in „Grease“ noch ein wenig Morgenluft.

Bevor mit „Blow Out“ und „Staying Alive“ der Abstieg begann, eine Psychosekte für ihn Denken und Fühlen übernahm und mit „Guck mal, wer da spricht“ die Talsohle seine künstlerische Daueradresse wurde. Anfang der 90er-Jahre war Travolta ein Wrack. Geschmacksunsicher, verfettet, verzweifelt und abgemeldet.

Ordentliche Voraussetzungen für einen kauzigen Typen, der sich als ehemaliger Videothekar über Jahre von Filmdialogen ernährt hatte und irgendwann selber in die Film ab!-Kaste aufsteigen wollte. Quentin Tarantino, damals wegen seines Erstlings „Reservoir Dog“ nur Insidern ein Begriff, tätschelte ausgiebig Travoltas stumpf gewordenes Tanzbein-Ego und redete ihm für schnäppchenhafte 150.000 Dollar Gage eine Rolle in „Pulp Fiction“ an den Kopf.

Als bleicher, aufgedunsener Gangster Vincent Vega konkurierte Travoltas strähniger Pferdeschwanz mit dem vogelnestdichten Minipli von Jules (Samuel L. Jackson). Gemeinsam gaben die beiden ein küchenphilosophisch angehauchtes Killerduo, das tiefsinnig über Pommes Frites, Cheeseburger und Fußmassagen zu debattieren wusste, wenn es nicht gerade unbeabsichtigt verschütt gegangene Gehirnmasse von Geiseln vom Autorücksitz wischen musste.

Diese rabenschwarze Burleske und die grandios minimalistische Tanz-Einlage mit Uma Thurman katapultierten Travolta in eine Umlaufbahn, aus der ihn Zentrifugalkräfte einer gnadenlosen Branche bis heute nicht schleudern konnten.

20-Millionen-Dollar-Gagen sind keine Seltenheit

Kurz nach Tarantino brillierte Travolta als Chili Palmer in „Schnappt Shorty“ in der Rolle ei­nes windigen Kredithais, der es mit hypnotischen Gangstermethoden („Hey, sehen Sie mich an“) zum Filmproduzenten bringt. 2009 lieferte er in dem Vorstadtzug-Geiseldrama „Pelham 123“ die bezwingende Vorstellung eines Irren mit Herz.

20-Millionen-Dollar-Gagen sind für den Hobbypiloten, der hinterm Haus in Florida eine Landebahn anlegen ließ für seine Boeing 707 und Gulfstreams, seither keine Seltenheit. Wo Travolta mitmacht, ist Reibach programmiert. Und nichts kann den Ruf erschüttern.

Seine unheimliche, seit bald 40 Jahren anhaltende Nibelungentreue zu den ruchlosen Menschenverbiegern von Scientology, wo Travolta ähnlich wie Tom Cruise so viele Lügendetektoren-Tests überstanden hat, dass er sich „Operating Thetan“ nennen darf, hat seiner Popularität nichts anhaben können. Ebenso die nicht enden wollenden Spekulationen, der zweifache Familienvater und Ehemann von Kelly Preston sei schwul. Oder mindestens bi.

Sein Publikum kann es gar nicht erwarten, dass der Meister des kleinen, aber effektiven Schrittes bald wieder zum Tanz bittet und vor allem eines bleibt: „Staying alive“. Heute wird John Travolta 60 Jahre alt.