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Chris Howland – der Mann, der „Heinrich Pumpernickel“ war

Chris Howland – der Mann, der „Heinrich Pumpernickel“ war

Als „Heinrich Pumpernickel“ wurde Chris Howland zur Radio-Legende. Pop plus Witz – diese Kombination war im grauen Nachkriegsdeutschland selten. Doch der Entertainer kennt nicht nur die Höhen des Lebens. Aber er stand immer wieder auf. Jetzt wird er 85.

Essen. 

Der Rücken. Er schmerzt. Aber sonst geht es gut, so kurz vor dem 85. Geburtstag, den Chris Howland kommenden Dienstag feiert. „Ich bin ja auch in wunderbaren Händen“, sagt er in Richtung von Ehefrau Monika. Fest klingt die Stimme aber auch nach über 60 Jahren in Deutschland immer noch mit britischem Akzent. Und das ist „keine Masche“, wie Howland versichert.

Vielleicht ist das das Geheimnis seines Erfolges. Einen wie ihnen kennen die deutschen Radiohörer jedenfalls nicht Anfang der 1950er Jahre. Einen, der nicht so klingt, als würde er zum Lachen in den Keller gehen.

Einen, der seine Radiosendung mit Pferdegetrappel beginnt, sich als „Schallplattenjockey“ vorstellt und einen Gag nach dem anderen aus dem Handgelenk schüttelt. Wie einer eben so moderiert, der sein Handwerk beim Soldatensenden BFN gelernt hat. Obwohl: „Das wichtigste ist, dass du als Mensch herüberkommst. Und das kannst du nicht lernen.“

Autobiografie„Hello, sitzen Sie bekwäm?

24 ist Howland, als er – in einer Gin-Tonic-Laune und um eine Wette zu gewinnen – beim NWDR in Hamburg hereinspaziert und forsch ein Gespräch mit dem Musikchef verlangt. „Geben Sie mir eine Sendung, und ich hole Ihnen die Millionen deutscher Hörer zurück, die Sie an die Sender der Alliierten, verloren haben“, verspricht er vollmundig – und wird beim Wort genommen.

Dass er eigentlich kein Wort Deutsch kann, geht im Trubel etwas unter. Minuten vor der ersten Sendung lässt er sich seinen Text phonetisch übersetzen. „Hello, sitzen Sie bekwäm? Dann fanger ish arn!“, radebrecht er sich über die Zeit. Eine Zeitung schwärmt anderntags vom „weichen, ausländisch akzentuierten Bariton“.

So juxt sich der gebürtige Londoner in die Herzen der Deutschen. In der legendären WDR-Sendung „Spielereien mit Schallplatten“ verpasst er sich aus einer spontanen Laune heraus selber den Spitznamen „Heinrich Pumpernickel“ – einfach um den ihm gegenüber sitzenden, todernsten Toningenieur zum Lachen zu bringen. „Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin.“

Bald singt er auch selber

Bald ist er nicht nur Disc-Jockey, bald singt er auch selber. Nicht immer schön, aber für damalige Verhältnisse stets witzig und extrem erfolgreich. Er schwärmt vom „Fräulein“, behauptet, „das hab ich in Paris gelernt“ und verrät, was er bei finanziellen Schwierigkeiten macht. „Dann hau’ ich mit dem Hämmerchen das Sparschwein kaputt.“

So bekannt wird Howland dadurch, dass Kino und Fernsehen rufen. Ob Edgar Wallace oder Karl May – auf der Leinwand wird der gelernte Imker meist als spleeniger Brite besetzt. Im Fernsehen darf er „Musik aus Studio B“ präsentieren und warnen: „Vorsicht Kamera“. Bis seine Sendungen 1970 abgesetzt werden und er auf Mallorca ein Hotel eröffnet. Ein Erfolg wird es nicht.

Howland stürzt ab, schaut zu oft zu tief in die Flasche, ist ganz unten. Aber er kämpft sich wieder nach oben. „Du kannst zu Boden gehen“, sagt er heute über diese Zeit, „aber du musst wieder aufstehen.“ Ihm hat Monika dabei geholfen – seine dritte Ehefrau. Ein Glücksgriff, die große Liebe. Sie korrigiert seine Texte, überwacht die Finanzen und kocht laut Chris wie eine Fünf-Sterne-Köchin. Im Gegenzug, hat sie mal gescherzt, bekomme sie „freie Kost und Logis. Mit Gartenbenutzung“.

„Ich weiß vorher nie, was ich gleich so sagen werde“

Zwei Tage vor seinem Geburtstag würdigt ihn der WDR am Sonntag, 23.15 Uhr, mit dem Porträt „Ich kam nach Hause“. Howland selbst plant nichts Besonderes zum Ehrentag. „Feiern geht nicht“, sagt er nach einem kurzen Blick auf den Kalender. „Dienstags bin ich bei WDR4 auf Sendung.“ „SMS“ heißt die Show. Spielereien mit Schallplatten.

Neue Musik gibt es da nicht zu hören. „Alte Sachen, große Hits. Musik von früher“. Da kennt er sich aus, das „erwarten die Hörer auch“. Genau wie die Sprüche, die er eine Stunde lang zwischen den einzelnen Titeln zum Besten gibt. Bis er sagt: „Auf Wiedersehen, Bye Bye.“ Oder so ähnlich. „Ich weiß vorher nie, was ich gleich so sagen werde“, gesteht Howland, „das ist alles spontan.“