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Diesmal hat das Walschlachten auf den Faröern ein Nachspiel

Diesmal hat das Walschlachten auf den Faröern ein Nachspiel

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Inhabitants of Faroe Islands catch and slaughter pilot whales during the traditional 'Grindadrap' near Sandur on Sandoy island Foto: Reuters
In einem „Grindadrap“ genannten Ritual schlachten die Bewohner der Faröer-Inseln Hunderte Wale. Für Tierschützer ist es ein barbarischer Akt.

Tórshavn. 

Die Aktivisten wollten sich zwischen die Tiere und ihre Jäger stellen – und so das Töten beenden. Doch die Polizei nahm sie fest. Seit Montag nun läuft ein Prozess gegen die Mitglieder der Tierschutzorganisation „Sea Shepherd“, weil sie Ende Juni eine Treibjagd störten. Vorsorglich wurden ihnen die Pässe bis zur Urteilsverkündung entzogen, weite Teile der lokalen Bevölkerung halten nicht viel von den Störern. Der alte Konflikt zwischen Färingern und Tierschützern erreicht einen vorläufigen Höhepunkt.

Die Sommer sind blutig auf den Färöern, einer teilautonom an Dänemark angeschlossenen Inselgruppe mit eigener Sprache mitten im sturmumtosten Atlantik. Die rund 50.000 Bewohner – überwiegend Wikinger-Nachkommen – sind stolz auf ihre Identität. Zu der zählt auch dieses über 1000 Jahre altes Ritual, „Grindadràp“ genannt. Jahr für Jahr werden nach Zahlen der Tierschützer währenddessen rund 900 Grindwale und 300 Weißseitendelfine geschlachtet. Die Prozedur ist nichts für schwache Nerven: Die Meeressäuger werden mit Booten in eine flache Bucht getrieben. Dort warten Insulaner bereits im knietiefen Wasser.

Tierquälerei oder schützenswerte Kultur?

Sie rammen den Tieren spitze Stäbe tief ins Blasloch, um deren Echo-Ortungssystem außer Kraft zu setzen. Mit Messern schneiden die Treibjäger den orientierungslos zappelnden Tieren dann die Kopfschlagader durch. Weil die Säuger selbst unter Wasser bis zu 20 Minuten ohne Sauerstoff auskommen können, verbluten sie bei vollem Bewusstsein – spüren also alle folgenden, eigentlich unnötigen Messerstiche, die ihnen besonders aufgehetzte und manchmal auch angetrunkene Jäger nach Lust und Laune versetzen. Wenn die Wale endlich tot sind, werden sie mit Haken an Land gehievt. Dort werden die Bäuche aufgeschlitzt, damit die Gedärme rausfallen – manchmal kommt dabei auch ein Baby im toten Leib der Mutter zum Vorschein.

Bei einer einzigen Treibjagd können so etwa 100 Grindwale erlegt werden. Die ganze Bucht färbt sich blutrot. Weil es auf den Färöer-Inseln keine Bäume und somit keine Wälder mit Jagdwild gibt, freuen sich fast alle auf das volksfestähnliche Spektakel, bei dem Raserei und Gewalt akzeptiert sind.

Tierschützer machen Stimmung gegen diese aus ihrer Sicht barbarische Tradition. Die Färinger unterdessen stören sich an den oft aus den USA angereisten Ausländern, die sie als „heuchlerische Gutmenschen mit Geltungsdrang“ bezeichnen: Es werde überall auf der Welt Wild in Wäldern gejagt, ohne viel Kritik. Ist „Grindadràp“ also Tierquälerei oder Teil einer schützenswerten Kultur?

Pamela Anderson schaltet sich ein

„Es ist völlig legitim, Tiere zu töten, um sie zu essen. Die Grindwale sind nicht vom Aussterben bedroht und die Jagd ist nachhaltig. Die Tiere werden so schnell wie möglich getötet. Insgesamt geht es ihnen dabei tausendmal besser als Kühen, Schweinen und Geflügel“ in der Massentierhaltung, sagte der konservative Parlamentarier Rasmus Jarlov im dänischen Rundfunk DR.

Pamela Anderson sieht das anders. Die wasserstoffblonde, mittlerweile 48-jährige Schauspielerin („Baywatch“) machte im letzten Jahr massiv Stunk auf den Färöern – zur Bestürzung der Insulaner. „Das ist barbarischer und psychotischer Wahnsinn. Die machen das nicht, um zu überleben“, schimpfte Anderson bei ihrem Aufenthalt. Es gehe einzig und allein um die Freude am Töten. Die Treibjagd ist allerdings nicht kommerziell. Das Fleisch wird nach der Tradition unter den Dorfbewohnern aufgeteilt. Das gilt als wichtiges Ritual auch für den sozialen Zusammenhalt, heißt es vom Kulturverband der Insel.

Den „Sea Shepherd“-Aktivisten droht derweil im Fall einer Verurteilung eine empfindliche Strafe: Die Staatsanwaltschaft fordert Geldbußen von bis zu 25 000 Kronen (3500 Euro). Ob das die Tierschützer abschrecken würde, erscheint jedoch fraglich.