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Warum Sparkassen-Chefs ihr Gehalt offenlegen sollen

Warum Sparkassen-Chefs ihr Gehalt offenlegen sollen

Der Herner Sparkassen-Chef Hans-Jürgen Mulski.
Der Herner Sparkassen-Chef Hans-Jürgen Mulski. Foto: Foto: WAZ

Essen. 447 000 Euro pro Jahr verdient der Chef der Sparkasse Dortmund. Sein Bochumer Amtskollege kam auf 317 000 Euro jährlich. Doch viele kommunale Kreditinstitute weigern sich noch, das Chefgehalt zu veröffentlichen. Ein neues Transparenzgesetz soll Klarheit bringen – zumindest in einigen Monaten.

Was verdient ein Sparkassenchef? Vor einigen Jahren war es noch ein großes Geheimnis, bald aber dürfte es in den Geschäftsberichten der Kreditinstitute nachzulesen sein. Das sieht das NRW-Transparenzgesetz vor, das zum Jahreswechsel in Kraft getreten ist. Bis zur völligen Offenheit könnte es indes noch einige Monate dauern. Die neuen Regelungen sind erstmals auf die Zahlenwerke der Unternehmen für das nach dem 31. Dezember 2009 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden. Also muss in der Regel erstmals der Geschäftsbericht 2010 nach den neuen Vorgaben gestaltet sein.

Ginge es nach NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU), könnten die Sparkassen-Chefs schon jetzt im Geiste des Gesetzes handeln. Die Verpflichtung aus dem Transparenzgesetz sei „die eine Sache”, sagte Linssen dieser Zeitung. „Der Einsicht in die notwendige Transparenz und einer gegebenenfalls früheren Veröffentlichung der individualisierten Bezüge steht allerdings nichts im Wege.”

Der Herner Sparkassen-Chef Hans-Jürgen Mulski gehört zu jenen Managern, die schon jetzt offen sagen, was sie verdienen. „Wenn der Gesetzgeber das so wünscht, dann sollten wir uns daran halten”, sagt Mulski. „Wir haben nichts zu verbergen.” Laut Geschäftsbericht erhielt Mulski 274 000 Euro für das Jahr 2008. Ein aktuellerer Jahresabschluss liegt bislang für keine NRW-Sparkasse vor.

Bei der Sparkasse Münsterland Ost bekam Institutschef Markus Schabel übrigens 568 000 Euro. Die Bezüge des vierköpfigen Vorstands summierten sich auf 1,97 Millionen Euro. Das lässt sich im Bundesanzeiger nachlesen.

Ob die Sparkassen-Chefs schon jetzt ihre Gehälter veröffentlichen müssen, ist juristisch umstritten. Einzelne Sparkassen-Chefs hatten vor Gericht mit Erfolg gegen frühere Regelungen geklagt, die ebenfalls eine Offenlegung der Gehälter vorsahen. Gleichwohl benennen bereits jetzt einige Sparkassen die genauen Gehälter ihres Top-Managements. Die Sparkasse Dortmund etwa gibt für ihren Vorstandschef Uwe Samulewicz jährliche Bezüge von 447 000 Euro an. Der Bochumer Sparkassen-Chef Volker Goldmann kam auf 317 000 Euro. In Hattingen erhielt Institutschef Friedhelm Falk 259 000 Euro.

Widerstand am Niederrhein

Andere Sparkassen lehnen es ab, zum jetzigen Zeitpunkt die individuellen Gehälter zu veröffentlichen – zum Beispiel die Institute Niederrhein, Duisburg und Oberhausen.

Die Sparkasse Essen nennt immerhin die Gesamtsumme, die der vierköpfige Vorstand im Jahr 2008 erhielt: 1,7 Millionen Euro. Im Schnitt wären dies 425 000 Euro pro Vorstandsmitglied.

Mit dem Transparenzgesetz will NRW bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen. Die strengen Veröffentlichungspflichten sollen gelten, da sich öffentliche Unternehmen wie Stadtwerke, Universitätskliniken, Sparkassen und Landesbanken entweder aus Steuergeldern finanzieren oder der Staat letztlich das unternehmerische Risiko trägt.

Gewissheit erst im Sommer 2011

Doch es regt sich Widerstand gegen die neuen gesetzlichen Vorschriften. Friedrich-Wilhelm Häfemeier, der Chef der Verbands-Sparkasse Wesel, spricht von einer „Neiddebatte” und erwartet, dass einzelne Vorstände juristisch gegen die Offenlegungspflichten vorgehen werden. „Ich rechne damit, dass dieses Gesetz nochmal kippt”, sagt Häfemeier. Er sieht eine „unangemessene Benachteiligung” der Sparkassen. „Die Sparkasse Wesel existiert seit 190 Jahren, aber hat noch nie einen Cent Steuergeld erhalten”, argumentiert er.

Doch derzeit scheint es, als gehe es nicht mehr darum, ob, sondern wann alle Sparkassen-Chefs in NRW ihre Gehälter veröffentlichen müssen. „Wir werden den Buchstaben des Gesetzes folgend im Geschäftsbericht für das Jahr 2010 die Vergütungen individuell aufgeschlüsselt veröffentlichen”, kündigt Volker Schleede, der Sprecher der Sparkasse Essen, an. Das bedeutet: Erst im Sommer 2011 gibt es Gewissheit, was genau der Sparkassen-Chef in Essen pro Jahr erhält.